Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)
Musikverein spielen.« Bangemann hob die Hände. »Er ist verschollen. Auf einer Yacht, irgendwo in der Südsee, kein Mensch weiß, wo und warum. Er müsste längst zurück sein, und ich habe keine Ahnung, ob er noch auftaucht. In der Kürze der Zeit einen Ersatz mit solchen Qualitäten zu bekommen, ist …« Bangemann wischte mit der Hand durch die Luft. »Nun, Sie sind spezialisiert auf Mozart, nicht wahr?« Er machte eine Pause und sah Wolfgang durchdringend an. »Es wäre eine Chance für Sie.«
»So es etwas Gewisses sein mag, will ich bereit sein. Was, wann und wo soll ich spielen?«
Bangemann schob ihm einen bedruckten Zettel zu, das Papier glänzte leicht. »Könnten Sie sich damit anfreunden?«
Wolfgang hob die Brauen. Eine Klaviersonate, die er als ganz junger Bursche ersonnen und gespielt hatte, Variationen über ein Divertimento, an das er sich kaum erinnerte – so etwas mochte eine Chance für ihn sein, angesichts seiner Situation, doch war es das, was er wollte? War er dafür im einundzwanzigsten Jahrhundert gelandet, um ein Konzert zu geben, das man in genau jener Weise schon zweihundert Jahre zuvor gegeben hätte, das man seither in genau dieser Form vermutlich schon Tausende Male gegeben hatte und das mittlerweile jedermann als silbern schillernde Konserve in seinem Musikschrank stehen hatte? Mussten nicht alle satt sein davon? Er war satt davon, so satt, wie man nach sieben Leberknödeln unmöglich einen weiteren essen kann. Wolfgang stöhnte leise.
Bangemann blähte die Nasenflügel. »Nun, wenn Sie mit diesem Programm Schwierigkeiten haben … wir können selbstverständlich das Programm nach Ihren Wünschen ändern, allerdings sollte es schon Mozart … also, wenn Sie sich damit nicht sicher fühlen, aber es wäre immerhin …«
»Ob ich mich nicht sicher fühle? Oh, das Sichere ist es vor allem anderen, was ich fühle bei dieser Sonate, welches der Tod ist jeder wahren Kunst, indem nur zu soutenieren vermag, was mit Esprit und Frische einherkömmet wider die Ödnis und Fadheit. Wenn Sie also erlauben, so will ich recht gern einen Mozart-Abend geben, doch nach meiner Weise, welches gewiss einen Zuspruch und guten gefälligen Beifall machen will.«
»Herr Mustermann, ich kann mich allerdings auf keine allzu großen Experimente …«
»Eine gute, frische Musique ist stets ein Experiment, wo nicht, so ist sie gefehlt und kann, ohne gegen gutes Gewissen zu reden, nicht eine Kunst genannt werden. Ich spiele Mozart. Punktum. Meinethalben auch diese Sonate. Auf meine Art.«
Jetzt war es Bangemann, der leise stöhnte. »Gut, Herr Mustermann, natürlich, sagen Sie mir also, was Sie spielen wollen, damit wir das auf die Aushänge schreiben können.«
»Schreiben Sie:
›Variationen über die Lieben des Wolfgang M.‹
Denn mit der Liebe, mein Lieber, mit der Liebe ist es niemalen gefehlt.«
wien, den 27 ten Octobr. 2007
wehrteste, beste freündin und – geliebte?
itzt sind es mehr als vierzehn täge, daß ich nicht von dir gehöret oder einen brief gelesen hätte, gleichwohl – wie sollte ich wohl etwas lesen, so du nicht wissen kannst, wohin du schreiben müßtest, folglich ich nicht post von dir erhalten kann – so will ich dir itzt mein Logis entdecken, was in der that kein großes ansehen zu geben imstande ist, indem es nicht weit von der südstation und also kein besonders nobles Logis nicht ist, doch wohlfeil und ich – wie du leicht aus beigefügter Concertkarte ersehen magst, alsbald imstande sein werde, ein schöneres, beßers zu nehmen, gleichwohl man den nutzen des einen gegen den des anderen gründlich abwägen muß – indem ich hier mit meinem lieben Freund Piotr, der ein recht ordentlicher violinist ist, unter einem dach leben und folglich die Kösten zu teilen imstande bin, was, wenn erst ein neues und bequemeres logis gefunden, mir recht fehlete und ich fürderhin für diese ausgaben allein zu sorgen hätte. Indes, so man mich versichert, hat man nach einem Concert welches ich mit großem erfolg und viel aufsehen gemacht habe viell intereße mich in weitere Konzerten zu engagieren und spiellen zu hören und – voilà – so will
alles gewiß einen guten gang nehmen und ich bald die Ehre und das vergnügen haben, dich bei diesem, das im musikverein ist, zu sehen, so sollst du gewiß sein, daß ich an diesem Abend noch viel tausendmal so schön und gut spielen will als ohnedem, wenn ich nur meine liebste und beste Anju unter nemlichen zuhörern weiß und dich sehen
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