Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
wagen …«
»Das ist eine gute Idee«, sagte Reyna. »Octavian, geh und sieh dir das Schiff an. Der Senat tritt dann in einer Stunde zusammen.«
»Aber …« Octavian unterbrach sich. Offenbar konnte er Reyna ansehen, dass weiterer Widerspruch nicht gut für seine Gesundheit wäre. »Schön.«
Leo stand auf. Er drehte sich zu Annabeth um und sein Lächeln veränderte sich plötzlich. Es ging so schnell, dass Annabeth glaubte, es sich nur eingebildet zu haben, aber für einen kurzen Moment schien jemand anders an Leos Stelle zu stehen und mit einem grausamen Funkeln in den Augen kalt zu lächeln. Dann blinzelte Annabeth und da stand wieder der gute alte Leo mit seinem üblichen Koboldgrinsen.
»Bin bald wieder da«, versprach er. »Das wird großartig.«
Eine furchtbare Kälte überkam Annabeth. Als Leo und Octavian auf die Strickleiter zuliefen, hätte sie sie fast zurückgerufen – aber wie hätte sie das erklären sollen? Allen sagen, dass sie verrückt wurde, Dinge sah und Kälte spürte?
Die Windgeister fingen an, das Geschirr einzusammeln.
»Äh, Reyna«, sagte Jason. »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich Piper vor der Senatsversammlung gern herumführen. Sie war doch noch nie in Neu-Rom.«
Reynas Ausdruck verhärtete sich.
Annabeth begriff nicht, wie Jason so dumm sein konnte. War ihm denn wirklich nicht klar, wie sehr Reyna ihn mochte? Für Annabeth lag das auf der Hand. Sie zu fragen, ob er seiner neuen Freundin Reynas Stadt zeigen dürfe, bedeutete doch, Salz in die Wunde zu streuen.
»Natürlich«, sagte Reyna mit kalter Stimme.
Percy nahm Annabeths Hand. »Ja, also, ich auch, ich würde Annabeth gern zeigen …«
»Nein«, fauchte Reyna.
Percy runzelte die Stirn. »Bitte?«
»Ich möchte kurz mit Annabeth reden«, sagte Reyna. »Allein. Wenn du nichts dagegen hast, mein Mit-Prätor.«
Ihr Tonfall stellte klar, dass sie nicht um Erlaubnis bat.
Die Kälte wanderte Annabeths Rücken hinunter. Sie hätte gern gewusst, was Reyna vorhatte. Vielleicht passte es der Prätorin nicht, dass gleich zwei Jungen ihre Freundinnen durch die Stadt führen wollten. Oder vielleicht wollte sie ihr wirklich etwas unter vier Augen sagen. Jedenfalls hatte Annabeth keine große Lust, mit der römischen Anführerin unbewaffnet und allein zurückgelassen zu werden.
»Komm, Tochter der Athene«, Reyna erhob sich von ihrem Lager. »Gehen wir.«
IV
Annabeth
Annabeth hätte Neu-Rom gern gehasst. Aber als angehende Architektin musste sie die Terrassengärten, die Springbrunnen und Tempel, die verschlungenen Pflasterstraßen und die leuchtenden weißen Villen einfach bewundern. Nach dem Titanenkrieg des vergangenen Sommers hatte sich ihr Traum erfüllt, Paläste für den Olymp zu entwerfen. Während sie durch diese Miniaturstadt ging, dachte sie immer wieder: Ich hätte so eine Kuppel bauen sollen. Ich finde es wunderschön, wie diese Säulen in den Innenhof führen. Wer immer Neu-Rom entworfen hatte, hatte eine Menge Zeit und Liebe in dieses Projekt investiert.
»Wir haben die besten Architekten und Baumeister auf der ganzen Welt«, sagte Reyna, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Das war in Rom schon immer so. Viele Halbgötter bleiben hier, wenn sie ihre Zeit als Legionäre hinter sich haben. Sie besuchen unsere Universität. Sie gründen Familien. Percy schien das interessant zu finden.«
Annabeth fragte sich, was das wohl bedeuten sollte. Sicher hatte sie wütend die Stirn gerunzelt, denn nun lachte Reyna.
»Du bist wirklich eine Kriegerin«, sagte die Prätorin. »Du hast Feuer in den Augen.«
»Tut mir leid.« Annabeth versuchte, nicht ganz so wütend zu starren.
»Nicht nötig. Ich bin die Tochter der Bellona.«
»Römische Kriegsgöttin?«
Reyna nickte. Sie drehte sich um und pfiff wie nach einem Taxi. Gleich darauf kamen zwei Metallhunde auf sie zugerast – Automaton-Windhunde, einer silbern und der anderen golden. Sie rieben sich an Reynas Beinen und starrten Annabeth aus funkelnden Rubinaugen an.
»Meine Schoßhunde«, erklärte Reyna. »Aurum und Argentum. Du hast doch nichts dagegen, wenn sie uns begleiten?«
Wieder hatte Annabeth den Eindruck, dass das eigentlich keine Frage war. Sie sah, dass die Windhunde Zähne wie stählerne Pfeilspitzen hatten. Okay. Waffen waren in der Stadt nicht gestattet, aber Reynas Schoßhunde könnten sie trotzdem in Fetzen reißen.
Reyna ging mit ihr zu einem Straßencafé, wo der Kellner sie offenbar kannte. Er lächelte und reichte ihr einen
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