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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Inquisitor der Hand des Lichts, wirkte genauso hart, wie er war, aber an seinen Schläfen zeigte sich mehr Grau als beim letzten Mal, da Niall ihm begegnet war. In seinen dunklen, tiefliegenden Augen stand eine Andeutung von Besorgnis, und das war auch kein Wunder. Die letzten beiden Aufträge, die ihm übergeben worden waren, hatten zu Katastrophen geführt, was nicht gerade gut für einen Mann war, der eines Tages Großinquisitor werden wollte oder vielleicht sogar kommandierender Lordhauptmann.
    Niall warf Balwer seinen Umhang zu und bedeutete Carridin, ihm ins eigentliche Audienzgemach zu folgen, in dem erbeutete Schlachtenbanner und die Flaggen alter Feinde als Trophäen an den dunkel getäfelten Wänden hingen. In den Fußboden war eine riesige, strahlende Sonnenscheibe eingelassen, die soviel Gold enthielt, daß den meisten Menschen die Augen übergingen. Von diesen Dingen abgesehen, war es aber das einfach eingerichtete Zimmer eines Soldaten und damit ein Spiegelbild von Nialls Charakter. Niall setzte sich auf einen Sessel mit hoher Lehne, solide gefertigt, aber schmucklos. Die breiten, völlig gleich angelegten Kamine an beiden Enden des Raums waren kalt und ausgefegt, und das zu einer Jahreszeit, wo helle Feuer in ihnen prasseln sollten. Beweis genug, daß man sich der Letzten Schlacht näherte. Carridin verbeugte sich tief und kniete auf der Sonnenscheibe nieder, die von Generationen von Füßen und Knien glattgeschliffen war.
    »Habt Ihr euch überlegt, warum ich Euch rufen ließ, Carridin?« Nach den Ereignissen auf der Ebene von Almoth und bei Falme und nach Tanchico konnte man dem Mann keinen Vorwurf machen, wenn er im Glauben kam, festgenommen zu werden. Doch falls er diese Möglichkeit in Erwägung zog, zeigte sich das an seiner Stimme nicht. Wie gewöhnlich konnte er nicht anders und mußte zeigen, daß er mehr wußte als alle anderen. Entschieden mehr, als man von ihm erwarten durfte.
    »Die Aes Sedai in Altara, mein kommandierender Lordhauptmann. Eine Chance, die Hälfte der Hexen aus Tar Valon auf einen Schlag zu vernichten, und das direkt vor unserer Tür.« Eine Übertreibung, in Salidar befand sich höchstens ein Drittel, aber bestimmt nicht mehr.
    »Und habt Ihr das auch laut überlegt, vielleicht unter Freunden?« Niall bezweifelte, daß Carridin welche hatte, aber es gab welche, mit denen er zumindest trank. In letzter Zeit war er häufig betrunken. Doch der Mann hatte gewisse Fähigkeiten, nützliche Fähigkeiten.
    »Nein, mein kommandierender Lordhauptmann. Das weiß ich denn doch besser.«
    »Gut«, sagte Niall. »Weil Ihr nicht einmal in die Nähe dieses Ortes Salidar gehen werdet. Keines der Kinder wird sich dorthin begeben.« Er war sich nicht sicher, ob das Erleichterung war, was sich ganz kurz auf Carridins Miene zeigte. Falls ja, dann war das ungewöhnlich, denn dem Mann hatte es noch nie an Mut gefehlt.
    Und auch seine Antwort wollte nicht zu einem Gefühl von Erleichterung passen: »Aber sie warten doch nur darauf, angegriffen zu werden. Das ist der Beweis, daß die Gerüchte über eine Spaltung der Burg stimmen. Wir können diese Gruppe vernichten, ohne daß die anderen einen Finger rühren, um sie zu verteidigen. Die Burg könnte auf diese Art soweit geschwächt werden, daß sie fällt.«
    »Glaubt Ihr?« fragte Niall trocken. Er legte die Hände in den Schoß und sprach mit milder Stimme. Zweifler - die Hand verabscheute diese Bezeichnung, doch selbst er gebrauchte sie - Zweifler begriffen nichts, wenn man es ihnen nicht direkt vor die Nase hielt. »Selbst die Burg kann sich nicht offen für den falschen Drachen al'Thor erklären. Was ist, falls er sich gegen sie stellt, so wie Logain? Aber eine Gruppe von Rebellen? Sie könnten ihn unterstützen, und die Weiße Burg behält eine weiße Weste, was auch geschehen mag.« Er war sicher, daß alles so geplant sei. Wenn nicht, gäbe es schon Möglichkeiten, die Burg mit Hilfe einer echten Spaltung noch mehr zu schwächen, aber er glaubte an seine Interpretation der Lage. »Auf jeden Fall spielt nur das eine wirkliche Rolle, was die Welt sieht. Ich werde ihnen nicht nur einfach eine Auseinandersetzung zwischen den Kindern und der Burg zu sehen geben.« Nicht, bevor die Welt nicht endlich die Burg als das sah, was sie war: eine Schlangengrube voll von Schattenfreunden, die sich mit Kräften befaßte, die nicht für den Gebrauch der Menschheit bestimmt waren, mit der Macht, die einst die Zerstörung der Welt hervorgerufen hatte.

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