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Herren des Wetens

Herren des Wetens

Titel: Herren des Wetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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rannen über ihre Wangen. Mit einem wimmernden Schrei drehte sie sich um und stolperte blindlings, mit ausgestreckten Armen auf Polgara zu. »O Lady Polgara«, rief sie verzweifelt.
    Ruhig schloß Polgara die schluchzende kleine Königin in die Ar-me und drückte sie an sich. Sie blickte jedoch dabei in Botschafts Gesicht und hob fragend eine Braue. Botschaft erwiderte ihren Blick und nickte beruhigend.
    »Nun«, sagte Belgarath, den Ce'Nedras überraschendes Weinen verlegen machte. Er kratzte seinen Bart und schaute sich auf dem Innenhof um und zur breiten Granittreppe, die zur schweren Eingangstür führte. »Hast du was zu trinken, Junge?« fragte er Garion.
    Polgara, immer noch mit den Armen um die weinende Ce'Nedra, bedachte ihn mit einem strafenden Blick. »Ist es dafür nicht etwas früh, Vater?«
    »Oh, das finde ich nicht«, entgegnete er milde. »Bier beruhigt den Magen nach einer Schiffsreise.«
    »Du hast immer eine Ausrede parat, nicht wahr?«
    »Nun, gewöhnlich fällt mir jedenfalls eine ein.«
    Botschaft verbrachte den Nachmittag auf dem Übungsplatz hinter dem Marstall. Der dunkle Fuchs war eigentlich kein Fohlen mehr, sondern inzwischen bereits ein ausgewachsener Hengst. Sein Fell glänzte, und die Muskeln hoben sich geschmeidig darunter ab, während er in einem weiten Kreis um den Platz rannte. Der einsame weiße Fleck auf seiner Schulter sah fast aus, als glühe er in dem strahlenden Sonnenschein.
    Irgendwie hatte das Pferd gewußt, daß Botschaft kommen würde, und war den ganzen Vormittag unruhig gewesen. Der Stallbursche warnte Botschaft deshalb. »Sei vorsichtig. Aus irgendeinem Grund ist er heute unberechenbar.«
    »Jetzt wird er sich gleich beruhigen«, versicherte Botschaft ihm überzeugt und zog den Riegel der Tür zur Box zurück.
    »Ich würde nicht in seine Nähe…«, begann der Stallbursche scharf und streckte schon halb den Arm aus, um den Jungen zurückzuhalten. Doch Botschaft war schneller und stand bereits in der Box bei dem erregten Tier. Das Pferd schnaubte kurz und tänzelte nervös, daß seine Hufe auf den strohbedeckten Boden trommelten. Dann hielt es inne und verhielt sich ganz still, bis Botschaft die Hand aus-streckte und den gesenkten Hals berührte. Danach war alles gut zwischen ihnen. Botschaft öffnete die Boxtür weiter und führte den Hengst, der zufrieden seine Schulter stupste, an dem verblüfften Stallburschen vorbei ins Freie.
    Im Augenblick genügte es den beiden, bloß beisammenzusein, das Band zwischen ihnen zu spüren, das seltsamerweise schon bestanden hatte, noch ehe sie sich begegnet, und auf ungewöhnliche Weise sogar, bevor die zwei geboren waren. Später würde noch mehr sein, doch fürs erste genügte das.
    Als das Purpur des Abends sich den östlichen Horizont empor-stahl, fütterte Botschaft den Hengst und versprach ihm, am nächsten Tag wiederzukommen. Dann kehrte er in die Zitadelle zurück und suchte seine Freunde. Er fand sie in dem niedrigen Speisesaal, der kleiner als die riesige Banketthalle war und weniger förmlich. Er kam einem gemütlichen Gemach so nahe, wie es für irgendeinen Raum in dieser düsteren Festung überhaupt möglich war.
    »Hattest du einen schönen Nachmittag?« fragte Polgara.
    Botschaft nickte.
    »Und hat das Pferd sich gefreut, dich wiederzusehen?«
    »Ja.«
    »Und jetzt bist du hungrig, nehme ich an.«
    »Nun – ein wenig.« Er schaute sich um und bemerkte, daß die Rivanische Königin nicht anwesend war. »Wo ist Ce'Nedra?« erkundigte er sich.
    »Sie ist ein bißchen müde. Sie und ich hatten ein langes Gespräch heute nachmittag.«
    Botschaft blickte sie an und verstand. Dann sah er sich noch einmal um. »Ich glaube, ich habe doch mehr Hunger, als ich dachte«, gestand er ihr.
    Sie lachte warm und voll Zuneigung. »Alle Jungen sind gleich.«
    »Hättest du uns lieber anders?« erkundigte sich Garion.
    »Nein. Ich glaube nicht.«
    Schon früh am nächsten Morgen saßen Polgara und Botschaft vor dem Feuer in dem Gemach, das schon immer für sie reserviert war.
    Polgara saß auf einem hochlehnigen Stuhl und hatte eine Tasse aromatischen Tee neben sich auf einem Beistelltisch stehen. Sie trug einen Morgenmantel aus tiefblauem Samt und hielt einen großen Elfenbeinkamm in der Hand. Botschaft kauerte auf einem teppichbezogenen Schemel vor ihr und ließ einen Teil des Morgenrituals über sich ergehen. Gesicht-, Ohren- und Halswaschen dauerte nie lange, aber aus irgendeinem Grund brauchte Polgara zum Kämmen seines Haares

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