Herrentier
Dann haben wir einen Blick in seinen Wagen geworfen. Bingo.«
»Aber das macht ihn doch noch lange nicht zum Mörder.« Gregor merkte, wie er wieder begann wütend zu werden.
»Hätte ich auch nicht gedacht. Aber alles spricht gegen ihn. Er hat Evelyn Hammer beobachtet und ziemlich indiskret im Schlaf fotografiert.«
Das Bild aus dem Erpresserbrief, den Jeannette ihm gezeigt hatte, durchfuhr es Gregor.
Grieshaber redete ungerührt weiter. »Er hat Bilder von dem toten Affen, offensichtlich gleich nach der Tat geschossen.«
Gregor zog es den Hals zusammen.
»Axel«, er musste sich räuspern. »Die Bilder von dem Affen habe ich auch.«
»Das wissen wir.« Grieshaber winkte ab. »Uns wurde anonym ein Foto zugespielt, auf dem du so etwas wie einen Umschlag vom kaputten Zaun im Barnstorfer Wald rupfst. Es besteht der Verdacht, dass Bernd Fühmann es geschossen hat.«
»Der Täter hat mich per Mail zum Zaun gelotst«, stammelte Gregor.
»Und der Absender der Mail war natürlich unbekannt, oder? Ich bitte dich, mach die Augen auf.«
Gregor schlug die Hände vors Gesicht. Das konnte alles nicht wahr sein. Bernd ein Killer und vermutlich auch noch Psychopath. Mit ihm hatte er Seite an Seite auf Pressekonferenzen und in Veranstaltungen gesessen. Unglaublich.
»Stiefel, Handschuhe, Seile und einen ziemlich mitgenommenen Arbeitsanzug haben wir auch noch bei ihm gefunden. Das wird gerade alles untersucht«, sagte Grieshaber und lehnte sich im Schreibtischsessel zurück.
»Ein blauer Anzug?«, fragte Gregor schwach.
»Blau, ja. Wieso?«
Gregor antwortete nicht. Er stand auf und ging zur Tür. Grieshaber kam hinterm Schreibtisch hervor und begleitete ihn.
»Muss ich noch mal zu deinen beiden Polizeiobermeistern?«
»Vielleicht. Ich hoffe nicht. Es sei denn, du bist doch der Täter.« Grieshaber lachte. »Weißt du, wie wir die beiden nennen? Robert Plant und Jimmy Page. Ich weiß nur nicht, wer wer ist.« Grieshaber prustete los.
»Plant und Page? Wer soll das sein?«, fragte Gregor.
»Ach, dafür bist du wohl zu jung. Led Zeppelin. Nie gehört?«
Grieshaber begleitete Gregor zur Tür seines Büros und wollte ihn auf dem Flur verabschieden. Da krachte die automatische Glastür und ließ ihre gläsernen Flügel geräuschvoll auseinander fahren. Behnke und Schwarz erschienen und gingen murmelnd den Gang entlang.
»Wenn man vom Teufel spricht«, sagte Grieshaber
In das Geräusch ihrer Schuhe auf dem Linoleum mischten sich Gitarrenklänge. Lagerfeuerromantik, dachte Gregor.
» Stairway to Heaven «, wusste Grieshaber.
Schwarz und Behnke zogen ihre Mobiltelefone hervor. Beide Geräte klingelten und beide spielten die gleiche Melodie. Sie nahmen die Anrufe an. Ihre Mienen verfinsterten sich schlagartig. Beide hörten stumm zu, dann legten sie auf und sahen Grieshaber an. »Es gibt einen neuen Toten«, sagte Schwarz. »Wir haben den Falschen«, schimpfte Behnke. Dann machten sie auf dem Absatz kehrt und liefen unerwartet flink den Flur entlang, bis sie hinter der Glastür verschwanden.
Grieshaber sah ihnen hinterher und zuckte die Schultern.
»Das war übrigens Led Zeppelin. Kennst du, oder?«
»Aber nur diesen einen Titel«, antwortete Gregor. »Axel, wir müssen den beiden hinterher.«
Slip
»Axel, wir müssen hinterher«, wiederholte Gregor, als er Grieshabers verständnisloses Gesicht sah.
»Ausgeschlossen«, sagte der Polizeisprecher. »Ich darf dich überhaupt nicht mitnehmen. Außerdem hab ich jetzt Feierabend.«
»Kannst du nicht eine Ausnahme machen? So dicht war ich noch nie an einer Story dran.« Gregor bettelte.
Grieshaber überlegte. Plötzlich schlug er seine Bürotür zu, schloss eilig ab und lief los. »Komm«, rief er Gregor zu. Sie polterten die Treppen hinunter. »Privat darf ich dich mitnehmen.«
Unten auf dem betongrauen Innenhof sahen sie, wie Schwarz und Behnke in zwei Wagen stiegen und die Motoren anließen. Grieshaber öffnete seinen Mazda, sie sprangen hinein, während die Hauptkommissare schon auf den Schlagbaum zusteuerten, der den Hof von der Bahnhofstraße trennte. Beide hatten ein Blaulicht auf die Dächer ihrer Wagen gesetzt, fuhren hochtourig die Bahnhofstraße bergauf und bretterten auf die Richard-Wagner-Straße. Einer nach links, einer nach rechts.
»Was jetzt?«, fragte Grieshaber. »Wem wollen wir folgen, Page oder Plant?«
»Page!«
»Und wer ist jetzt Page?«, fragte Grieshaber und blieb unschlüssig mitten auf der Richard-Wagner-Straße stehen. Rechts und
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