Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbstfraß

Herbstfraß

Titel: Herbstfraß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch
Vom Netzwerk:
Spurensicherung in ihren typischen Overalls zu den Opfern führen. Weiße Leichensäcke liegen wie übergroße Kleiderhüllen am Eingang. Nun ist der Bunker ein Tatort. Für mich stellt er das Reich des Teufels dar.
    „Daher habe ich Oliver angerufen und der ist gleich vorbeigekommen. Zusammen haben wir herausgefunden, was du zuletzt auf deinem Rechner gesucht hast. So entdeckten wir, dass ihr den Nolte geortet habt.“
    „Sie haben da einen hässlichen Schnitt an Ihren …“
    „Nicht anfassen!“, quieke ich. Zu spät. Meine Hoden schrumpeln unter dem Einsatz des Desinfektionsmittels auf Murmelgröße zusammen. Das tat jetzt doch weh.
    „Verflucht!“ Ich stöhne und Louisa drückt tröstend meine Finger.
    „Wir sind auf dem schnellsten Weg hierher gefahren“, erzählt sie.
    „Was ist mit Ihrem Arm?“, erkundigt sich der Sanitäter und begutachtet skeptisch das Panzertape.
    „Ein Durchschuss“, antworte ich schwach, weil meine Klöten entsetzlich brennen. Wehe, wenn er mir noch mal mit diesem Desinfektionszeug zu nahe kommt.
    „Oh mein Gott, Robin!“ Erschrocken dreht sich Louisa zu mir um. Alles, was ich zustande bringe, ist ein klägliches Lächeln.
    „Dann bleibt das Klebeband zunächst, wo es ist.“ Der polnische Sanitäter beginnt die Schnitte in meinem Gesicht zu versorgen. Das riesige Pflaster, das er mir auf die Wange klebt, erinnert mich unangenehm an das Panzertape. Ich bekomme prompt Schnappatmung.
    „Hey, alles okay?“, fragt er mich und legt mir eine Hand auf die Schulter. Mühsam nicke ich und suche mit den Blicken Bo. Er steht innerhalb der Absperrung und gibt mit Oliver an seiner Seite eine erste Aussage zu Protokoll. Außerdem muss er einem der Polizisten seine P8 aushändigen. Mir fällt auf, dass mich Bo die ganze Zeit über genau im Auge hat. Der Sanitäter klappt seinen Koffer zu.
    „Schaffen Sie es durch den Wald bis zum Rettungswagen? Ansonsten würde ich die Trage holen.“
    „Ohne Bo gehe ich nirgendwo hin.“
    „Ich hole ihn.“ Louisa küsst mich auf die unversehrte Wange, springt auf und läuft zu meinem Mann hinüber. Ich bemerke, dass ihr der Sanitäter hinterher stiert. Und nicht nur der Sanitäter. Die halbe anwesende Polizei starrt Louisa an. Auch Oliver scheint dies mitzubekommen, denn als Louisa bei ihm und Bo anlangt, legt er ihr sofort besitzergreifend den Arm um die Hüfte.
    Recht so. Pass gut auf dieses Schätzchen auf. So etwas findest du in deinem Leben kein zweites Mal.
    „Helfen Sie mir auf?“, frage ich den Sanitäter, als sich Bo auf den Weg zu mir macht. Der Mann ist sehr kräftig und hat mich im Nu auf den Füßen. Dummerweise sacke ich sofort zusammen.
    „Bleiben Sie sitzen, bis ich die Trage geholt habe. Das erscheint mir sicherer. Ihr Freund kann Ihnen solange Gesellschaft leisten.“
    „Natürlich“, sagt Bo. Als der Sanitäter seine zerschnittenen Hände sieht, seufzt er und öffnet erneut seinen Koffer, um Bo ebenfalls Erste Hilfe zu leisten. Anschließend eilt er davon, um die versprochene Trage zu besorgen.
    „Wie geht es dir? Fühlst du dich etwas besser?“, fragt Bo.
    „Ich will nach Hause.“
    „Das wird noch ein bisschen warten müssen, Dot. Zuerst lässt du dich im Krankenhaus behandeln, ja?“ Er küsst mich auf die Stirn. „Ich bin so froh, Dot, so froh …“
    Froh? Ich bin müde.
    Der Sanitäter kehrt mit seinem Kollegen und der Trage zurück. Im Nu haben sie mich in der Waagerechten und schleppen mich durch das raschelnde Laub vom Bunker fort. Einem inneren Zwang folgend drehe ich den Kopf, um mich unbehaglich umzusehen. Irgendwie habe ich nämlich den Eindruck, als würden mir aus dem Bunker tote Augen hinterher schauen.
     
     
    22:21 Uhr
    Zum ersten Mal registriere ich den Luxus einer weichen Matratze und das angenehme Gefühl von flauschiger Bettwäsche auf meiner Haut. Aber ich kann mich nicht entspannen, nicht loslassen … Ich fühle mich seltsam benommen. Sicherlich eine Folge der Schmerzmittel, die man mir über einen Venenzugang gespritzt hat. Der Zugang schränkt die Bewegung meiner linken Hand ein und rechts schmerzt weit entfernt im Drogennebel die frisch operierte Schusswunde an meinem Arm, den ich nicht bewegen soll. Unverschämtes Glück, hatte der Arzt die Schussverletzung kommentiert. Hätte ich unverschämtes Glück gehabt, dann hätte der Nolte im Stau gestanden und nicht wir. In diesem Fall wäre alles ganz anders gekommen. Da sieht man wieder, dass Ärzte auch nicht immer wissen, wovon sie reden.
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher