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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Opferstock von unsere Mathäuskirch.«
    Einen Augenblick herrscht verblüffte Stille.
    »Ich bin kein Jurist«, räuspert sich Derendorf. »Ich kann nicht entscheiden, ob es trotzdem eine Erpressung bleibt oder nicht. Aber – können Sie das beweisen?«
    »Dat wäre zuviel verlangt, Herr Wachtmeister. Wat so ein Opferstock ist, der nimmt und schweigt. Der gibt auch keine Quittung.«
    »Und wer waren die Personen, denen Sie das Geld abgenommen haben?«
    Herr Seifert zuckt mit höflichem Bedauern die Achseln: »Da darf ich Ihnen leider keine Auskunft darüber geben, Herr Wachtmeister, dat würde gegen meine Schweigepflicht verstoßen. Denn dafür haben die Leut ja ehrlich ihr Geld gezahlt. – Aber Sie können ja einmal rundfragen oder annoncieren, vielleicht, dat sich dann einer meldet.«
    »Ich glaube kaum, Herr Seifert!«
    »Na, sehen Sie. Die Leut sind zufrieden. Und wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter.«
    »Der Kläger bin ich!« erklärt Derendorf trocken.
    Herr Seifert lächelt hintergründig: »Aber nit der Richter, Herr Wachtmeister. Und machen Sie sich weiter keine Mühe, mich tut keiner was, auch nit der Richter.«
    ***
    Weil die Arbeit ihm keine Zeit mehr läßt, macht Derendorf die vorgeschriebenen Streifen mit dem Motorrad. Das ist nicht gemäß der Vorschrift, aber selbst bei vierzig Stundenkilometern entgeht nichts seinem Auge.
    Auch nicht der Rucksack, der auf schmalen, wohlgeformten Schultern in einer Scheune flieht. Derendorf stoppt ab, wendet die Maschine und knattert in das dunkle Tor.
    Drinnen ist es leer und still. Derendorf ist abgestiegen und sieht sich um. Von dem Hängeboden quillt das Heu, und der feine Staub glitzert in den Sonnenbalken, die durch die kleinen Dachfenster ragen. Doch keine Spur von Rücken oder Rucksack.
    Von oben schwebt ein Halm. Derendorf wittert die Fährte: »He! Hallo!«
    Keine Antwort.
    Er sieht die Leiter, die nach oben führt. Als er die Sprossen hochsteigt, hört er über sich ein Rascheln, und aus dem Heu erscheint der Lockenkopf der schönen Lilo.
    »Was haben Sie im Rucksack?«
    Lilo lacht klirrend. Reicht von oben den Rucksack und läßt ihn über seinem Kopf baumeln: »Eier, Herr Wachtmeister.«
    »Eier sind wieder bewirtschaftet!«
    »Eben deshalb, Herr Wachtmeister! – Möchten Sie nicht nachsehen?«
    Derendorf blickt böse hinauf zu dem baumelnden Rucksack: »Sie wollen mich wohl wieder mal zum Narren halten?«
    »Ja, Herr Wachtmeister.«
    »Gelingt Ihnen aber nicht!« Und er steigt die Leiter hinab, startet wütend sein Motorrad und verläßt in kühner Kurve den Raum.
    Lilo zieht den Rucksack hoch und hängt ihn vorsichtig über die Schultern. Dabei fällt ein Ei heraus und zerplatzt auf dem gepflasterten Boden.
    ***
    Seit sieben Uhr früh wartet jeden Morgen eine Schlange von Menschen vor dem Notstandsamt. Wer schon kein Geld hat, muß wenigstens Zeit haben. Um neun Uhr kommen über die Straße zwölf Dicke mit dünnen Aktentaschen. Das sind die Beamten. Der Vorderste schließt die Tür auf, die anderen folgen. Die Schlange muß weiter warten, bis drinnen die Herren Platz genommen und sich auf ihren Dienst vorbereitet haben.
    Derendorf hat nichts gegen dicke Leute, sie sind gemütlich, schätzen das Dasein und wissen gute Witze. Aber wenn sie so dick sind und alle von derselben Stelle und für zweihundertzwanzig Mark Gehalt so gut gedeihen, dann kann es keine Drüsenstörung sein und kein Zufall, sondern ist näherer Beachtung wert.
    Sie sitzen hinter ihren Tischen, lassen die Antragsteller in vorsichtigen Portionen durch die Tür, und noch ein wenig weiter warten, bis sie abgefertigt werden mit mechanisierter Höflichkeit. »Bitte schön, der nächste!«
    Eine Frau mit Umschlagtuch und eingefallenem Gesicht reicht dem Beamten schüchtern ein beschriebenes Papier.
    Der Beamte: »Bedauere sehr, Anträge müssen auf Formular NA 183/b eingereicht werden.«
    Die Frau nimmt seufzend ihr Papier wieder an sich: »Und kann ich vielleicht so ein vorgeschriebenes Formular bekommen?«
    »Natürlich, das müssen Sie beantragen.«
    »Auch schriftlich?« wagte sie noch zu fragen.
    »Na, was denn sonst!« Dann wieder mit der ordnungsmäßigen Geduld: »Und zwar auf dem dazu vorgeschriebenen Vordruck NA 2786 k 14, liebe Frau.«
    Die liebe Frau faltet ergeben ihre Hände: »Und wo kann ich, bitte – ach, Sie müssen gütigst entschuldigen – wo kann ich bitte den Vordruck für den Antrag zur Beantragung des Formulares für meinen Antrag bekommen?«
    »Das

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