Heißkalte Sehnsucht
würde, ihr etwas anzutun. Und außerdem haben wir schließlich Besseres zu tun, als uns um verkleidete Autorinnen zu kümmern.“ Verärgert schüttelte Alex den Kopf. Er hatte das Zusammentreffen mit Bess in keiner guten Erinnerung.
„Jedenfalls haben wir einiges aus Rosalie herausholen können“, beharrte sein Partner. „Es war also keine verlorene Zeit.“
„Es gibt überhaupt keine verlorene Zeit, Malloy“, erwiderte Alex grimmig. „Das ist die Stanislaski-Regel Nummer vier.“ Alex hatte sein Ziel erreicht und parkte den Wagen vor einem hohen Gebäude.
„Wir wollen einmal sehen, ob Rosalie versucht hat, uns auf den Arm zu nehmen, oder ob sie es ernst gemeint hat. Jedenfalls bin ich gespannt auf diesen Domingo.“
Für ein Haus in dieser Gegend war es in relativ gutem Zustand. Keine Graffiti, keine zerbrochenen Scheiben. Hier wohnte die untere Mittelklasse. Alex trat durch die Eingangstür und studierte die Reihe der Briefkästen.
„J. Domingo, 212.“ Die beiden Polizisten stiegen in den Fahrstuhl und fuhren in den zweiten Stock. Judd war ein wenig bleich, Alex hingegen sehr gefasst. Er betrat als Erster den Gang und klopfte an die Tür von 212. Ein lauter Fluch war die Antwort.
Nachdem Alex noch ein zweites Mal energisch geklopft hatte, wurde geöffnet.
„Was zum Teufel wollen Sie von mir?“
Er passt recht gut auf Rosalies Beschreibung, dachte Alex. Bis hin zu dem Clark-Gable-Schnurrbart und der dicken Goldkette. „Wir wollen uns mit Ihnen unterhalten, Domingo.“
„Ich unterhalte mich mit niemandem um diese Zeit!“
Als er die Tür zuschlagen wollte, schob Alex schnell den Fuß dazwischen, dann zeigte er ihm seine Polizeimarke. „Aber, aber, wer wird denn so unhöflich sein? Wollen Sie uns nicht hereinbitten?“
Saftige spanische Flüche prasselten auf die beiden herab. „Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?“
„Den kann ich besorgen. Aber vielleicht reden Sie doch lieber erst mit uns beiden, bevor ich Ihnen meine anderen Kollegen auf den Hals hetze.“
Widerstrebend gab Jesus Domingo die Tür frei. Er war ein kleiner untersetzter Mann, der nur zerknitterte Boxershorts trug. „Ich habe nichts verbrochen, das schwöre ich.“
„Hat ja auch keiner behauptet, oder, Judd?“
„Richtig, Alex.“ Als Judd den Raum betrat, machte er große Augen. Im Gegensatz zu dem eher bescheidenen Gebäude war Domingos Apartment ein kleiner Hightech-Palast. Er hatte eine erstklassige Stereoanlage, einen teuren Fernseher und einen Videorekorder von allerbester Qualität im Zimmer stehen.
„Nicht schlecht“, meinte Alex. „Es erstaunt mich immer wieder, wie gut manche Leute von Arbeitslosenunterstützung leben können.“
„Oh, ich konnte schon immer gut sparen.“ Domingogrinste und zündete sich eine Zigarette an. „Und was wollen Sie von mir?“
„Ich will mit Ihnen über Angie Horowitz reden.“
Domingo blies einen Rauchkringel in die Luft. „Nie gehört.“
„Ach, nein? Ich weiß aber zufällig, dass Sie zu ihren regelmäßigen Freiern gehört haben.“
„Da muss Ihnen aber jemand was Falsches erzählt haben.“
„Moment mal, ich habe hier etwas für Sie.“ Aus der Tasche seiner Lederjacke zog Alex einen Umschlag hervor, dem er ein Foto entnahm. „Wollen Sie sich das hier nicht mal ansehen?“
Der Mann verfärbte sich bei dem Anblick der grausam zugerichteten Leiche. Die Hand, mit der er die Zigarette hielt, zitterte. „Oh Mann, das ist ja furchtbar!“
„Ja, das sieht nicht besonders hübsch aus, was?“ entgegnete Alex grimmig. „Aber so ist das nun einmal, wenn jemand vierzigmal auf eine Frau schießt. Die arme Angie hat leider …“
Alex brach mitten im Satz ab. Domingo stürzte ins Badezimmer, die Hand vor dem Mund.
„Sie sind wirklich kaltblütig, Stanislaski“, sagte Judd bewundernd.
„Ja, ich weiß schon, wie man sie kriegt.“ Aus dem Badezimmer waren starke Würge- und Brechgeräusche zu hören. Alex klopfte an die Tür. Ein ersticktes Stöhnen war die Antwort.
„Tut mir wirklich Leid, Domingo. Lassen Sie sich ruhig Zeit, Mann.“
Auf leisen Sohlen ging Alex in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Die zwei Kilo Kokain befanden sich genau an dem Platz, den Rosalie ihnen bezeichnet hatte. Alex nahm eines von den beiden Paketen heraus. Hinter ihm stürzte Domingo ins Zimmer.
„Dazu haben Sie kein Recht! Sie haben nicht einmal einen Durchsuchungsbefehl!“
„Ich wollte Ihnen nur etwas Eis gegen Ihre Kopfschmerzen besorgen“, erwiderte Alex
Weitere Kostenlose Bücher