Heißer Zauber einer Nacht
schreckliche Lord Danvers, sich kein bisschen um euch undankbare Mädchen gekümmert hat.«
Liebste Verwandte? Das war gewaltig übertrieben.
Onkel Phineas und Tante Verena hatten drei Tage nach der Beerdigung der Eltern die Mädchen in Penzance in Pflege gegeben. Und kein einziges Mal in den folgenden elf Jahren hatten sich ihre einzigen Verwandten bei einem Besuch oder auch nur in einem Brief nach ihrem Wohlergehen erkundigt.
Nein, das Wohlergehen war allein die Sorge von Mrs Taft und ihrem zur See fahrenden Mann, Captain Taft, gewesen. Sie hatte sich um die Mädchen mit all der Besorgnis und, ja, Liebe gekümmert, die ihre Verwandten nie für nötig gehalten hatten.
Georgie blickte von ihrem Onkel zu ihrer Tante und wieder zu ihm zurück. »Ist das wahr?«, fragte sie ihn. »Ist dieser Lord Danvers mein gesetzlicher Vormund?«
Ihr Onkel runzelte die Stirn. »Ja«, gab er schließlich zu. »Dein Vater übergab das vorhandene Geld und die Vormundschaft an Lord Danvers. Aber versteh das nicht falsch, ich habe die Hauptlast der Kosten für dich getragen. Dein Vormund hat nur ein paar dürftige Ausgaben bestritten und mir die Verantwortung überlassen.« Er schnaufte ein paar Mal und warf dann seine Serviette auf den Tisch.
Oh, der Teufel soll sie alle holen, dachte Georgie. »Nicht nur, dass Onkel Phineas über ihr Leben bestimmte, jetzt hatte sie auch noch einen unbekannten und offensichtlich lieblosen Vormund, der ihr Leben miserabel machte.
Hatte denn keiner dieser Männer Besseres zu tun?
»Dann verlange ich ein Gespräch mit Lord Danvers«, sagte sie. »Ich werde ihm das Gleiche sagen wie dir. Ich werde Lord Harris nicht heiraten.«
»Lord Danvers hat keine Zeit, um sich die Klagen eines undankbaren jungen Dings anzuhören. Die Dokumente sind alle unterschrieben, und die Hochzeit wird übermorgen in den Zeitungen angekündigt werden.«
»Gewiss kann dieser Lord Danvers nicht so herzlos ein, mich zu verheiraten, ohne sich mit mir zu beraten.«
»Beraten? Warum sollte er das tun?« Onkel Phineas schüttelte so angewidert den Kopf wie Tante Verena, wenn sie sich beklagte, dass Diener den guten Sherry stahlen oder nicht in der Lage waren, eine Putzmacherin zu finden, die ihre Probleme bei der Suche nach dem perfekten Hut für ihre Kopfform verstand. »Sich mit einer Frau über die Heirat beraten? Welch ein Unsinn!«
Das Silbertablett stahl sich erneut in Georgies Blickfeld, doch sie hielt sich zurück. »Wohl kaum, denn ich muss diese demütigende Untersuchung über mich ergehen lassen, ganz zu schweigen davon, dass ich mit einem Mann schlafen muss, von dem Gerüchte besagen, dass er die Syphilis hat.«
» Die Syphilis !« Lady Brockett schnappte nach Luft, als sei allein die Erwähnung des Wortes ihr Verderben. Sie war einer Ohnmacht nahe, ihr Kopf schwankte haltlos hin und her, und sie holte schnaufend Luft. »Mein Salz! Mein Riechfläschchen!«
Lord Brockett tätschelte seiner Frau die Hand. »Beruhige dich, altes Mädchen.«
»Solch eine vulgäre Unterhaltung«, keuchte Tante Verena. »Und das bei Tisch!«
»Da siehst du, was du angerichtet hast, du schreckliches Kind«, sagte Onkel Phineas. »Das Geld für deine Erziehung war offensichtlich zum Fenster hinausgeworfen. Wenn diese wertlose Mrs Taft nicht tot wäre, würde ich jeden Shilling zurückverlangen. Du klingst wie eine Dirne aus Penzance, nicht wie ein anständiges Mädchen, das bald eine Gräfin werden wird.« Er nahm sein Weinglas, seufzte, als er sah, dass es leer war, und griff nach der Karaffe. »Und jetzt hinfort mit dir! Ich möchte in Frieden zu Ende essen.«
Georgie neigte sich über den Tisch und schob die Karaffe aus seiner Reichweite. Sie hielt seinem ärgerlichen Starren stand. Er konnte über Mrs Taft sagen, was er wollte. Gewiss war sie nicht die beste Wahl gewesen, um die Mädchen zu feinen Damen zu erziehen. Doch jetzt war Georgie dankbar dafür, dass sie von der mit beiden Beinen fest im Leben stehenden Frau andere Lektionen erlernt hatte - zum Beispiel, sich durchzusetzen.
»Onkel, wenn du bei dieser Verheiratung nichts zu sagen hast, dann werde ich darüber mit Lord Danvers diskutieren. Bestelle ihn her, heute Abend, wenn es sein muss.«
Er winkte ab. »Das ist nicht möglich. Der Mann ist mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Und höchstwahrscheinlich ist er inzwischen aus der Stadt geflüchtet. Er wurde heute Morgen als Verräter verurteilt, das schreibt jedenfalls die Times. « Er schob die Zeitung, die neben
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