Herrchenjahre
Verbrecher in einen Sack und draufhauen.
Tinas Herrchen, den alten Kuppler, und den geilen Jockel gleich mit dazu.
Derweil löscht Tinas Frauchen still und leise Beitrag samt Bilder, stellt sie ins nächste Forum und hofft, dass hier vernünftigere, zugänglichere Menschen posten.
Ein Irrtum.
Sie hat kaum »Supi…« getippt, da geht es erneut los.
»Die sind ja süß. Wie hieß euer Zwinger nochmal?«
Ich sitze an unserem Gartentisch, der hinter dem Haus unter einer schattigen Eiche steht, und stelle mir vor, wie ein riesiger Kopf von oben durch das Blätterdach kracht und meine Familie brutal auseinanderreißt.
Stella ackert im Staudenbeet.
»Haben die wirklich geschrieben, du seist ein Mäusemörder?«, fragt sie und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
»Das war noch das Harmloseste«, sage ich. »Ich mache mit meinem zulassenden Verhalten Mäusekinder zu Waisen. Ich frevle gegen die Natur. Ich hetze meinen Hund in ein Verhaltensmuster, das sich jeden Moment gegen mich kehren kann. Dann richtet sich die hundliche Aggression gegen meine eigenen Kinder.«
»So Sachen schreiben die da?«, fragt Stella.
»Ja«, sage ich und rolle eine Leine zusammen. »Manche schon. Das ist praktizierter Tierschutz.«
Vor mir stehen drei leere Hundekisten. Deren Inhalte liegen ausgebreitet auf dem Tisch. Ich sortiere Hundebälle. Tennisbälle, Moosgummibälle, Hartgummibälle mit und ohne Tampen, zerfetzte Feder- und Volleybälle. Die Leinen kommen in die zweite Kiste. Die Flexi, die Fünfzehn-Meter-Schlepp, die Fünf-Meter-Schlepp, die Ein-Meter-Führleine, die Zwei-Meter-Leine. Obendrauf Beißwürste, Zerrtaue und abgeschnittene Hosenbeine sowie das kleine Kistchen mit Klickerzubehör und Fliegenpatsche. Die Leckerchenbox und der große Stapel Hundebücher finden in der dritten Kiste Platz, wo schon die gefalteten Hundehandtücher liegen. Neoprenschuh und rosa Socke stopfe ich an die Seite.
»Ich habe jetzt sogar einen Krause getroffen, der bietet Besitzern von widerspenstigen Hunden etwas ganz Neues an«, sage ich.
Stella rammt den Spaten ins Beet und schaut mich misstrauisch an.
»Was soll das sein?«
»Bioresonanz-Telepathie oder so«, sage ich.
»Du hast dich da aber nicht angemeldet, oder?«
»Nein«, sage ich und blicke auf die zufrieden in der Sonne schnurrende Krawallmaus. »Ich haue den ganzen Krause-Kram in die Tonne und entwickle meine eigenen Methoden. Und wenn sie funktionieren, behaupte ich wie alle anderen, sie seien die einzig wahren.«
»Damit kann man Geld verdienen«, sagt Stella.
»Aber hallo!«, sage ich.
Ich staple die drei brechend vollen Kisten übereinander,
klemme sie mühsam zwischen Arme und Kinn und taste mich ins Haus zurück. Bei der Gelegenheit trete ich Luna aus Versehen volle Lotte auf den Schwanz.
»Rutenmörder!«, ruft mir Stella hinterher. »Das petze ich morgen dem Forum!«
Das Leck-mich-Prinzip
In dem ich eigene Erziehungsansätze entwickle,
die alles Dagewesene in den Schatten stellen,
aber den Nachteil haben, dass sie nur in der Sahara
funktionieren oder mich auf lange Sicht
zum Grappaholic machen. Am Ende ist mir alles wurscht.
Und siehe da...
Jaulen und Maulen in der Provence
Die Provence hat etwas Beruhigendes. Die Uhren ticken leiser. Die Felder duften lauter. Luna heißt La Lune und les garçons jaulen französisch. Also nix wie hin!
Ich nutze unseren Campingurlaub am türkisblauen, im Hinterland von Marseille gelegenen Lac de Sainte-Croix, um eine neue Erziehungsmethode für aufmüpfige Hunde zu entwickeln. Sie wird Methodisch Agierendes Temperatur-System M.A.T.S. heißen – jawohl, ich habe meine Hausaufgaben gemacht – und auf folgender These basieren: Bei durchschnittlich dreißig Grad im Schatten bleiben selbst leicht erregbare Hundedamen auf dem Teppich und können am kleinen Finger geführt werden.
Dieser These liegt eine Formel zugrunde, die es im Urlaub zu beweisen gilt.
Sie lautet: schlapper Hund gleich braver Hund.
Das Experiment beginnt am 1. Juli.
Alle Beteiligten sind gespannt.
Sainte-Croix-du-Verdon / 1. Juli / 17:38 / 31,5° C / Erste Trends zeichnen sich ab
Madame geht bei Fuß , obwohl kein Mensch Fuß gesagt hat. Das japsende Ziehen an der Leine wird – vor allem bergauf
– durch ein missmutiges Hinterhertrotten ersetzt. Ob sie kräftezehrend loskrakeelt, nur weil eine andere Hündin im Dorf ist, überlegt sie sich zweimal und lässt es dann. Auf dem Campingplatz hebt sie angesichts heftigster Provokationen maximal ein
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