Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
Galina«, stieß sie heftig hervor. »Kannst du ihn hören? Er weint...« Plötzlich rannen Tränen Erians Gesicht hinab. Sie stand einfach da und schluchzte leise, die zu Fäusten geballten Hände in ihre Röcke geklammert.
    »Kommt mit in mein Zelt«, sagte Galina mitfühlend.
    »Ich habe guten Blaubeertee, und ich werde Euch ein kühles, feuchtes Tuch auf die Stirn legen.«
    Erian lächelte durch die Tränen hindurch. »Danke, Galina, aber ich kann nicht. Rashan und Bartol werden schon auf mich warten. Ich fürchte, sie leiden noch stärker als ich. Sie spüren nicht nur mein Leid, sondern leiden auch, weil sie wissen, daß ich leide. Ich muß sie trösten.« Sie drückte Galina dankbar die Hand und ging dann davon.
    Galina betrachtete stirnrunzelnd die Kiste. Al'Thor schien tatsächlich zu weinen... Oder er lachte, und das bezweifelte sie sehr. Sie sah Erian nach, die gerade im Zelt ihres Behüters verschwand. Al'Thor würde noch oft weinen. Sie brauchten noch mindestens zwei weitere Wochen bis Tar Valon, und Elaida hatte einen triumphalen Einzug geplant. Ja, mindestens zwanzig weitere Tage. Von jetzt an, ob Erian es wollte oder nicht, würde er jeden Tag am Morgen und in der Abenddämmerung bestraft werden. Wenn sie ihn in die Weiße Burg brachten, würde er Elaidas Ring küssen, antworten, wenn man ihn ansprach und in einer Ecke knien, wenn er nicht gebraucht wurde. Sie schritt mit starrem Blick zu ihrem Zelt, um den Blaubeertee selbst zu trinken.
    * * * Als sie den dichten Wald betraten, wandte sich Sevanna zu den anderen um und dachte, wie bemerkenswert es war, daß sie die Bäume so wenig beachtete. Bevor sie die Drachenmauer überquert hatten, hatte sie noch nie so viele Bäume gesehen. »Habt Ihr alle die Mittel erkannt, mit denen sie ihn festhalten?« fragte sie und ließ es so klingen, als hätte sie ›auch‹ statt ›alle‹ gesagt.
    Therava sah die anderen an, die nickten. »Wir können alles genauso weben wie sie«, antwortete Therava.
    Sevanna befühlte den kleinen Steinkubus mit den komplizierten Gravuren in ihrer Tasche. Der seltsame Feuchtländer, der ihr den Stein gegeben hatte, hatte gesagt, sie solle ihn benutzen, wenn al'Thor gefangen sei. Sie hatte es vorgehabt, bis sie ihn tatsächlich gesehen hatte. Jetzt beschloß sie, den Kubus wegzuwerfen. Sie war die Witwe eines Häuptlings, der in Rhuidean gewesen war, und eines Mannes, der Häuptling genannt worden war, ohne diesen Besuch durchgeführt zu haben. Jetzt würde sie die Frau des Car'a'carn selbst werden. Jeder Aiel-Speer würde für sie gesenkt werden. Sie konnte noch immer al'Thors Hals an den Fingern spüren, wo sie die Linie nachgezogen hatte, an der sie ihm das eiserne Halsband anlegen würde.
    »Es ist an der Zeit, Desaine«, sagte sie.
    Desaine blinzelte natürlich überrascht, und dann hatte sie nur noch Zeit zu schreien, bevor die anderen mit ihrer Arbeit begannen. Desaine hatte sich damit begnügt, über Sevannas Stellung zu murren. Aber Sevanna hatte ihre Zeit besser genutzt. Bis auf Desaine stand jede Frau hier entschlossen hinter ihr und noch mehr neben ihr.
    Sevanna beobachtete sehr genau, was die anderen Weisen Frauen taten. Die Eine Macht faszinierte sie, alle jene Dinge, die so wundersam entstanden, so mühelos, und es war sehr wichtig, daß dafür gesorgt würde, daß das, was mit Desaine geschähe, nur mit der Macht geschehen sein konnte. Sie hielt es für ziemlich erstaunlich, daß ein menschlicher Körper mit nur so wenig Blutvergießen zerteilt werden konnte.

KAPITEL
54

    Die Übermittlung
    D ie aufgehende Sonne war erst ein dünnes, schwaches Schimmern am Horizont, aber die Straßen Cairhiens waren am zweiten Tag des Lichterfests bereits von Zechern bevölkert. Tatsächlich hatten viele die Nacht durchgezecht. Die Festlichkeiten waren von Begeisterung begleitet und nur wenige gönnten dem Mann mit dem lockigen Bart, dem grimmigen Gesicht und der Streitaxt an der Hüfte, der einen großen Kastanienbraunen die pfeilgeraden Straßen auf den Fluß zu führte, mehr als einen Blick. Einige betrachteten jedoch seine Begleiter. Ein Aielmann war inzwischen ein gewohnter Anblick, obwohl sie die Straßen mieden, seit die Feierlichkeiten begonnen hatten, aber man sah nicht jeden Tag einen Ogier, der größer war als ein Mann zu Pferde, und insbesondere keinen Ogier, der eine Streitaxt trug, deren Griff fast so lang wie er groß war. Der Ogier ließ den bärtigen Mann leutselig wirken.
    Die Schiffe auf dem Alguenya hatten alle

Weitere Kostenlose Bücher