Henns lustige Weinschule - Henn, C: Henns lustige Weinschule
KEINEN GRÖSSEREN WEIN.”
Sie können für Cabernet Sauvignon auch etliche andere Rebsorten eintragen. Merlot zum Beispiel, Riesling, Chardonnay, Shiraz – es steht Ihnen frei. Diesen Ausspruch können Sie natürlich erst tätigen, wenn der beste Wein des Abends feststeht. Verallgemeinern Sie auf Teufel komm raus!
SELBSTDISQUALIFIKATION – DIE FÜNF REITER DER APOKALYPSE
Einige Sätze sollten Sie aus Ihrem Sprachzentrum entfernen, wenn nötig chirurgisch. Diese dürfen Ihnen nie, nie, nie, auf keinen Fall, niemals über die Lippen kommen. Haben wir uns verstanden?
„MEINE LIEBLINGSSORTE? ROTER!”
Gut. Das mag so sein. Rotwein ist ja auch was Tolles. Aber so offensichtlich sollten Sie Ihr Unwissen niemals machen. Lassen Sie die Deckung nicht sinken! Erstens ist Rotwein keine Sorte. Sorte bezeichnet immer eine Rebsorte, zum Beispiel die Königin der Weißweinreben, den Riesling. Sie meinen wahrscheinlich Lieblings wein . Natürlich ist Rotwein ein Lieblingswein. Aber es wäre ungefähr so, als würden Sie sagen „Meine Lieblingstierart! Wirbellose!“Mehr als 90% aller Tiere zählen zu den Wirbellosen. Sie sollten zumindest wissen, ob Sie Quallen, Anemonen oder Polypen bevorzugen. Genauso ist es beim Wein. Sie sollten zumindest ein Land nennen (lesen Sie dazu bitte eingehend das entsprechende Kapitel), zum Beispiel (immer gut) „Frankreich”. Ebenfalls möglich „Italien”. Bei „Spanien” kommt schnell der Eindruck eines Urlaubsweintrinkers auf, wenn Sie „Neue Welt” sagen, müssen Sie sich erklären. Also „Frankreich”. Gut ist das aber immer noch nicht. Sie sind jetzt auf der Ebene von „Quallen”. Schreiten Sie mutig voran zu „Beutelquallen” (Cubomedusae). Nennen Sie also eine Region. Klassisch wählen Sie „Bordeaux” oder, wenn Sie feingeistig erscheinen wollen, „Burgund”. Jetzt stehen Sie halbwegs ordentlich in der Runde da. Aber folgende Frage wird kommen: „Und welche Appellation speziell?”. Bordeaux (wie auch das Burgund) untergliedert sich nämlich noch einmal. Bei anderen Regionen ist das nicht so kompliziert, aber es lohnt sich immer, den geografischen Bereich einzugrenzen. Mit anderen Worten: Gehen Sie den letzten Schritt zu Würfelquallen. Der heißt in diesem Beispiel „Pomerol”, oder „Margaux”, auch gern genommen wird „Pauillac” – macht Eindruck. Aber wenn Sie keine Ahnung haben, ob es sich bei diesen Begriffen um französische Frauennamen oder um Gemüsesorten handelt, werden Sie Probleme bekommen. Es geht nämlich noch weiter! Irgendeiner in der Runde kennt sich bestimmt in dieser Appellation aus und wird nachhaken, welche Weingüter es Ihnen denn genau angetan haben.
Sie haben zwei Möglichkeiten: Entweder Sie büffeln vorher die wichtigsten Weingüter einer bestimmten Region mit ihren geschmacklichen Charakteristika. Das ist viel Arbeit. Und Ihrer unwürdig. Möglichkeit zwei: Sie nennen ein Gebiet, von dem mit großer Wahrscheinlichkeit keiner in der Runde Ahnung hat. Irgendein kleines unwichtiges in Südafrika oder Australien, „Cowra“wäre gut. Aber auch das muss man sich merken und Sie brauchen Ihren Kopf schließlich für Wichtigeres. Wir halten es deshalb wie folgt: Wir haben keine „Lieblingssorte”. Wir sind offen für die göttliche Mannigfaltigkeit der Weinwelt, wir können uns für alles begeistern, was authentisch ist. Mann, sind wir gut!
„ICH NEHME VINO TINTO – ABER EINEN ROTEN!”
Ich kann Ihre Wahl verstehen. Manchmal gelüstet es einen nach einem Glas „Vino Tinto“. Und es gibt Momente im Leben eines Weintrinkers, da ist es tatsächlich egal, was dieser „Vino Tinto” nun genau ist – Hauptsache, er dreht. Aber selbst in diesem Fall könnte einer Ihrer Mittrinker noch genügend Nervenzellen am Laufen haben, um sich am nächsten Morgen an Ihren Ausspruch zu erinnern. Dann wäre dies Ihre letzte Zechernacht gewesen. Dieser Fehler ist ein Paradebeispiel für die fünfte goldene Regel. „Vino Tinto” heißt natürlich „Roter Wein”, Sie haben also gerade einen roten Rotwein bestellt. Andere – fortgeschrittene – Fehlleistungen dieser Art wären „ein weißer Chardonnay” oder „ein süßer Tokajer”. Es gibt nur weiße Chardonnays und nur süße Tokajer. Vermeiden Sie Adjektive! Adjektive sind böse! Nehmen Sie einen Chardonnay oder einen Tokajer und trinken Sie anstandslos, was Sie bestellt haben. Egal, wie widerlich es schmeckt. Einen schlechten Geschmack verzeiht der Weintrinker, Unkenntnis dagegen
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