Heiße Sonne der Verführung
zwang sie sich jedoch, sich zu entspannen. Es war Ransoms Zuhause, und er würde am besten wissen, was mit seinem Schiff möglich war.
Die Red Lion glitt wie ein dicker Faden durch ein Nadelöhr zwischen dem flachen Berg, der zur Linken aus dem Meer herausragte, und der gerundeten, felsigen Küste hindurch. Es war ein schmaler Durchgang für ein so großes Schiff, aber die Lion passierte den Kanal und glitt mühelos in das Hafenbecken. Das sie umgebende Wasser war nachtschwarz durch seine Tiefe, und sie verstand nun, warum Ransom diesen Ort ausgewählt hatte, um dort sein Zuhause zu errichten. Vom Meer aus war die kleine Bucht so gut wie gar nicht zu sehen, verdeckt durch die Überlappung von Mole und Klippe.
Und dann erblickte sie das Piratenlager – Sanctuary.
Üppige Vegetation, wohin man auch blickte, saftig-grüne, wolkenverhangene Berge ragten in den blauen Himmel. Wasser schäumte auf, als es auf die Mole traf. Sie hätte schwören können, dass der Sand rosafarben war. Der Strand stieg vom Meer an, um dann in ein Gebiet mit einer verschwenderischen Fülle an Pflanzen und leuchtenden Blumen überzugehen. Es war jedoch das Haus, das Auroras Aufmerksamkeit erregte. Mitten am Berghang thronend, hoch über einer Stadt, die es wie ein Schutzwall umgab, stand das zweistöckige Haus, prachtvoll und makellos weiß. Es schien wie aus der Erde gehauen, mit holzbraunen Torbögen, mit von Geländern umgebenen Veranden und Balkonen, die auf Pfähle gesetzt worden waren, um das unebene Gelände darunter auszugleichen. Ein Weg aus Holzbohlen führte von der sandigen Küste zu einem breiten Pfad hin, der in den Dschungel hineingeschlagen war und sich unter dem grünen Laub verlor. Er tauchte darin vor den Stufen des Hauptportals wieder auf. Der schwere Duft wilder Blumen erfüllte die warme, feuchte Luft, und Aurora fühlte sich hineingezogen in die Geschäftigkeit und die Aufregung, die von der kleinen Stadt ausgingen.
Hunderte von kleinen Häusern mit Gärten, liebevoll gepflegt, gut erhalten und geschützt, sah Aurora. Sogar eine Kaserne gab es. Und die Menschen riefen und winkten mit Tüchern, während Kinder – hübsche, sonnengebräunte Kinder – die ganze Küste entlang auf und ab liefen, hüpfend und tanzend und »Papa« schreiend. Der Lärm auf dem Schiff war nicht weniger ohrenbetäubend. Aurora schaute über ihre Schulter zurück, um erwachsene Männer zu sehen, die winkend von der Takelage ihrer Freude Ausdruck gaben. Der eine oder andere von ihnen weinte sogar. Sie verspürte einen Stich in der Brust und nahm die Liebe in sich auf, die sie bei diesen Menschen spürte.
Aurora wendete ihren Blick wieder Sanctuary zu, als kleine Boote die Küste verließen, sie hörte das Poltern auf Deck, als der Anker fallen gelassen wurde, das Aufplatschen, das wie ein Seufzer der Erleichterung erschien.
Sie spürte, dass Ran neben ihr stand, sie beschützte und nicht von ihrer Seite wich, als die Männer herumkletterten, um Strickleitern und Boote herabzulassen und ihre Familien zu begrüßen. An die zwanzig Schiffe unterschiedlichster Größen und Formen trieben auf dem dunklen Wasser der Lagune.
»Gehört das alles dir?« Ihre weit aufgerissenen Augen nahmen das glückliche Durcheinander auf. Niemals hätte sie sich vorstellen können, dass Ran an einem so lieblichen Ort lebte.
»Nur das Haus, kleine Lady.« Schau mich an, bat er sie wortlos, und ein freudiger Schauer durchlief ihn angesichts der Freude, die ihr Gesicht erhellte.
»Ach, Ransom.« Sie stieß ihn mit dem Ellbogen. »Du hast mir ja gar nicht erzählt, dass du ein Piratenkönig bist.« Sein sarkastischer Gesichtsausdruck ließ sie wissen, was er von ihren royalistischen Gedanken hielt.
»Ich habe Gerüchte über diese Welt hier gehört.« Mit ihrer Hand wies sie auf die kleine Stadt. »Ahmar Asad« ,stellte sie ihn mit einem neckenden Lachen vor. »Der rote Löwe und sein Königreich.«
»Ich befehlige Schiffe, keine Menschen.«
Sie warf ihm einen Seitenblick zu. »Oft kann man sich der Verantwortung nicht entziehen, die andere einem auferlegen, Ransom. Für diese Männer bedeutest du Autorität und Schutz, ob es dir gefällt oder nicht.«
Dazu äußerte er sich nicht, er schaute sie einen Moment an und erkannte ihre Neugierde. Seine Unterarme auf die Reling gestützt beobachtete er, wie die Männer ihre Frauen und Kinder begrüßten, und er musste an die Familien denken, die durch den Verlust der Morgan niemanden mehr hatten, der zu ihnen
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