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Heldin wider Willen

Heldin wider Willen

Titel: Heldin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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rechtfertigen?« Das wurde mit fast sanfter Stimme vorgetragen, als wäre Esmay noch ein Kind. Sie würde nie wieder ein Kind sein.
    »Ja, Sir«, sagte sie, dankbar für den freundlichen Ton,
    obwohl sie wusste, dass sie davon nichts weiter haben würde.
    »Wir … ich … muss die Verantwortung übernehmen.«
    »Das ist richtig. Und Sie werden als ranghöchster überlebender Offizier, der letztlich auch das Kommando über das Schiff führte, Hauptgegenstand der Ermittlungen und des
    Verfahrens sein.« Der Admiral brach ab und betrachtete Esmay mit diesem ruhigen, ausdruckslosen Gesicht; Esmay war
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    innerlich kalt zumute. Man brauchte einen Sündenbock; war es das, was sie damit sagen wollte? Dass man Esmay an allem die Schuld geben würde, obwohl sie zu Anfang gar nichts gewusst hatte, obwohl die inzwischen toten ranghöheren Offiziere versucht hatten, den Nachwuchs aus der Sache herauszuhalten?
    Die Panik umriss eine kurze Skizze ihrer Zukunft: unehrenhaft entlassen, aus der Flotte hinausgeworfen und gezwungen, nach Hause zurückzukehren. Sie wollte einwenden, dass das nicht fair war, aber sie wusste es besser. Fairness stand hier nicht zur Debatte. Das Überleben von Schiffen, das vom absoluten Gehorsam aller dem Kommandanten gegenüber abhing – das stand hier zur Debatte.
    »Ich verstehe«, sagte sie schließlich. Und beinahe verstand sie auch.
    »Ich werde Ihnen nicht weismachen, dass ein solches
    Verfahren eine bloße Formalität ist, nicht mal in einem Fall wie diesem«, sagte der Admiral. »Ein Gerichtsverfahren ist niemals bloße Formalität. Vor Gericht kommen immer Dinge heraus, die allen Beteiligten zum Nachteil gereichen – Dinge, die
    normalerweise vielleicht nicht bedeutsam wären. In diesem Fall möchte ich jedoch nicht, dass Sie in Panik geraten. Aus Ihrem Bericht und dem anderer …« Womit, wie Esmay hoffte,
    womöglich auch die Nichte des Admirals gemeint war. »… geht klar hervor, dass Sie die Meuterei nicht angestiftet haben und durchaus die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Meuterei als gerechtfertigt betrachtet werden wird.« Der Knoten in Esmays Bauch lockerte sich ein wenig. »Sie werden allerdings einsehen, dass Sie vom Kommando über die Despite entbunden werden müssen.«
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    Esmay spürte, wie ihre Wangen heiß wurden, mehr vor
    Erleichterung als vor Verlegenheit. Sie war es so satt, sich überlegen zu müssen, wie sie die führenden Unteroffiziere fragen konnte, was als Nächstes zu tun war, ohne dabei das Protokoll zu verletzen. »Natürlich, Sir«, sagte sie mit etwas mehr Enthusiasmus, als sie eigentlich hatte zeigen wollen. Der Admiral lächelte jetzt doch tatsächlich.
    »Offen gesagt erstaunt es mich, dass ein Jig die Despite übernehmen und in der Schlacht führen konnte – geschweige denn den entscheidenden Schuss setzen konnte. Das war gute Arbeit, Lieutenant.«
    »Danke, Sir.« Sie spürte, wie sie noch röter anlief, und die Verlegenheit überwand die Zurückhaltung. »Eigentlich war es die Besatzung – besonders Master Chief Vesec; sie wussten, was zu tun war.«
    »Das wissen sie immer«, sagte der Admiral. »Aber Sie hatten genug Verstand, um sie gewähren zu lassen, und den Mumm zur Rückkehr. Sie sind jung; natürlich haben Sie auch Fehler gemacht…« Esmay dachte an den ersten Versuch zurück, sich in die Schlacht einzumischen, und daran, wie sie auf einer zu hohen Einflugsgeschwindigkeit beharrt und damit das Schiff am Kampfschauplatz vorbeigejagt hatte. Zu dem Zeitpunkt hatte sie noch nichts vom Fehler im Navcomputer gewusst, aber das war keine Entschuldigung. Der Admiral fuhr fort und gewann damit wieder Esmays Aufmerksamkeit. »Aber ich denke, im Kern
    haben Sie es begriffen. Stellen Sie sich Ihrem Prozess,
    schlucken Sie Ihre Medizin, wie immer sie aussehen mag,
    und… Viel Glück, Lieutenant Suiza.« Der Admiral erhob sich; Esmay stand ebenfalls hastig auf, um die ihr gereichte Hand zu schütteln. Sie wurde entlassen; sie wusste nicht, wohin sie 10
    kommen würde und was als Nächstes geschehen würde, aber …
    aber sie spürte ein warmes Glühen an der Stelle, wo vorher der kalte Knoten gesessen hatte.
    Wie ihr die draußen bereitstehende Eskorte deutlich machte, war ihr Ziel eine abgeschlossene Sektion der Offiziersunter-künfte an Bord des Flaggschiffs. Peli und die wenigen anderen Subalternoffiziere waren schon dort, verstauten ihre Reisetaschen in den Spinden und machten bedrückte Gesichter.
    »Naja, sie hat dich nicht lebendig gefressen«,

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