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Herr der Träume

Herr der Träume

Titel: Herr der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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verwehrt war, sondern auch der Zutritt in die Hölle mangels bedeutungsvoller Laster – kurzum diejenigen, die stets ihr Mäntelchen nach dem Wind richteten, die kein Ziel hatten, denen es nichts ausmachte, welchem Hafen sie zutrieben. Solcherart war Eriksons lange und farblose Karriere wechselnder Loyalitäten.
    Laut sagte er: »Heutzutage finden sich immer mehr Menschen in derselben Situation. Das beruht zum größten Teil auf der zunehmenden Komplexizität unserer Gesellschaft und der Entpersönlichung des Individuums zu einer soziometrischen Einheit.«
    Erikson nickte, und Render lächelte innerlich. Manchmal half die brutale Wahrheit, gefolgt von einem Vortrag ...
    »Ich habe das Gefühl, Sie haben recht«, sagte Erikson. »Manchmal komme ich mir tatsächlich wie ein Objekt, wie ein Rädchen vor.«
    Render warf einen Blick auf die Uhr. »Was Sie nun zu tun gedenken, kommt natürlich nur auf Sie selbst an. Ich bin der Ansicht, mit einer Fortsetzung der Behandlung verschwenden Sie nur Ihre Zeit. Wir kennen nun beide die Ursache Ihrer Beschwerden. Ich kann Sie nicht an der Hand nehmen und Ihnen zeigen, wie Sie Ihr Leben leben sollen. Ich kann Vorschläge machen, Ihnen raten – aber keine Tiefenbehandlung mehr. Suchen Sie mich wieder auf, sobald Sie das Bedürfnis haben, Ihre Handlungen mit mir zu diskutieren und mit meiner Diagnose in Einklang zu bringen.«
    »Das werde ich tun. Dieser verdammte Traum! Er ging mir wirklich nahe. Er schien mir so real wie die Wirklichkeit selbst. Ich werde ihn lange nicht vergessen können.«
    »Das hoffe ich.«
    »Na schön, Herr Doktor.« Er erhob sich und streckte ihm die Hand entgegen. »Wahrscheinlich werde ich in ein paar Wochen wieder vorbeikommen. Unterdessen werde ich mich bemühen, echte menschliche Kontakte aufzunehmen. Und warum nicht gleich damit anfangen? Darf ich Sie in der Bar um die Ecke auf einen Drink einladen?«
    Render ergriff die feuchte Hand. Fast tat es ihm leid, als er sagte: »Vielen Dank, aber ich habe eine Verabredung.«
    Dann half er ihm in den Mantel, reichte ihm den Hut und brachte ihn an die Tür.
    »Na dann, guten Abend.«
    »Guten Abend.«
    Als sich die Tür geräuschlos geschlossen hatte, schritt Render über den dunklen Astrachan zu seiner Mahagonifestung und schnippte seine Zigarette in die südliche Hemisphäre. Er lehnte sich in den Stuhl zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schloß die Augen.
    »Natürlich war er so real wie die Wirklichkeit«, sagte er zu sich selbst. »Ich habe ihn ja geschaffen.«
    Lächelnd ließ er den Traum nochmals vor seinem geistigen Auge vorüberziehen und wünschte, einer seiner Lehrer könnte daran teilhaben. Er war sorgfältig aufgebaut und kraftvoll durchgeführt und auch genau dem Fall angepaßt. Aber war er nicht Render, der Schöpfer, einer der etwa zweihundert Spezialanalytiker, deren besondere Psyche es ihnen erlaubte, sich Neurosen auszusetzen, ohne Schaden zu erleiden.
    Renders Gedanken schweiften in die Vergangenheit. Auch er war einer Analyse unterzogen worden, und man hatte ihn als äußerst willensstark und ultrastabil klassifiziert. Es war nicht schwer gewesen. Vor neun Jahren hatte er freiwillig einer Injektion von Novocain in die schmerzhafteste Stelle seines Geistes zugestimmt. Nach dem Autounfall, nach dem Tod von Ruth und Miranda, ihrer Tochter, hatte er sich in sich selbst zurückgezogen. Vielleicht wollte er sich nicht länger bestimmte Gefühle erlauben; vielleicht baute er seine Welt danach auf einer gefühlsmäßigen Reserviertheit auf. Falls dies der Fall war, so war er auch klug genug, sich dessen bewußt zu sein, und vielleicht erkannte er, daß eine solche Welt für ihn auch ihre Vorteile hatte.
    Sein Sohn Peter war nun zehn Jahre alt. Er besuchte eine bekannte Schule und schickte seinem Vater jede Woche einen Brief. Die Briefe wurden von mal zu mal literarischer und wiesen Anzeichen einer Frühreife auf, gegen die Render nichts einzuwenden hatte. Er würde den Knaben im Sommer nach Europa mitnehmen.
    Und was Jill betraf, Jill DeVille, so wurde sie für ihn immer interessanter. (Er fragte sich, ob das ein Anzeichen dafür war, daß er sich frühzeitig zu einem Mann mittleren Alters entwickelte.) Ihre unmusikalische, nasale Stimme, ihr plötzliches Interesse für Architektur, ihr Kummer mit dem inoperablen Muttermal auf der rechten Seite ihrer ansonsten perfekten Nase faszinierten ihn ungemein. Eigentlich sollte er sie anrufen und mit ihr ein neues Restaurant besuchen,

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