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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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und wandte ihm den Rücken zu.
    Es wurde Tak klar, daß er auf einen wunden Punkt gestoßen war. Auf der Suche nach einem neuen Gesprächsthema lief er zum Fenster, sprang auf das breite Fensterbrett und warf einen Blick zum Himmel.
    »Drüben im Westen reißt die Wolkendecke auf«, sagte er.
    Yama trat neben ihn, blickte in die angegebene Richtung, runzelte die Stirn und nickte.
    »Mmm, ja«, sagte er. »Bleib auf deinem Platz und sag mir weiter, wie es aussieht.«
    Er trat an ein Schaltpult.
    Droben hielt der kreisende Lotos inne, dem blauen Fleck Himmel zugewandt.
    »Sehr gut«, sagte er. »Wir schaffen es.«
    Seine Hand fuhr über eine gesondert installierte Kontrolltafel, ließ eine Reihe von Hebeln einrasten und justierte zwei Skalen.
    Drunten in den Kellerhöhlen des Klosters wurde das Signal aufgenommen und weitere Vorbereitungen eingeleitet: der Wirtskörper wurde noch einmal überprüft.
    »Die Wolken schieben sich wieder zusammen!« rief Tak.
    »Schadet nichts mehr«, sagte der andere. »Wir haben unseren Fisch an der Angel. Aus dem Nirwana kommt er - direkt in unseren Lotos.«
    Neues Donnergrollen, und wie Hagel klatschte der Regen auf den Lotos. Blaue Schlangenblitze wanden sich zischend über den Gipfeln.
    Yama bediente den Endschaltkreis.
    »Was glaubst du, wie wird er sich fühlen, wenn er wieder das Fleisch trägt?« fragte Tak.
    »Kümmre dich ums Bananenschälen!«
    Tak beschloß das als Abweisung zu nehmen und verließ den Raum, während Yama zurückblieb und den Mechanismus abstellte. Der Affe lief den Korridor entlang und hüpfte eine ausladende Treppenflucht hinunter. Auf dem Treppenabsatz hörte er Stimmengewirr und Sandalenschlurfen aus einer Seitenhalle. Sie kamen näher.
    Ohne zu zögern kletterte er die Wand empor, indem er sich an einer Reihe geschnitzter Panther und einer Parallelreihe Elefanten festhielt. Auf einem schattigen Vorsprung machte er halt und wartete reglos.
    Zwei Mönche in schwarzen Roben traten aus einem Bogengang.
    »Warum kann sie also den Himmel nicht frei machen?« fragte der erste.
    Der zweite, ein älterer, stämmiger Mann, zuckte die Achseln. »Ich bin kein Weiser, daß ich solche Fragen beantworten könnte. Offensichtlich unterstützt sie Yamas Ziele, sonst hätte sie ihm niemals gestattet, hier im Kloster zu arbeiten, und hätte ihnen keine Zuflucht gewährt. Aber wer kennt die Grenzen der Nacht?«
    »Oder die Launen einer Frau?« sagte der erste. »Ich habe gehört, daß selbst die Priester nichts von ihrer Ankunft wußten.«
    »Das mag sein. Wie auch immer, es erscheint mir als ein gutes Omen.«
    »Ja, ein gutes Omen.«
    Sie entschwanden durch einen anderen Bogengang, und Tak lauschte dem Nachhall ihrer Schritte, bis die Stille ihn verschluckte.
    Seinen Hochsitz verließ er jedoch noch nicht.
    Die »Sie«, auf die sich die Mönche bezogen hatten, konnte nur die Göttin Ratri selbst sein; sie wurde verehrt von dem Orden, der den Anhängern Sams, des Groß-Beseelten, des Erleuchteten, Asyl gewährt hatte. Auch Ratri war unter die zu zählen, die aus der Himmlischen Stadt ausgestoßen worden waren und die Haut der Sterblichen trugen. Sie hatte allen Grund, über das, was geschehen war, verbittert zu sein; Tak machte sich das Risiko klar, das sie einging, indem sie Yama und den gelben Mönchen eine Zufluchtsstätte bot, noch mehr, indem sie bei Yamas Unterfangen körperlich zugegegen war. Wenn Nachricht davon an die richtigen - oder falschen - Ohren drang, konnte es sie auch die letzte Möglichkeit einer Wiederaufnahme in den Himmel kosten. Tak sah sie vor sich, eine dunkelhaarige Schönheit mit Silberaugen, wie sie in ihrem Mondwagen aus Elfenbein und Chrom, die schwarzen und weißen Hengste vorgespannt, umsorgt von Wächtern ebenso schwarz und weiß wie die Hengste, die Avenue des Himmels entlangfuhr und sogar für Sarasvati in all ihrem Glanz zur Rivalin wurde. Sein Herz hüpfte unter seiner behaarten Brust. Er mußte sie einfach wiedersehen. Einst, vor langer Zeit sein Geschick war noch glücklich, seine Gestalt noch ansehnlich gewesen - hatte er eines Nachts auf einem Balkon unter den Sternen mit ihr getanzt. Es hatte nur wenige Augenblicke gedauert. Aber das Bild erstand in ihm so deutlich, als sei es erst gestern gewesen; und es ist schwer, ein Affe zu sein und solche Erinnerungen zu haben.
    Er kletterte von dem Steinvorsprung herunter.
    Im Nordosten des Klosters ragte ein Turm, ein hoher Turm empor. In diesem Turm befand sich ein Gemach. Es hieß, daß der

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