Heiratsmarkt
gern von ihm vorlesen ließe. „Denn das ist etwas, das ich wirklich tun kann", erklärte er. „Wissen Sie, er hat es gern, dass man ihm vorliest, wenn er krank ist. Also habe ich alle seine alten Lieblingsbücher mitgebracht, und auch Waverley. Harry hat mich daran erinnert - ich hatte vergessen, dass Felix, wenn Frederica es uns abends vorlas, immer schon schlief, weil er viel zu jung war, um es zu genießen. Aber jetzt wird er das schon tun, meinen Sie nicht auch?"
„Zweifellos; nur nicht gleich, fürchte ich."
Jessamys Gesicht umwölkte sich. „Nein. Curry hat mir alles erzählt. Oh, danke, dass Sie ihn mir entgegengeschickt haben, Vetter! Curry sagte, es sei rheumatisches Fieber, und Felix sei sehr krank und habe große Schmerzen. Sir - er ... er wird doch nicht sterben ... nein?!"
„Nein, bestimmt nicht, doch es geht ihm schlecht, und es kann noch schlechter werden, bevor er anfängt, sich zu erholen. Im Augenblick schläft er, aber er schläft selten lange, also muss ich in sein Zimmer zurück. Du darfst mitkommen, wenn du willst - du wirst ihn nicht stören, wenn du leise sprichst."
„Ja, bitte", sagte Jessamy. „Ich ... möchte ihn gern sehen."
„Das ist ganz natürlich. Aber du darfst nicht überrascht sein, wenn er dich beim Aufwachen nicht erkennt. Er ist nicht immer bei Bewusstsein, weißt du."
Jessamy war so entsetzt über Felix' Aussehen, dass er seine Stimme nicht beherrschen konnte und sich auf einen Stuhl beim Fenster zurückzog, um seiner Gefühle Herr zu werden. Aber zum Glück erkannte ihn Felix doch, als er aufwachte.
Er klagte verdrossen: „Mir ist so heiß! Ich bin so durstig! Frederica!"
„Na, das werden wir bald haben", meinte Alverstoke, ließ seinen Arm unter Felix'
Schulter gleiten und hob ihn hoch. „Da ist Limonade, und während du trinkst, wird Jessamy deine Kissen aufschütteln, damit du es wieder bequem hast. Du hast nicht gewusst, dass Jessamy dich besuchen gekommen ist, nicht wahr?"
„Jessamy", sagte Felix vage.
Aber als er wieder niedergelegt wurde, schaute er umher, und als er seinen Bruder erblickte, gelang es ihm zu lächeln und entschieden erfreut zu wiederholen:
„Jessamy!"
Jessamy nahm seine Hand und sagte schüchtern: „Das ist doch die Höhe, alter Junge!"
„Ich wollte, ich hätte es nicht getan", bekannte Felix unglücklich. „Ich wusste nicht, dass es so wehtun wird. Bist du sehr böse?"
„Nein, nein, bestimmt nicht!"
Felix seufzte, und als Alverstoke sein Gesicht zu kühlen begann, schloss er wieder die Augen.
Jessamy war so erleichtert, dass Felix im Vollbesitz seiner Sinne aufgewacht war, dass er zuversichtlicher wurde. Als Felix wieder einnickte, war er imstande, Alverstoke einen Bericht darüber zu geben, was sich in der Upper Wimpole Street zugetragen hatte.
Insgesamt waren die Nachrichten anscheinend gut. Charis weinte zwar, wann immer sie an den armen Felix dachte. Miss Winsham, die Pech stets wütend machte und die den Unfall als einen boshaften Streich betrachtete, den sich Felix absichtlich ausgedacht hatte, um die Sorgen zu vergrößern, die ohnehin schon auf ihr lasteten, sagte neben sehr vielen anderen Dingen, sie habe kein Mitleid mit ihm oder mit Frederica, denn es sei deren Schuld, weil sie Felix so sehr verwöhnt hatte. Harry war am Vormittag aus Wells zurückgekehrt und hatte sofort die Zügel des Haushalts in die Hand genommen. Jessamy hielt seine Ankunft für den reinsten Segen, da aber seine erste Handlung anscheinend ein Streit mit seiner Tante gewesen war, mit dem Ergebnis, dass sie auf der Stelle ihren Koffer gepackt und in die Harley Street gezogen war, zweifelte Alverstoke, ob Frederica dies ebenfalls für einen Segen halten würde. Doch Jessamy sagte vertrauensvoll: „O doch, Sir, denn sie weiß, dass es zwischen der Tante und Harry immer Reibereien gibt. Ich habe keine Bedenken, ihr zu sagen, dass es ohne die Tante besser gehen wird. Sie ... Sie sagte so ... so hartherzige Dinge, die Charis völlig aus der Fassung brachten! Wissen Sie, Sir, Charis'
Gemütsverfassung braucht einen Beistand, und Harry hilft ihr wirklich! Sie fasste in dem Augenblick Mut, als er zur Tür hereinkam. Und wenn er bei ihr bleiben sollte, was er, versichere ich Ihnen, wirklich vorhat -dann braucht meine Tante nicht dort zu sein."
Als Antwort auf seine trockene Frage sagte Jessamy: Wie oft er auch mit seinem älteren Bruder über Kreuz sein mochte, an Harrys Liebe zu seiner Familie habe er nie gezweifelt. Zum Beweis führte er
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