Hell's Kitchen
starker Betonung auf die Percussion anstimmte... und dann fühlte es sich plötzlich irgendwie an, als wäre mein eigener Kopf die Snaredrum, die ich hörte, und es fühlte sich an, als würde jemand mit den größten und härtesten Trommelstöcken der Welt auf meinen Kopf schlagen, und auf einmal fühlte ich mich wie ein mit Wasser vollgesogenes totes Ding, das auf dem kalten Hudson River trieb, und vor meinen Augen wurde es schwärzer, als lc h es je für möglich gehalten hätte...
19
Ich kam wieder zu mir, allein. Und in meinem eigenen Bett. An dem Chor schriller Pfeiftöne, die der Wind macht, wenn er durch die Ritzen und Spalten im Rahmen des Schlaf-Fensters fegt, und den ratschenden Motoren und hydraulischen Hebearmen der Müllwagen, die bei Tagesanbruch durch die Tenth Avenue fahren, wenn es besonders nett ist, aus dem Schlaf gerissen zu werden, erkannte ich, daß es meine Wohnung war.
Außerdem konnte ich im anderen Zimmer Flaschen und Gläser klirren hören. Jemand stöberte mit seinen diebischen Fingern im Sideboard, wo ich meinen Johnnie-Walker- Vorrat aufbewahre. Und der Eindringling stellte sich ziemlich ungeschickt dabei an.
Ich versuchte mich aufzusetzen, machte es aber ein bißchen zu schnell. Mein Kopf fühlte sich an, als hätten erst kürzlich eine Menge Fettsäcke darauf gesessen. Daher schaffte mein Rücken gerade mal vier, fünf Zentimeter vom Bett hoch. Außerdem drückte mich Mona mit einer Hand auf dem Bauch sanft zurück und sagte leise: »Ganz langsam jetzt, mein Lieber, bleib einfach liegen und laß es langsam angehen.«
Und als er sie sprechen hörte, kam Monas Begleiter aus dem anderen Zimmer herein. Er hielt ein Glas von meinem Scotch in der Hand und fragte: »Wie geht’s dem Patienten?«
Ich konnte ihm nicht direkt antworten. Denn erstens wußte ich nicht ganz sicher, wie’s mir ging, und zweitens saß Mona Morgan auf einem Stuhl neben meinem Bett, und diese verwirrende Gegenwart überraschte und beruhigte mich gleichzeitig. Ihr dunkles Haar war wieder so voll wie immer, und sie hatte sich auch das Gesicht geschminkt und trug ein nettes Kleid wie eine normale Frau. Seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte, als sie wegen einer Maus in ihrer Garderobe einen hysterischen Anfall bekommen hatte, und jetzt, hier in meiner Wohnung, mußte sie eine Menge Kaffee getrunken haben. Sie hatte auch gebadet und roch wieder so, wie ich sie gern roch.
Zu dem Burschen, der da mit dem Scotch in der Hand stand und von dem ich annahm, daß er so was wie ein Arzt war, da ein Stethoskop um seinen Hals hing, sagte ich: »Mein Kopf fühlt sich beschissen an.«
Aber ich sah Mona an und erinnerte mich, daß ich vor ihrer Garderobe im Pigalle von irgendwem niedergeschlagen worden war.
Mona sagte nur: »Das war ein Irrtum.«
»Ach, ja?« sagte ich. »Das haben sie auch zu Marie Antoinette gesagt, und im nächsten Augenblick lag ihr Kopf schon zwölf Meter unter dem Richtblock.«
Und dann kam der versoffene Arzt zum Bett und fühlte meinen Puls am Hals und rückte einen Verband zurecht, den er um meinen Hinterkopf geklatscht hatte. Er sagte: »Soweit ich das sagen kann, mein Sohn, haben Sie keine Gehirnerschütterung.« Soweit ich mich erinnern konnte, war es das erste Mal, daß ich einen Arzt bei der Erstellung seiner Diagnose kein sagen hörte.
»Ist ja toll«, meinte ich zu dem Doktor. Ich bewegte mich jetzt ganz langsam und schaffte es, mich auf den Ellbogen aufzurichten. »Wollen Sie mir dann vielleicht von den kleineren Schäden berichten?«
»Tja, wir wissen nur, daß Ihnen jemand ordentlich eins übergebraten hat, mein Junge. Sie sind zu Boden gegangen wie ein Baum.« Er leerte das Scotchglas und leckte sich über die Lippen. »Aber, verdammt, wie’s aussieht, werden Sie schon wieder auf die Beine kommen.«
Er bemerkte, daß sein Glas leer war, und sagte: »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich mir noch ein Gläschen nehme.« Und er wartete meine Antwort gar nicht erst ab. Er kehrte zum Sideboard im Wohnzimmer zurück.
Ich sah Mona an. »Wer ist der Kerl?«
»Doc Allingham«, sagte sie. Vorsichtig berührte sie den Verband an meinem Hinterkopf und runzelte die Stirn. »Seinen Vornamen kenne ich nicht. Früher war er mal ein richtiger, normaler Chirurg. Aber du weißt ja, was der Alkohol aus der ruhigsten Hand machen kann. Jedenfalls, heute ist er so was wie ein Arzt, den bestimmte Leute kennen müssen.«
»Was für Leute?«
»Leute ohne Krankenschein oder Papiere von welcher
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