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Herr der Träume

Herr der Träume

Titel: Herr der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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irgendwie bekannt, jedoch konnte er sich im Moment nicht daran erinnern, wo er sie gesehen hatte. Das Schmuckstück glitzerte kostbar im gedämpften Licht.
    Der Kellner brachte Render den bestellten Drink.
    »Ich möchte Neuro-Partizipationstherapeut werden«, sagte sie.
    Wäre sie nicht blind gewesen, so hätte Render geglaubt, sie blickte ihm geradewegs in die Augen, um seine Reaktion zu sehen. Er wußte nicht recht, was sie erwartete, daß er sagen würde.
    »Ich finde Ihre Wahl lobenswert und respektiere Ihren Ehrgeiz.« Er versuchte ein Lächeln in seine Worte zu legen. »Aber es ist natürlich keine leichte Sache, und alle Voraussetzungen sind nicht akademischer Natur.«
    »Ich weiß. Aber ich bin seit meiner Geburt blind, und es war auch nicht leicht, so weit zu kommen.«
    »Seit der Geburt? Ich habe angenommen, Sie hätten Ihr Augenlicht erst seit kurzem verloren. Sie haben also die Oberschule besucht und danach Medizin studiert, ohne sehen zu können? Das ist – ziemlich beeindruckend.«
    »Danke, aber das ist es eigentlich nicht. Ich hörte von den ersten Neuropartizipanten – Bartelmetz und den anderen –, als ich noch ein Kind war, und bereits da hatte ich beschlossen, einer zu werden. Seither war mein ganzes Leben auf dieses Ziel hin ausgerichtet gewesen.«
    »Was haben Sie in den Laboratorien gemacht? Sie konnten ja keine Proben sehen, durch ein Mikroskop blicken. Und all die Bücher ...«
    »Ich stellte Leute an, die mir alles vorlasen, und ich nahm es auf Band auf. In der Schule wußte man, daß ich mich auf die Psychiatrie verlegen wollte, und so traf man im Labor spezielle Maßnahmen. Assistenten sezierten für mich und beschrieben mir jeden einzelnen Schritt. Ich kann die Dinge durch Ertasten unterscheiden und habe ein Gedächtnis wie Sie für Speisekarten.« Sie lächelte. »Die Eigenschaften von Psycho-Partizipationsphänomenen können nur vom Therapeuten selbst beurteilt werden, in dem Augenblick außerhalb normaler Raum-Zeit, wenn er sich im Zentrum einer Welt befindet, die aus den Bausteinen der Träume eines anderen Menschen errichtet ist, wenn er die nicht-euklidische Architektur der Traumwelt erkennt und dann den Patienten an der Hand nimmt und durch die Landschaft führt. Wenn er imstande ist, ihn in unsere Welt zurückzubringen, dann war seine Diagnose richtig, waren seine Handlungen zweckentsprechend.«
    »Aus: Über die Unanwendbarkeit der Psychometrie bei bestimmten Behandlungsmethoden «, stellte Render fest.
    »... von Charles Render.«
    »Unser Essen befindet sich auf dem Weg«, sagte er und nahm sein Glas auf, als ein Kellner den Wagen mit den Speisen heranrollte.
    »Das ist einer der Gründe, weshalb ich Sie treffen wollte«, fuhr sie fort und hob ihr Glas, als sie vor sich Tellerklirren vernahm. »Ich möchte, daß Sie mir helfen, ein Schöpfer zu werden.«
    Wieder wandte sie ihm ihr Gesicht mit der dunklen Brille zu.
    »Dies ist eine vollkommen neuartige Situation. Aus leicht ersichtlichen Gründen hat es noch nie einen von Geburt aus blinden Neuropartizipanten gegeben. Ich muß erst alle Aspekte der Situation überdenken, ehe ich Ihnen einen Rat geben kann. Aber nun wollen wir essen. Ich habe einen Bärenhunger.«
    »Na schön. Aber daß ich blind bin, bedeutet nicht, daß ich nie gesehen habe.«
    Er fragte sie nicht, was sie damit meinte, denn vor ihm auf dem Teller lagen gegrillte Rippchen, und an seiner Seite stand eine Flasche Chambertin.
     
    »Ich möchte wissen, ob es immer noch schneit«, sagte er, als sie ihren Kaffee tranken. »Es schneite ziemlich stark, als ich kam.«
    »Ich hoffe es, auch wenn es das Licht diffus macht, und ich dadurch gar nichts ›sehen‹ kann. Ich mag es, wenn der Schnee um mich fällt und mir gegen das Gesicht treibt.«
    »Wie schaffen Sie es herumzugehen?«
    »Mein Hund Sigmund – ich gab ihm heute abend frei – führt mich überall hin. Er ist ein mutierter Schäfer.«
    »O?« Render wurde neugierig. »Kann er viel sprechen?«
    Sie nickte. »Obzwar seine Operation nicht so erfolgreich war, wie die an anderen Hunden. Er besitzt ein Vokabular von etwa vierhundert Wörtern, aber ich glaube, das Sprechen verursacht ihm Schmerzen. Er ist ziemlich intelligent. Sie müssen ihn einmal treffen.«
    Sogleich begann Render zu spekulieren. Er hatte mit solchen Tieren anläßlich von Mediziner-Kongressen gesprochen und war über ihr Denkvermögen und ihre Hingabe den Besitzern gegenüber erstaunt gewesen. Es bedurfte bedeutender Eingriffe in die

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