Hell's Kitchen
Properties...«
»Die Prescott gehört«, sagte ich.
»Ja, seinem Herrn und Meister. Jedenfalls, er verschafft sich ein absolutes Nichts von einem Job, bei dem er in irgendeinem Slum drüben in Manhattan die Miete eintreiben muß... und außerdem leitet er da drüben auch noch irgend so ein mieses kleines Hotel...«
»Das Flanders«, sagte ich.
»Ja, genau das. Ich hab das Flanders Hotel Dutzende Male in den Fernsehnachrichten gesehen. Gott, was für ein Dreckloch!«
»Und Sie haben Ärger vorausgesehen, früher oder später?« fragte ich.
»Klar hab ich das. Ist Geld nicht eine deutliche Warnung?«
»Doch, ich vermute.«
»Sie vermuten richtig«, sagte sie. »Und außerdem, Howie fängt an, mir zu erzählen, daß er den großen Knaben - das ist dann wohl Prescott selbst - echt auf sich aufmerksam macht, da er persönlich dafür verantwortlich ist, einen ganzen Haufen Leute aus ihren miesen kleinen Wohnungen rauszuekeln, damit die Haus- und Grundbesitzer loslegen können, die richtig dicke Knete durch das einzufahren, was sie Sanierung nennen.
Und Howie, Volltrottel, der er ist, glaubt natürlich, nur weil er dabei ist und die Drecksarbeit macht, würde das schon gleich bedeuten, er würde auch was von dem großen Geld abkriegen. Als ob sich auch nur ein Mensch für Typen wie Howie interessiert, die die Drecksarbeit machen.«
Lynette schüttelte einen Moment lang nur den Kopf.
Ich sagte: »Und dann haben Sie ihn also vor die Tür gesetzt?«
»Tja, so dramatisch war das eigentlich gar nicht. Er war ja die meisten Nächte in der Woche sowieso nicht hier, er ist drüben in New York immer mit Gott weiß wem rumgezogen. Ich hab ihm einfach nur einmal gesagt, er soll sich ein für alle Male zum Teufel scheren, da er ja für mich nicht mehr besonders viel Zeit hatte. Wenn das bedeutet, einen Kerl vor die Tür zu setzen, ja, dann hab ich’s gemacht.
Ich schäme mich nicht dafür, ihn rausgeschmissen zu haben. Aber es tut mir schon leid, daß er ermordet worden ist. Aber wundern tut’s mich auch wieder nicht, wie ich schon sagte. Oh, ich versuche ja, mich zu schämen, aber es geht einfach nicht. Ich glaube, ich kann einfach nicht anders, wissen Sie. Ich bin eben so erzogen worden, wie ich erzogen worden bin, und das bedeutet, ich bin mit der Bibel erzogen worden. Wissen Sie, was man über Männer wie meinen Howie sagt?«
»Nein, Ma’am, ich fürchte, das weiß ich nicht. Wenigstens nicht auf Anhieb.«
»>Wer Geld mehr anbetet als den Herrn, zieht Höllenfeuer und Verdammnis in sein Herz und Heim.< «
Sie drückte ihre zweite Zigarette aus. Dann fügte sie leise hinzu: »Also werden Sie natürlich verstehen, Hock, daß ich es mir, um des Babys willen und meinetwegen, wohl kaum leisten konnte, meinen Howie noch länger zu lieben.«
Und dann fragte ich sie, ohne groß darüber nachzudenken, was sie mir antworten würde: »Mrs. Griffiths, Sie kennen nicht zufälligerweise eine Menge Bibelzitate auswendig, oder?«
»Nun«, sagte sie, wobei ihr das Blut in Hals und Gesicht stieg, »ich darf wohl behaupten, daß ich meine Heilige Schrift kenne!«
Sie fixierte mich mißtrauisch, und das gleiche machte auch ihr Papagei.
Und daher beschloß ich fürs erste nicht zu fragen, ob Lynette Griffiths zufälligerweise auch den Most Reverend Father Love kannte - vielleicht durch seine Visitenkarten. Bei dem Beruf des Polizisten halte ich es manchmal für zweckmäßig, mir Fragen so lange zu verkneifen, bis ich die Antworten kenne.
Und im Augenblick war ich noch ein weites Stück davon entfernt, die Antworten zu kennen, die ich brauchte. So weit, daß ich im Moment noch nicht alle Fragen sehen konnte, die all die schwierigen Antworten brauchen würden, die allesamt auf der anderen Seite des Flusses in Hell’s Kitchen auf mich warteten.
»Sie sind wahrscheinlich Hock, stimmt’s?«
Das sagte einer der Barkeeper des Pigalle. Er schenkte mir einen Johnnie Walker Red ein, und ich saß da und hörte zu, wie Labeija im blauen Scheinwerferlicht oben auf der Bühne sang - ein Lied mit dem Titel »Paradise Café«, das ziemlich gut war. Der Barkeeper war ein etwa fünfzigjähriger Typ mit einem pechschwarzen Toupet, das nicht besonders zu der blassen Haut paßte, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr die Anfangsphase der Dämmerung miterlebt hatte.
Ich bestätigte, daß ich allerdings Hock sei.
Und dann lag von oben bis unten, von links nach rechts ein anzügliches Grinsen auf seinem Mondgesicht.
»Mona Morgan ist heute
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