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Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Morgen, noch ehe ich ihm Mr. Nettles Brief zeigte, sagte er es mir – und es stimmte.“ Sie lächelte. „Dieser überhebliche Besserwisser“, meinte sie liebevoll.
    „Warte, bis ich Evie davon erzähle“, sagte Daisy. „Sie wird genauso enttäuscht sein wie ich.“
    Annabelle sah sie mit gerunzelter Stirn an. „Hat sie deinen Brief schon beantwortet, Daisy?“
    „Nein. Evies Familie hält sie wieder hinter Schloss und Riegel. Sehr wahrscheinlich ist es ihr nicht erlaubt, Briefe zu bekommen oder zu verschicken. Am meisten bekümmert mich, dass ihre Tante Florence, ehe sie von Stony Cross Park abreiste, unmissverständliche Hinweise darauf gab, eine Verlobung mit Cousin Eustace stehe unmittelbar bevor.“
    Die beiden anderen stöhnten auf. „Nur über meine Leiche“, erklärte Lillian finster. „Ihr seht, wir müssen uns etwas einfallen lassen, wenn wir Evie aus den Klauen ihrer Familie befreien und einen geeigneten Gemahl für sie finden wollen.“
    „Das werden wir“, erklärte Daisy mit Überzeugung. „Glaub mir, Liebes, wenn wir für dich einen Gemahl finden konnten, dann können wir alles erreichen.“
    „Das reicht jetzt“, sagte Lillian, sprang auf und stürzte sich, ein Kissen hoch über den Kopf erhoben, auf ihre Schwester.
    Kichernd versteckte Daisy sich hinter dem nächstbesten Möbelstück und rief: „Vergiss nicht, du bist jetzt eine Countess! Wo bleibt deine Würde?“
    „Ich habe sie verlegt“, erklärte Lillian und verfolgte ihre Schwester.
    Unterdessen …
    „Lord St. Vincent, an der Tür wartet ein Gast. Ich habe ihr erklärt, dass Sie nicht zu Hause sind, aber sie legt großen Wert darauf, dass man ihr erlaubt, Sie zu sehen.“
    In der Bibliothek war es kalt und dunkel, nur von einem kleinen Kaminfeuer kam etwas Licht her. Das Feuer würde bald heruntergebrannt sein – doch Sebastian schien sich nicht dazu aufraffen zu können, ein weiteres Stück Holz nachzulegen, obwohl gleich neben ihm ein paar Scheite aufgestapelt lagen. Selbst wenn das ganze Haus in Flammen gestanden hätte, es hätte nicht ausgereicht, ihn zu wärmen. Er fühlte sich leer, wie betäubt, ein seelenloser Leib, und er war beinahe stolz darauf. Nicht jeder Mensch konnte so tief sinken, wie es ihm gelungen war.
    „Um diese Zeit?“, fragte Sebastian gänzlich ohne jedes Interesse. Dabei sah er nicht seinen Butler an, sondern das kristallene Brandyglas in seiner Hand. Müßig drehte er den Stiel zwischen seinen Fingern. Es bestand kein Zweifel daran, was die unbekannte Frau wollte. Doch obwohl er an diesem Abend nichts vorhatte, spürte Sebastian, dass ihm nichts an einem Schäferstündchen lag.
    „Schicken Sie sie fort“, sagte er nur. „Sagen Sie ihr, mein Bett sei bereits besetzt.“
    „Jawohl, Mylord.“ Der Butler ging hinaus, und Sebastian machte es sich wieder in seinem Sessel bequem.
    In einem Zug leerte er das Glas und widmete sich dann wieder seinem nächstliegenden Problem – das Geld, beziehungsweise der Mangel daran. Die Forderungen seiner Gläubiger wurden allmählich drängender, und die Höhe seiner Schulden konnte nicht länger ignoriert werden. Nun, da sein Versuch, das so dringend benötigte Vermögen durch Lillian Bowman zu gewinnen, gescheitert war, musste er das Geld aus einer anderen Quelle beschaffen. Er kannte ein paar sehr reiche Frauen, die er dazu bringen könnte, ihm etwas Geld zu leihen, als Gegenleistung für die persönliche Gunst, die zu gewähren ihm so leichtfiel. Eine andere Möglichkeit wäre …
    „Mylord?“
    Stirnrunzelnd sah Sebastian auf. „Um Himmels willen, was ist?“
    „Die Frau weigert sich zu gehen, Mylord. Sie besteht darauf, Sie zu sehen.“
    Er seufzte tief. „Wenn sie so verzweifelt ist, dann schicken Sie sie herein. Aber man sollte sie darauf vorbereiten, dass ich für heute nicht mehr geben kann als einen schnellen Akt und einen noch schnelleren Abschied.“
    Hinter dem Butler war eine junge, aufgeregte Stimme zu vernehmen, woran zu erkennen war, dass die hartnäckige Besucherin ihm hereingefolgt war. „Dergleichen hatte ich eigentlich nicht im Sinn.“ Sie trat näher. Ein schwerer Umhang verbarg ihre Gestalt.
    Auf einen Blick Sebastians hin ging der Butler hinaus und ließ sie allein.
    Sebastian lehnte den Kopf zurück und betrachtete mit ausdrucksloser Miene die mysteriöse Gestalt. Ihm ging der eigentümliche Gedanke durch den Sinn, dass sie vielleicht unter ihrem Umhang eine Pistole verbarg. Vielleicht war sie eine jener Frauen, die in

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