Herr der zwei Welten
eingeladen.“
Julie musste sich ein Lachen verkneifen. Ins Kino? Als wenn sie da nicht mitgehen könnte! Aber es war schon klar; Mina wollte mit dem Typen alleine sein. Julie konnte es ihr nicht mal verübeln.
„Geht nur ihr Beiden!“ sagte sie und gab Mina noch ein Küsschen auf die Wange. Dann waren die Zwei auch schon verschwunden.
Eugeñio hatte sich einen freien Barhocker gegriffen und setzte sich zu ihr.
Sie redeten über dies und das; nichts Weltbewegendes, nur einfach lockere Kommunikation. Dann forderte er Julie zum Tanzen auf.
Wie an ihrem ersten Tag spielte der D.J. wieder langsame Musik. Eugeñio zog sie in seine Arme und Julie hätte sterben können!
„Bella Juliea, ich dachte, dass wir uns nicht wieder sehen …“ hauchte er in ihr Ohr. Dennoch sog Julie jede Silbe in sich auf.
„Ich habe es gehofft.“ flüsterte Julie zurück.
Plötzlich schlang er seine Arme um sie und zog sie fester an sich. Doch genauso schnell ließ er sie wieder los. Er hielt sie nur noch an den Händen. Aber dann legte er wieder seine Arme um sie und sie drehten sich weiter zur Musik.
Julie schmiegte sich noch enger in diese Umarmung. Sie spürte den Hauch eines Kusses, den er ihr sanft ins Haar gab. Julie blickte auf und versank in seinen Augen.
Nach einer Weile zog Eugeñio sie wieder von der Tanzfläche. Julie hatte nichts dagegen, mal eine Pause einzulegen. Ihr war heiß.
„Puh! Mir ist richtig warm. Ich würde gerne mal ein wenig vor die Tür. Hast du Lust?“
Vor dem Eingang sammelten sich die Menschen. Manche rauchten, andere standen eng umarmt an die Häuserwand gelehnt.
„Du hast nicht zufällig Appetit auf Eis? Zwei Straßen weiter ist eine Eisdiele.“ Julie wusste nicht, ob es wirklich der Appetit war, oder einfach die Tatsache, dass sie mit ihm allein sein wollte.
Eugeñio nickte und hob seinen Arm, als wolle er ein Taxi rufen.
„Nein, bitte nicht! Lass uns doch laufen. Es ist doch auch nicht weit.“
Sie hakte sich bei ihm unter und so eng neben ihm fühlte sie sich wie im siebten Himmel.
„Ich gehe gerne nachts spazieren. Die Nacht ist herrlich. Findest du nicht?“
„Du magst die Nacht?“ Seine dunklen Augen waren auf sie gerichtet.
Julie nickte. „Die Luft ist sogar hier nachts anders.“
Wenige Augenblicke später betraten sie die Eisdiele. Natürlich war es auch hier voll. Aber Julie entdeckte einen freien Tisch, den sie auch sofort ansteuerte. Als die Bedienung kam, bestellte sie sich einen Hawaiibecher mit Sahne. Eugeñio wollte nichts.
„Gehst du oft nachts spazieren?“ wollte er wissen.
Julie lachte. „Na ja zugegeben, das habe ich eine Zeit lang wirklich getan. Wenn ich könnte, wie ich wollte, wäre die Nacht wohl mein Tag. Ich bin ein ausgesprochener Nachtmensch.“ Eugeñio wollte etwas antworten, aber in diesem Moment kam die Bedienung mit ihrem Eis. Sie stellte den Becher vor sie, aber ihre Augen waren auf Eugeñio gerichtet. Komisch, aber ihre Hand zitterte. Dann drehte sie ab und verschwand. Julie runzelte die Stirn.
„Scheint ziemlich nervös zu sein. Ist vielleicht doch besser, wenn man einen Tagesjob hat. Der macht einen wenigstens nicht so fertig.“ Julie nahm den langstieligen Eislöffel und begutachtete ihren Eisbecher.
„Lass es dir schmecken.“
Sie nickte ihm zu. „Und du bekommst wirklich keinen Appetit?“
„Ich habe vorhin so viel gegessen, dass ich nichts mehr runter bekomme.“
Während Julie aß, ließ sie ihre Blicke durchs Lokal wandern. Schließlich konnte sie nicht die ganze Zeit Eugeñio beobachten. Auch wenn sie das gerne getan hätte! Die Eisdiele war nicht wirklich groß, aber bot trotzdem ungefähr zehn Tischen Platz. Auf den Tischen lagen bunte Deckchen und in der Mitte stand eine weiße Kerze, die man allerdings vergessen hatte, anzuzünden. Da sie einen Fensterplatz hatten, konnte Julie auch einen Blick auf die Straße werfen. Auf dem Fenstersims, nur leicht verdeckt von den weißen Bistrogardinen lagen alte Zeitungen. Eher zufällig fiel ihr Blick auf die Schlagzeile der oberen Tageszeitung. Sie erstarrte. Der Löffel fiel ihr aus der Hand. Hastig riss sie die Zeitung vom Stapel.
FRAUENLEICHE IN DER MÖLLERTSTRAßE
„Was ist?“ Eugeñio klang alarmiert.
Julie las den Artikel. Sie schüttelte den Kopf. Ihre Kehle war zugeschnürt.
„Kanntest du die Frau?“
„Nein, aber ich weiß, wo das ist. Ich war an dem Tag auch da. Oh mein Gott! In dieser Straße hatte ich mein Auto geparkt. Aber ich bin … Taxi gefahren.
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