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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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an sich. Mit dem Mund an ihrem Ohr sprach er so leise, daß er seine eigene Stimme kaum hören konnte, und sagte: »Es stimmt.«
    Sie versuchte, sich ihm zu entziehen, und schüttelte den Kopf. »Mutter«, beharrte Jas und zog sie noch näher an sich. »Ich bin Telepath. Ich habe die Lösungen aus dem Kopf des Lehrers geholt.«
    Ein Schauer überlief sie. »Unmöglich«, sagte sie leise.
    »Ich weiß es aber.«
    Sie stand vom Tisch auf und nahm ihn an die Hand. Sie verließen zusammen die Wohnung und gingen durch die Korridore und über die Rampen zur Untergrundbahn. Um diese Zeit herrschte wenig Verkehr. Sie zog ihn mit sich, bis sie eine Damentoilette erreichten. Sie machte Anstalten, ihn hineinzudrängen.
    »Ich kann dort nicht hineingehen«, flüsterte Jas.
    »Und ob du das kannst«, zischte sie ihn an, und ihr Gesicht war vor Angst entstellt.
    Er ging hinein. Der Raum war leer. Seine Mutter lehnte sich gegen die Tür und sah ihn an.
    »Vielleicht«, sagte sie, »sind hier keine Wanzen. Aber selbst wenn, man weiß nicht, wer wir sind.«
    »Sie zeichnen die Stimmen auf.«
    »Dann flüstere doch«, hauchte sie. »Ich sage dir, es ist unmöglich. Mein Blut wurde zweimal getestet. Einmal vor dem Prozeß gegen deinen Vater und diesmal deinetwegen. In meiner verdammten DNS gibt es kein Molekül für Telepathie. Meine X-Chromosomen sind sauber. Begreifst du das denn nicht?«
    »Ich weiß aber, was ich getan habe.«
    »Von deinem Vater kannst du diese Veranlagung nicht haben«, sagte sie und packte den Jungen fest am Arm, »denn sie wird durch das X vererbt, und er gab dir nur ein Y.«
    »Ich habe Genetik gelernt.«
    »Warum redest du dann so?«
    »Gesonderte Mutation«, sagte Jas, und ihr Griff an seinem Arm verstärkte sich. Es tat weh, aber er wagte nicht, seinen Arm wegzuziehen. Er hatte sie noch nie zur selben Zeit wütend und ängstlich gesehen.
    »Glaubst du, das hätten sie nicht geprüft? Das ist das erste, was sie prüfen. Deine Zellen weisen keine Mutation auf.«
    »Dann ist es Hexerei«, sagte Jas, und sie lockerte ihren Griff ein wenig, so daß er ihr seinen Arm entziehen konnte. Sie gestattete es ihm.
    »Hexerei«, sagte sie und schlug die Hände vors Gesicht. Dabei stieß sie sich die Finger so heftig in die Augenhöhlen, daß Jas schon fürchtete, sie versuche sich zu blenden, obwohl die Kosten für eine Transplantation ihr Einkommen und ihre Pension von Jahren aufzehren würde. Vorsichtig faßte er ihre Arme, um ihr die Hände vom Gesicht zu ziehen, aber als er sie berührte, brach es aus ihr heraus, und sie schrie ihn an, wobei sie ganz vergaß, daß Mamis Kleine Jungs sie belauschen könnten. »Hör zu! Es ist unmöglich! Du hast nur Halluzinationen wegen deines Vaters. Man hat mich gewarnt, daß so etwas passieren könnte, daß die Kinder von Telepathen manchmal auf diese Weise reagieren, daß sie vorgeben, Telepathen zu sein, weil sie im Zusammenhang mit dem Tod ihrer Eltern Schuldgefühle entwickelt haben. Ob das bei dir nun zutrifft oder nicht, es kann deinen Tod bedeuten, wenn du herumläufst und behauptest, du seist ein …«
    »Ich habe keine Schuldgefühle im Zusammenhang mit Vaters Tod«, sagte Jas wütend. »Ich war noch nicht einmal geboren, als er starb. Ich war noch nicht einmal empfangen. Wenn du kein verrücktes Kind haben wolltest, warum bist du dann zur Samenbank gegangen?«
    »Er sollte einen Sohn haben …«
    »Nun, er hat einen. Versuch bitte nicht, deine Psychosen auf mich zu übertragen.«
    Sie schwieg und ließ den Unterkiefer hängen. Und als Jas sich gegen das Waschbecken lehnte, blitzte plötzlich etwas in ihm auf; aber diesmal war es kein Gedanke, sondern ein Bild:
    Ein lächelnder Mann – kein schöner Mann, aber ein machtgewohnter, selbstsicherer Mann streckte seine großen, kräftigen aber sanften Hände aus und berührte –
    »Nein!« schrie seine Mutter ihn an und stieß seine Hand fort, und er wußte, daß er sie so berührt hatte, wie sie die Berührungen seines Vaters kannte, daß er aus ihrem Gedächtnis heraus gehandelt hatte.
    »Faß mich nicht an!« sagte sie. »Nicht so.«
    »Es tut mir leid. Ich – ich konnte nichts dafür – Mutter, warum erinnerst du dich an sein Lachen, wenn er …«
    Seine Mutter schüttelte wild den Kopf. »Du hast es nicht gesehen«, zischte sie, wobei sie sich mehr an sich selbst als an ihn wandte. »Du hast es nicht gewußt, du hast es nicht gesehen.« Sie sah ihn nicht an. Ist sie überhaupt noch normal, fragte sich Jas. Und dann

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