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Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)

Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)

Titel: Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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I
    Jason
    Jasons Tag war auch schon vor dem elektrischen Schlag mies gewesen.
    Er erwachte auf dem hintersten Sitz in einem Schulbus, wusste nicht, wo er war, und hielt die Hand eines Mädchens, das er nicht kannte. Das war allerdings noch nicht das Miese an diesem Tag. Das Mädchen sah super aus, aber Jason hatte keine Ahnung, wer sie war oder was er hier eigentlich machte. Er setzte sich auf, rieb sich die Augen und versuchte zu denken.
    Ein paar Dutzend andere Jugendliche fläzten sich auf den Sitzen vor ihm, hörten Musik auf ihren iPods, quatschten oder schliefen. Alle schienen in seinem Alter zu sein … fünfzehn? Sechzehn? Also, das war jetzt wirklich unheimlich. Er wusste nicht, wie alt er war.
    Der Bus rumpelte über eine huckelige Straße. Vor den Fenstern rollte unter einem strahlend blauen Himmel die Wüste vorbei. Jason war ziemlich sicher, dass er nicht in der Wüste wohnte. Er versuchte zurückzudenken … Das Letzte, woran er sich erinnerte …
    Das Mädchen drückte seine Hand. »Jason, alles in Ordnung bei dir?«
    Sie trug verschossene Jeans, Wanderstiefel und eine dicke Fleecejacke. Ihre schokoladenbraunen Haare waren unregelmäßig und fransig geschnitten und an den Seiten hatte sie dünne geflochtene Zöpfe. Sie war ungeschminkt, als ob sie versuchte, nicht aufzufallen, was ihr aber nicht gelang. Sie war ganz einfach hübsch. Ihre Augen schienen ständig ihre Farbe zu wechseln wie ein Kaleidoskop – braun, blau und grün.
    Jason ließ ihre Hand los. »Äh, ich weiß nicht …«
    Vorn im Bus brüllte ein Lehrer: »Alles klar, ihr Zuckerpüppchen, herhören!« Der Typ war offenbar so eine Art Mannschaftstrainer. Seine Baseballmütze hatte er tief in die Stirn gezogen, so dass nur seine stechenden Augen zu sehen waren. Er hatte einen dünnen Kinnbart und ein übellauniges Gesicht, als ob er etwas Verschimmeltes gegessen hätte. Seine kräftigen Arme und seine Brust drohten das hellorange Polohemd zu sprengen. Seine Trainingshose aus Nylon und seine Nikes waren von makellosem Weiß. Um seinen Hals hing eine Trillerpfeife und am Gürtel war ein Megafon befestigt. Er hätte ganz schön beängstigend ausgesehen, wenn er größer als eins fünfzig gewesen wäre. Als er in den Mittelgang trat, rief einer der Jugendlichen: »Aufstehen, Trainer Hedge!«
    »Das habe ich gehört!« Der Trainer suchte den Bus nach dem Übeltäter ab. Aber dann fiel sein Blick auf Jason und er runzelte noch mehr die Stirn.
    Jason lief es kalt den Rücken hinunter. Er war sicher, der Trainer wusste, dass er hier nichts zu suchen hatte. Er würde Jason nach vorn rufen, von ihm eine Erklärung dafür verlangen, was er hier in diesem Bus verloren hatte – und Jason würde keine Ahnung haben, was er sagen sollte.
    Aber Trainer Hedge wandte sich wieder ab und räusperte sich. »Wir sind in fünf Minuten da! Bleibt bei eurem Partner. Verliert eure Aufgabenliste nicht. Und wenn einer von euch süßen kleinen Zuckerpüppchen auf diesem Ausflug irgendwelchen Ärger macht, schicke ich euch persönlich zu Fuß zur Schule zurück.«
    Er hob einen Baseballschläger und machte eine Bewegung, als wolle er einen Home-Run schlagen.
    Jason sah seine Sitznachbarin an. »Darf der so mit uns reden?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Tut er immer. Das hier ist schließlich die Wüstenschule. ›Wo die Kids die Tiere sind.‹«
    Sie sagte das wie einen altbekannten Witz, über den sie schon tausendmal gemeinsam gelacht hatten.
    »Das ist irgendein Missverständnis«, sagte Jason. »Ich gehöre hier gar nicht hin.«
    Der Junge vor ihm drehte sich um und lachte. »Aber klar doch, Jason. Wir sind hier alle Justizirrtümer. Ich bin nicht sechsmal durchgebrannt. Piper hat keinen BMW geklaut.«
    Das Mädchen lief rot an. »Ich habe dieses Auto nicht gestohlen, Leo.«
    »Ach ja, hab ich ganz vergessen, Piper. Wie hast du das noch genannt? Du hast den Autohändler ›überredet‹, es dir zu leihen?« Er hob die Augenbrauen und sah Jason an, als wollte er sagen, kaufst du ihr das etwa ab?
    Leo sah aus wie ein Weihnachtswichtel aus Südamerika, mit schwarzen Locken, spitzen Ohren, einem fröhlichen Babygesicht und einem verschlagenen Lächeln, das sofort verriet, dass man diesem Typen keine Streichhölzer oder scharfe Gegenstände anvertrauen durfte. Seine langen geschickten Finger konnten einfach nicht stillhalten – sie trommelten auf dem Sitz, schoben seine Haare hinter die Ohren oder machten sich an den Knöpfen seiner Militärjacke zu schaffen.

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