Heiratsantrag auf Portugiesisch
Hilvares, aber Sie müssen mich Jaime nennen.“ Während er noch sprach, schwang er sich aus dem Sattel. Neben dem Haus erschien eilig ein kleiner, o-beiniger Mann, der ihm die Zügel abnahm und das Pferd davonführte.
Ihr neuer Stiefbruder sagte etwas auf Portugiesisch zu dem Stallburschen. Dabei klang seine Stimme plötzlich viel weicher. Der andere lächelte breit, nickte und erwiderte: „ Sim, Excelentíssimo … sim …. “
Shelley zuckte zusammen. Sie wusste, dass Jaime einen Titel führte. Gleichwohl war sie von der Unterwürfigkeit des Bediensteten überrascht.
Arrogant sieht er aus, dachte sie und betrachtete ihren Stiefbruder verstohlen. Rasch bemühte sie sich, die aufkommende Unsicherheit abzuschütteln, die sie in der ungewohnten Umgebung beschlich. Sie würde sich nicht von ihm beeindrucken lassen. Wenn er versuchen sollte, sie von oben herab zu behandeln, dann würde er schnell merken, dass er damit an die Falsche geraten war.
„Es ist ziemlich heiß hier draußen, Jaime“, sagte sie, „und ich habe eine lange Fahrt hinter mir …“ „Richtig … allerdings sehen Sie dafür erstaunlich frisch aus.“ Abschätzend ließ er den Blick aus seinen harten grauen
Augen über ihre zierliche Figur in weißem Top und Jeans wandern.
„Wir fühlen uns sehr geehrt, dass Sie nun doch bereit sind, uns hier aufzusuchen. Und natürlich ist es sehr unhöflich von mir, Sie in der Hitze stehen zu lassen. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“
Wieder klang seine Stimme kalt, und sein Mund war zusammengepresst, als er sich ihr näherte. Anscheinend gelang es ihm nur mit Mühe, seine Abneigung ihr gegenüber zu zügeln.
Was hat er nur gegen mich?
Die Sonne schien ihm nun direkt ins Gesicht, und sie nahm seine hohen Wangenknochen und die markanten Züge wahr. Zweifellos ein Erbe seiner maurischen Vorfahren. Seine Haut war leicht gebräunt. Mit ihrer hellen Haut kam Shelley sich sehr blass und farblos vor. Auch fühlte sie sich erschreckend klein neben ihm. Seinem muskulösen Körper sah man an, dass er ein geübter Reiter war, und ihr fiel auf, dass er sich mit einer erstaunlichen Geschmeidigkeit bewegte.
„Ich dachte, Sie wollten endlich der Hitze entkommen?“ Sie wandte den Blick von seinen breiten Schultern und sah zu ihm auf. Seine Miene war distanziert, aber höflich. Doch sein verächtlich verzogener Mund verriet ihn. Der Schock darüber war so groß, dass es ihr plötzlich nicht mehr peinlich war, ihn so offen gemustert zu haben.
Hochmut hätte sie akzeptieren, ja sogar verstehen können. Auch sie begegnete Fremden mit Zurückhaltung. Aber Verachtung hatte sie nie erfahren. Die meisten Menschen, die sie kannten, brachten ihr Anerkennung und Respekt entgegen.
Langsam folgte sie ihm in die kühle, geflieste Eingangshalle. Die Fensterläden waren gegen die Hitze geschlossen, und bevor ihre Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, stolperte sie und griff instinktiv nach Jaime.
Durch den Ärmel seines Hemds spürte sie seinen warmen und sehnigen Arm. Sie bemerkte, dass er unter ihrer Berührung leicht zusammenzuckte, ihr aber höflich half, das Gleichgewicht wiederzufinden.
Vielleicht gefällt ihm mein Aussehen nicht, ging es ihr durch den Kopf, während ihre Augen sich langsam an die Dämmerung gewöhnten. Abrupt rief sie sich zur Ordnung. Es spielt keine Rolle, warum er mich nicht mag. Ich bin nur hier, um Näheres über meinen Vater zu erfahren.
Das Erbe – sofern es sich um Geld handelte – war ihr nicht wichtig. Schon seit Beginn ihres Studiums in Oxford stand sie auf eigenen Füßen. Sie war stolz auf ihre finanzielle Unabhängigkeit. Wenn ihr Vater ihr etwas hinterlassen hatte, dann würde sie es wertschätzen, weil es von ihm stammte und zeigte, dass er an sie gedacht hatte.
Mehrere Türen führten von der Halle weg. Jaime schritt auf eine davon zu und erklärte ihr, dass der Hauptteil des Hauses um einen Innenhof gebaut war und die meisten Räume auf diese kühle Oase hinausgingen.
„Über die Jahre wurde immer wieder angebaut, und es entstanden noch weitere kleine Innenhöfe. In Portugal ist es üblich, dass die verschiedenen Generationen unter einem Dach zusammenleben. Dieses Haus wurde mir von meinem Vater überschrieben, als ich volljährig wurde. Natürlich wohnen meine Mutter und meine Schwester ebenfalls hier.“
„Und mein Vater …“ Nach einem kurzen Zögern antwortete er scharf: „Er wohnte auch manchmal hier, aber die meiste Zeit verbrachte er in seinem eigenen
Weitere Kostenlose Bücher