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Herr Der Fliegen

Herr Der Fliegen

Titel: Herr Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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da zog der rauch zur Seite ab, wurde dicker, und ein Flämmchen züngelte empor. Zuerst sah man die Flamme kaum im hellen Sonnenlicht, dann erfaßte sie einen Zweig, wuchs, nahm kräftigere Farbe an und griff nach einem Ast, der mit zischendem Knall zersprang. Die Flamme leckte höher, und die Jungen brachen in Jubelrufe aus.
    »Meine Brille!« schrie Piggy. »Ich will meine Brille!«
    Ralph trat von dem Stoß zurück und legte die Brille in Piggy’s tastende Hand. Sein Schreien ging in Murmeln über.
    »Nichts wie Flecke. Ich seh nicht mal die Hand vor Augen –«
    Die Jungen tanzten vor Freude. Das Holz war so morsch und zundertrocken, daß sich ganze Stämme wie wild dem gelben Geloder ergaben, das nun aufwehte zu einem zwanzig Fuß hohen Flammenbart. In meterweitem Umkreis stand die Hitze wie eine Wand, und der Lufthauch zog eine Funkenschlange mit sich. Stämme zerkrümelten zu weißem Staub.
    Ralph schrie.
    »Mehr Holz! Alles noch mehr Holz holen!«
    Es wurde ein rennen mit dem Feuer, und die Jungen stürzten in den oberen Wald. Jeder dachte nur daran, daß eine sichtbare Flammenfahne auf dem Berg wehen müsse. Wenn die Früchte sie nicht weglockten, brachten sogar die Kleinen Holzstückchen an und warfen sie in das Feuer. Die Luft geriet in stärkere Bewegung, ein leichter Wind kam auf; man konnte deutlich feststellen, welche Richtung er nahm. Auf der einen Seite war die Luft kühl, auf der anderen schlug das Feuer mit wilder Hitze hoch, die im Nu das Haar versengte. einige fühlten den Abendwind auf ihren verschwitzten Gesichtern und ließen die Kühle in sich eindringen und merkten, daß sie erschöpft waren. Sie warfen sich in den Schatten neben den Felsbrocken nieder. Der Flammenbart schrumpfte schnell ein; dann fiel der Stoß mit einem leisen, aschigen Laut in sich zusammen und trieb einen ganzen Funkenbaum empor, der sich zur Seite neigte und mit dem Wind davonschwamm. Die Jungen waren außer Atem und legten sich hin.
    Ralph hob den Kopf und stützte sich auf.
    »Das hat nichts getaugt.«
    Roger spuckte in die heiße Glut, daß es zischte.
    »Wie meinst du das?«
    »Es hat keinen rauch gegeben, nur Flammen.«
    Piggy hockte in einem Winkel zwischen zwei Felsen, mit dem Muschelhorn auf den Knien.
    »Das Feuer hat überhaupt keinen Zweck gehabt«, sagte er. »So’n großes Feuer unterhalten, das geht gar nicht. Da können wir uns noch so anstrengen.«
    »Ja, grad du«, sagte Jack verächtlich, »du hast ja nur rumgesessen.«
    »Er hat die Brille gehabt«, meinte Simon und rieb mit dem Arm über seine schmutzige Backe, »das ist auch etwas.«
    »Ich hab die Muschel!« rief Piggy aufgebracht. »Ich bin jetzt dran!«
    »Hier oben auf dem Berg gilt die Muschel nicht«, sagte Jack, »halt gefälligst die Klappe!«
    »Ich hab die Muschel!«
    »Grüne Zweige drauf«, riet Maurice, »dann gibt’s rauch.«
    »Ich hab die Muschel –!«
    Jack drehte sich wütend um. »Halt’s Maul!«
    Piggy schwieg gedrückt. Ralph nahm ihm die Muschel ab und blickte über die ganze Gruppe.
    »Wir müssen welche einteilen, die nach dem Feuer sehen. Jeden Tag kann ein Schiff kommen« – er wies auf den drahtdünnen Bogen des Horizonts – »und wenn die rauch sehen, dann kommen sie und holen uns. Und noch was: wir müssen mehr auf Ordnung halten. Wo die Muschel ist, da ist Versammlung. Hier oben oder unten, ganz gleich.«
    Man stimmte zu.
    Piggy wollte noch etwas sagen, fing aber einen Blick von Jack auf und machte den Mund wieder zu. Jack griff nach dem Muschelhorn, stand auf und hielt die zerbrechliche Schale in seinen rußigen Händen.
    »Ralph hat völlig recht. Wir brauchen mehr Ordnung und müssen sie einhalten. Schließlich sind wir keine Wilden. Wir sind Engländer, und die Engländer machen immer alles am besten. Wir müssen also immer das richtige tun.«
    Er wandte sich an Ralph.
    »Ralph – ich teile den Chor ein – vielmehr meine Jäger – in einzelne Gruppen, und wir sorgen dafür, daß das Feuer nicht ausgeht –«
    Die Jungen beklatschten dieses großzügige Angebot, und Jack blickte selbstgefällig in die Runde. Dann gebot er mit der Muschel ruhe.
    »Wir lassen das Feuer jetzt runterbrennen. Nachts sieht ja doch niemand den Rauch, oder? Morgen stecken wir’s wieder an, wann wir wollen. Diese Woche ist der Alt dran mit dem Feuer; nächste Woche der Sopran –«
    Die Versammlung nickte ernsthaft.
    »Und wir besetzen auch einen Ausguck. Wenn da’n Schiff kommt« – ihre Augen folgten der Richtung, die sein

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