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Herr Der Fliegen

Herr Der Fliegen

Titel: Herr Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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und sonnverbrannter Stellen, an denen sich die Haut schälte. Mit der rechten umklammerte er einen zugespitzten etwa fünf Fuß langen Stock; bis auf die von seinem Dolchgürtel zusammengehaltenen Shorts war er nackt. er schloß die Augen, hob den Kopf und atmete mit bebenden Nasenflügeln langsam den warmen Luftstrom ein, der ihm Witterung bringen mochte. Der Wald und er verharrten schweigend.
    Endlich ließ er den Atem langsam ausströmen und schlug die Augen auf – leuchtendblaue Augen, die jetzt vor Enttäuschung mit irrem Glanz aus den Höhlen traten. er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und durchforschte das verschlossene Antlitz des Waldes. Dann schlich er weiter hierhin und dorthin am Boden entlang.
    Das Schweigen des Waldes drückte mehr als die Hitze, und um diese Tageszeit hörte man nicht einmal das Summen der Insekten. Nur als Jack einen bunten Vogel von seinem primitiven Reisignest aufscheuchte, wurde die Stille aufgerissen vom vielfältigen echo eines schrillen Schreis, der aus dem Abgrund der Jahrhunderte heraufzukommen schien. Jack fuhr bei diesem Schrei zurück und hielt erschreckt die Luft an; und während eines langen Augenblicks war er weniger ein Jäger als ein verfolgtes Wesen, das affengleich im Gewirr der Bäume kauerte. Dann dachte er wieder an die Fährte und seine verzweifelte Suche, und seine Blicke hingen gierig am Boden. An einem dicken Baum, auf dessen grauem Stamm bleiche Blumen wuchsen, schloß er wieder die Augen und sog die warme Luft ein; dieses Mal stieß er den Atem schnell wieder aus, er erblaßte sogar, und dann schoß ihm wieder das Blut ins Gesicht. er glitt wie ein Schatten in das Dunkel eines Baumes, kauerte nieder und blickte auf den zertrampelten Boden zu seinen Füßen.
    Die Losung war warm, sie lag in Häufchen zwischen aufgewühlter Erde. Olivgrün, glatt; und es dampfte ein wenig. Jack sah auf und starrte in die unergründliche Tiefe der Schlingpflanzen über der Fährte. Dann hob er seinen Speer und glitt weiter. Hinter der Schlingenwand traf die Fährte auf einen Schweinesteig, der ein richtiger ausgetretener Pfad war. Vertraute Spuren hatten den Boden festgetrampelt, und als Jack sich aufreckte, hörte er, wie sich etwas darauf fortbewegte. er holte weit aus und schleuderte den Speer mit aller Kraft. Vom Schweinesteig kam das schnelle, harte Hufgeklapper, wie Kastagnetten, verführerisch, auf reizend – die Hoffnung auf Fleisch. er brach aus dem Dickicht und hob mit einem Satz seinen Speer auf. Das Trappeln der Schweinehufe verlor sich in der Ferne.
    Jack stand da, schweißüberströmt, befleckt von Streifen brauner Erde und all den Spuren eines langen Jagdtages. Fluchend ließ er von der Fährte ab, und dann zwängte er sich durch das Unterholz, bis der Wald lichter wurde und an die Stelle der kahlen Stämme, die das dunkle Dach trugen, hellgraue Stämme traten mit Kronen aus Palmfedern. Dahinter schimmerte das Meer, und jetzt hörte er Stimmen.
    Ralph stand neben einem Ungetüm aus Palmstämmen und Blättern, einem notdürftigen Unterschlupf gegenüber der Lagune, und das Ganze schien jeden Augenblick einstürzen zu wollen. er hörte nicht, daß Jack etwas sagte.
    »Wasser da?«
    Ralph blickte finster von dem Laubdurcheinander auf. er ward Jacks nicht einmal gewahr, als seine Augen auf ihn fielen.
    »Ob ihr Wasser habt, hab ich gefragt. Ich hab Durst.« Ralph riß seine Gedanken von der Schutzhütte los, bemerkte Jack und schreckte auf. »Ach du. Wasser? Da bei dem Baum. Muß noch was da sein.«
    Im Schatten standen Kokosnußschalen, randvoll mit frischem Wasser. Jack hob eine davon an die Lippen und trank. Das Wasser ergoß sich ihm über Kinn und Hals und Brust. er atmete geräuschvoll, als er getrunken hatte.
    »War auch höchste Zeit.«
    Aus der Hütte drang Simons Stimme.
    »Etwas höher.«
    Ralph wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Hütte zu und hob einen Zweig hoch mit einem ganzen Blätterdach daran. Das Laubgeflecht löste sich und flatterte zu Boden. In dem Loch tauchte Simons zerknirschtes Gesicht auf.
    »Es ist nicht gegangen.«
    Ralph musterte voller Abscheu das Wrack.
    »Das wird nie fertig.«
    Er ließ sich neben Jack zu Boden fallen. Simon blieb in der Hütte und sah durch das Loch. Ralph wälzte sich herum. »Seit Tagen sind wir da jetzt schon dran. Und da, guck nur!« Zwei Hütten standen, aber ziemlich wackelig. Die andere war eine Ruine.
    »Und alles rennt weg. Weißt du noch, auf der Versammlung? Wie sie da alle ran

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