Heiße Beute
begleitete uns in sein Arbeitszimmer. »Sie sind also Stephanie Plum. Von Ihnen habe ich schon gehört«, sagte er.
»Es war nicht meine Schuld, dass das Beerdigungsinstitut abgebrannt ist«, sagte ich zu ihm. »Und auf Menschen schieße ich auch so gut wie nie.«
»Von Ihnen haben wir auch schon gehört«, sagte Lula zu Sebring. »Sie sollen so tolle Beine haben.«
Sebring trug einen anthrazitfarbenen Anzug, ein weißes Hemd und eine rot, weiß, blau gestreifte Krawatte. Er war ein Muster an Respektabilität, vom Scheitel bis zur Sohle, von den Spitzen seiner gewichsten schwarzen Schuhe bis zum perfekt frisierten weißen Haar. Und trotz seines Politikerlächelns sah er aus, als würde er sich nichts bieten lassen. Für einen Moment herrschte Schweigen, während er Lulas Ansinnen überdachte. Dann krempelte er die Hosenbeine hoch. »Nun sehen Sie sich dieses Fahrgestell an, meine Damen«, sagte er.
»Bestimmt trainieren sie täglich«, sagte Lula. »Sie haben ausgezeichnete Beine.«
»Ich würde mich mit Ihnen gerne mal über Mabel Markovitz unterhalten«, sagte ich zu Sebring. »Sie wollen ihre Vormundschaftskaution auf die Enkelin wirksam werden lassen.«
Er nickte. »Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Gerade heute habe ich jemanden damit beauftragt, bei ihr vorbeizuschauen. Bis jetzt hat sie sich wenig kooperativ gezeigt.«
»Sie wohnt Tür an Tür mit meinen Eltern, und ich glaube, sie weiß gar nicht, wo ihre Tochter und ihre Enkelin sich aufhalten.«
»Das ist bedauerlich«, sagte Sebring. »Kennen Sie sich mit Vormundschaftskautionen für Kinder aus?«
»Kann ich nicht behaupten.«
»Der Verband der Kautionsmakler hat sich mit dem Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder zusammengetan und den Gesetzgeber aufgefordert, etwas zu unternehmen, das Eltern davon abhält, ihre eigenen Kinder zu entführen.
Die Idee ist einfach. Wenn sich der Eindruck aufdrängt, dass ein Elternteil oder beide Eltern mit dem Kind untertauchen wollen, kann das Gericht eine Barkaution verfügen.«
»Es ist also so ähnlich wie die Haftkaution für einen Kriminellen, nur dass in diesem Fall das Kind verpfändet wird, wenn man so will«, sagte ich.
»Mit einem entscheidenden Unterschied«, sagte Sebring.
»Wenn der Kautionsmakler eine Kaution für einen Kriminellen stellt und der Angeklagte nicht vor Gericht erscheint, überweist der Makler die Kautionssumme ans Gericht. Dann kann der Kautionsdetektiv tätig werden und den Angeklagten suchen, ihn der Justiz übergeben und vom Gericht die Summe wiederbekommen. Bei einer Vormundschaftskaution wird die Kaution an den geschädigten Elternteil überwiesen. Das Geld soll dann für die Suche nach dem vermissten Kind verwendet werden.«
»Wenn die Summe als Abschreckung nicht ausreicht und das Kind entführt wird, ist wenigstens genug Geld da, um einen Profi mit der Suche zu beauftragen«, sagte ich.
»Genau. Das Problem besteht darin, dass bei Vormundschaftskautionen, anders als bei Haftkautionen, der Kautionsmakler nicht berechtigt ist, nach dem Kind zu suchen. Das Einzige, auf das der Makler zurückgreifen kann, um seinen Verlust aufzufangen, sind Hypotheken auf Grundbesitz, die zum Zeitpunkt der Kautionsvereinbarung eingetragen wurden.
In unserem Fall verfügte Evelyn Soder nicht über die Finanzmittel, um die Kaution zu bezahlen. Deswegen hat sie sich an uns gewandt und das Haus ihrer Großmutter als Sicherheit angeboten. In solchen Fällen hat man natürlich die begründete Hoffnung, dass die Großmutter das Versteck des vermissten Kindes verrät, wenn man sie zur Verantwortung zieht.«
»Haben Sie das Geld schon an Steven Soder ausgezahlt?«
»Das soll in drei Wochen geschehen.«
Drei Wochen blieben mir also, um Annie zu suchen.
2
»Dieser Les Sebring war doch eigentlich ganz nett«, sagte Lula, als wir wieder in meinem Honda saßen. »Der treibt es auch bestimmt nicht mit Haustieren, wetten?«
Lula bezog sich auf ein Gerücht, mein Vetter Vinnie sei früher mal eine libidinöse Bindung mit einer Ente eingegangen. Es muss allerdings hinzugefügt werden, dass es nie einen richtigen Beweis für dieses Gerücht gegeben hatte.
»Was jetzt?«, fragte Lula. »Was liegt als Nächstes an?«
Es war kurz nach zehn Uhr. Soders Bar und Grillrestaurant,
The Foxhole,
würde bald für die Mittagsgäste öffnen.
»Als Nächstes statten wir Soder einen Besuch ab«, sagte ich.
»Wahrscheinlich reine Zeitverschwendung, aber es steht sowieso irgendwann an.«
»Nichts
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