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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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1.  
Kapitel
     
    Mgbl uluhgl dbualf oder: Wie
alles begann.
     
    »Tschüs, Rosa, bis Sonntagabend!«
Vicki steht mit Rucksack und Umhängetasche bepackt an der Tür und winkt mir zum
Abschied zu.
    Ich umarme
sie und gebe ihr ein Küsschen auf die Wange. »Viel Spaß und grüß Daniel von mir.«
    Das frischgetraute
Ehepaar gönnt sich zwei Tage Auszeit in einem kuschligen Hotel an der Ostsee. Eigentlich
wollten wir zu viert fahren, aber mein Freund Basti hat leider keine Zeit. Ohne
ihn wollte ich die beiden nicht begleiten. Neuvermählte brauchen schließlich Zweisamkeit.
    Ich schließe
die Tür hinter meiner besten Freundin.
    Vor mir
liegt ein Wochenende voll Einsamkeit. Nach dem Trubel der letzten Zeit ist das eigentlich
ganz schön. Ich kann ein wenig Atem holen und nebenbei schon mal ein paar Entwürfe
zeichnen. Bastis Mutter, die Schauspielerin Eva Andrees, will tatsächlich wieder
ein Abendkleid von mir. Die traut sich was. Nachdem ihr mein erstes Werk sozusagen
unter dem Hintern weggeplatzt ist und das auch noch vor einem Millionen-Fernsehpublikum.
Scheinbar hat meine Modenschau vor einigen Tagen sie davon überzeugt, dass ich doch
eine ganz passable Schneiderin bin. An diesem Abend ist nämlich keine einzige Naht
gerissen und Vicki hat in einem meiner Kleider sogar geheiratet !
    Ich kann
selbst kaum glauben, dass nach Monaten voller Pleiten, Pech und Pannen auf einmal
alles so gut gelaufen ist.
    Am nächsten Morgen waren tolle Fotos und Berichte in den
Berliner Zeitungen und im Internet zu sehen. Es gab sogar ein Bild, auf dem ich
mit Basti neben Eva Andrees stehe.
    ›Von dieser aufstrebenden Kleiderkünstlerin werden wir noch
eine Menge hören‹, stand darunter. Nun hatte ich es schwarz auf weiß: Ich war vom
Pechvogel zum Glückskind mutiert. Seitdem halten dicke Mercedes-Limousinen in der
Weddinger Malplaquetstraße. Nach Geld riechende, mit teurem Schmuck behängte Damen
stehen in Margret Sonnemanns schlichter Schneiderwerkstatt und verlangen ein Abendkleid
von mir. Preis? Unwichtig! Hauptsache ein Unikat.
    »Hoffentlich vertreiben die feinen
Ladys nicht unsere Stammkundschaft«, sagt meine Chefin nachdenklich.
    »Glaube
ich nicht. Eine waschechte Weddingerin lässt sich nicht so leicht vergraulen. Und
wenn, dann liegt es an etwas anderem«, antworte ich stirnrunzelnd.
    Margret
weiß sofort, worauf ich anspiele, und fängt schallend an zu lachen.
    Der Grund
für meine Befürchtungen sind nämlich nicht die schnieken Vorstadtladys, sondern
unsere neue Dekoration ›Made in Poland‹. Im Schaufenster, an der Toilettentür, am
Tresen, von der Deckenlampe und über dem großen Spiegel hängen riesige, mit Strohblumen
verzierte Knoblauchzöpfe. Meine Kollegin Jola hat sie von ihrem letzten Besuch bei
ihrer Familie mitgebracht. Allerdings nicht, um sie nach und nach aufzuessen. Ihrer
Meinung nach ist dieser Knoblauch zu Höherem bestimmt.
     
    Als wir letzten Montagmorgen in
die Werkstatt kamen, stand Jola auf der Leiter und band gerade einen besonders prächtigen
Zopf an der Lampe fest. Ein würziger Knoblauchduft hing in der Luft. Bilder von
unserer alten Dorffleischerei stiegen in mir auf, und ich bekam sofort Appetit auf
eine Scheibe Wurst. Jola strahlte uns zufrieden an.
    »Kann nun
nichts mehr schiefgehen«, sagte sie und rieb sich die Hände. »Kann die Leute draußen
neidisch sein, wie sie will. Dagegen kommt sie nicht an.«
    »Die Dinger
müssen wieder ab«, raunte mir Margret unauffällig zu.
    »Wollen
wir sie nicht dem Koch vom Schraders schenken?«, schlug ich fröhlich vor. »Wenigstens
ein oder zwei? Der kann was Schönes damit brutzeln und vielleicht schützt uns eine Knolle ja auch schon vor Unglück und Neid … oder ein Hufeisen über der Tür.« Letzteres
kannte ich von meiner ziemlich abergläubischen Großmutter.
    »Hast du
keine Ahnung!« Jola bekreuzigte sich entsetzt. »Hast du noch nicht gehabt genug
Pech in letzte Sommer, oder wie?«
    Das war
natürlich ein schlagendes Argument. Die Ereignisse der letzten Wochen muss ich nicht
noch einmal haben. Wegen ein paar Packungen chinesischer Glückskekse habe ich nämlich
ziemlich viel durchgemacht – Blamage, Trennung, Liebeskummer, Job weg … Auch wenn
schließlich alles gut gegangen ist, war es doch ein ziemlich anstrengender Sommer.
    Na ja, vielleicht
hat Jola recht. Außerdem kann jemand, der an die Magie chinesischer Glückskekse
geglaubt hat, gegen polnischen Knoblauch-Hokuspokus eigentlich nichts

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