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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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diesem Kloster anwesend sind, in die Hallen des Karma und in die Hände der Meister gelangt, wird sie zerbröckeln. Und unter den gegebenen Umständen werden wohl einige Mönche schon aus diesem Grund vor der Zeit zu den Meistern gerufen werden. Was dann?«
    Yama rollte sich mit Sorgfalt und Hingabe eine Zigarette. »Es muß so eingerichtet werden, daß das, was ich gesagt habe, das ist, was sich tatsächlich ereignet hat.«
    »Wie sollte das möglich sein? Wenn das Gehirn eines Menschen auf sein Karma überprüft wird, liegen alle Ereignisse, die dieser Mensch in seinem letzten Zyklus erlebt hat, wie eine offene Schriftrolle vor seinem Richter und der Maschine.«
    »Ganz richtig«, sagte Yama. »Aber hast du noch niemals von einem Palimpsest gehört, Tak von den Archiven - von einer Schriftrolle, die schon einmal benutzt worden ist, also gesäubert wurde und dann aufs neue beschriftet werden kann?«
    »Natürlich, aber der Geist eines Menschen ist keine Schriftrolle.«
    »Nein?« Yama lächelte. »Dies war dein Vergleich, um das vorauszuschicken, nicht meiner. Doch davon abgesehen - was ist denn Wahrheit? Wahrheit ist das, was du dazu machst.«
    Er zündete sich seine Zigarette an. »Diese Mönche waren Zeuge einer für sie befremdlichen und erschreckenden Sache«, fuhr er fort. »Sie sahen, wie ich meine Gottheit entfaltete. Sie sahen, wie Mara das gleiche tat - und das hier, in diesem Kloster, in dem wir das Prinzip Ahimsa haben Wiederaufleben lassen. Sie sind sich zwar bewußt, daß ein Gott solche Dinge tun kann, ohne dafür in der Halle des Karma zur Verantwortung gezogen zu werden, aber der Schock war schwer und der Eindruck intensiv. Und je länger sie über das nachdenken, was sie gesehen haben, um so mehr wird es sie quälen. Noch ehe sie auf dem Höhepunkt dieser inneren Qual angelangt sind, muß die Geschichte, die ich euch erzählt habe, in ihren Köpfen zur Wahrheit geworden sein.«
    »Wie?« fragte Ratri.
    »In dieser Nacht, in dieser Stunde noch«, sagte er, »solange das Bild der Geschehnisse noch in ihrem Bewußtsein brennt und ihre Gedanken sie peinigen, müssen wir die neue Wahrheit schmieden und in ihr Gedächtnis pressen. Sam, du hast lange genug geruht. Dies ist nun deine Aufgabe. Du mußt ihnen eine Predigt halten. Du mußt jene edleren Regungen und höheren Geisteseigenschaften in ihnen erwecken, die den Menschen zum Spielball der Götter machen. Ratri und ich werden unsere Kräfte vereinigen, und eine neue Wahrheit wird geboren werden.«
    Sam schob sich auf seinem Stuhl zurück und senkte die Augen. »Ich weiß nicht, ob es mir gelingen wird. Es ist so lange her.«
    »Einmal ein Buddha, immer ein Buddha, Sam. Kram ein paar von deinen alten Parabeln heraus. Du hast ungefähr noch fünfzehn Minuten Zeit.«
    Sam hielt seine Hand hin. »Gib mir etwas Tabak und ein Papier.«
    Er nahm das Päckchen und drehte sich eine Zigarette. »Feuer?. Danke.«
    Er sog den Rauch tief ein, blies ihn aus, hustete. »Ich bin es leid, sie anzulügen«, sagte er schließlich. »Ich glaube, das ist es überhaupt.«
    »Lügen?« fragte Yama. »Wer hat dich gebeten, irgendeine Lüge zu erzählen? Zitier ihnen etwas aus der Bergpredigt, wenn du willst. Oder etwas aus dem Popol Vuh oder aus der Ilias. Es ist mir völlig gleichgültig, was du sagst. Wühl sie nur etwas auf - besänftige sie etwas. Das ist alles, worum ich dich bitte.«
    »Und dann?«
    »Dann? - Dann werde ich dir die Sache abnehmen. Wir werden sie retten. Sie - und uns!«
    Sam nickte langsam. »Wenn du es so siehst. aber ich bin etwas außer Übung in diesen Dingen. Gewiß, ich werde eine Handvoll Wahrheiten finden und auch einige fromme Betrachtungen dazugeben können - aber zwanzig Minuten brauche ich.«
    »Dann eben zwanzig Minuten. Und danach packen wir. Morgen verlassen wir Khaipur.«
    »So bald?« fragte Tak.
    Yama schüttelte den Kopf.
    »So spät«, sagte er.
    Die Mönche saßen auf dem Boden des Refektoriums. Die Tische waren bis an die Wand zurückgeschoben. Die Insekten waren verschwunden. Der Regen draußen hatte noch nicht nachgelassen.
    Sam, der Groß-Beseelte, der Erleuchtete, trat ein und ließ sich vor ihnen nieder.
    Ratri trat ein. Sie trug das Gewand einer buddhistischen Nonne und war verschleiert.
    Yama und Ratri setzten sich im Hintergrund des Raums auf den Fußboden. Tak hatte sich unter die Mönche gemischt und lauschte.
    Mehrere Minuten lang saß Sam mit geschlossenen Augen da, dann sagte er leise:
    »Ich habe viele Namen, doch

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