Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrentier

Herrentier

Titel: Herrentier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Joseph
Vom Netzwerk:
musste an die Ärzte im Krankenhaus denken, die am Fußende ihres Bettes ähnlich vage Formulierungen gebraucht hatten.
    »Wie läuft das genau ab?«, fragte Jeanette, scheinbar ehrlich interessiert.
    Dem Geologen war seine Unlust anzumerken. Hörbar einatmend tippte er mit Daumen und Zeigefinger an seinen weißen Bauarbeiterhelm. Monoton, wie eine tausendfach wiederholte Belehrung, leierte er seinen Antworttext herunter. »Wir bringen zunächst 80-mm-Sonden lotrecht am Ansatzpunkt in den Boden ein. Dazu benutzen wir das Schlaggerät da vorn. Die ein bis zwei Meter langen Röhren haben an der Seite einen Schlitz, durch den wir den Bodenaufbau erkennen und dokumentieren können. Ich kenne das Gelände hier auf der Ecke ganz gut. Das sollte keine großen Probleme geben. Es sei denn …«, nun machte er eine bedeutungsvolle Pause und kratzte sich am Kinn. »Es sein denn, wir finden eine alte Bombe, dann wird es in der Tropenhalle da drüben richtig heiß.«
    Der Lärm eines Bohrhammers unterbrach sie, was die beiden Frauen nutzten, um sich mit einigen Handzeichen zu verabschieden.
    Als Jeanette die Tür zum Verwaltungsgebäude öffnete, klingelte ihr Mobiltelefon.
    »Albrecht, hallo?«
    Als sie das Handy sinken ließ, sah sie Evelyn irritiert an, deren Herz in dunkler Vorahnung anfing zu rasen.
    »Wir müssen zurück«, sagte Jeanette leise.
    Auf dem Boden waren fünf Stahlrohre aufgereiht, wie frisch erlegte Hasen nach der Jagd. Die zwei Männer standen davor und schlürften Kaffee. Es roch nach frisch aufgebrochener Erde. Dr. Hölzenbein zeigte auf die erste der Sonden.
    »Sie haben da vielleicht mehr Ahnung, meine Damen, da ich kein Biologe bin, aber hier auf 90er-Tiefe und hier bei ein Meter zehn, das sieht mir ganz so aus, als hätten wir einen Knochenfund.«
    Er zog einen bleistiftdicken Regenwurm aus der Bodenprobe und warf ihn ins Gebüsch.
    »Also Holz ist das auf jeden Fall nicht, sondern ziemlich sicher Knochen und bestimmt nicht vom Goldhamster. Das ist Fakt.«
    Die Frauen starrten auf die Sonden wie auf ein frisches Grab. Hölzenbein zog die Brauen kraus.
    »Wenn Sie Glück haben, hat hier einer seinen Hund vergraben«, sagte er.
    Jeanette räusperte sich. »Und was bedeutet das jetzt?«
    »Im Zweifel sollten Sie die Polizei rufen. Ansonsten sehen Sie spätestens beim Fundament ausheben, wer oder was da unten liegt.« Er verzog sein Gesicht.
    »Wir packen jetzt. In einer halben Stunde ist unser nächster Termin in Warnemünde. Die Proben nehmen wir mit und schicken Ihnen innerhalb der nächsten Woche das Gutachten.«
    Nach diesen Worten räumten die Geologen ihre Sachen zusammen und verluden alles auf den Pickup. Jeanette und Evelyn standen wie angewurzelt vor der Bohrungsstelle.
    »Hab ich etwas verpasst?« Ganz aus der Puste stieg Gregor vom Fahrrad. »Oh Gott, hier sind wir als Kinder mit nachgebauten BMX-Rädern langgeheizt.« Er blickte sich um, wie auf einem Gipfel stehend. »Da drüben waren die Panzerberge«, sagte er mit einem sehnsüchtigen Seufzer. Endlich bemerkte er die finsteren Minen der Frauen. »Oh, habe ich irgendetwas Falsches gesagt?«
    Evelyn schürzte die Lippen, dann atmete sie tief ein. »Es gibt mal wieder ein Problem, Herr Simon, und offen gestanden könnte ich kotzen.« Mit ihrer Hand schlug sie gegen hoch stehende Gräser. »Mir schwant nichts Gutes. Es ist wie verflucht«, fuhr sie fort.
    Gregor ließ den Seitenständer seines Rades herausschnellen. Das federnde Geräusch klang unpassend. Er suchte nach Auffälligkeiten, konnte aber nichts anderes entdecken als ein paar Fahrzeugspuren.
    »Ich sehe nichts. Was ist passiert?«, fragte er.
    »Die Bodengutachter haben mit ihrer blöden 80-mm-Sonde Knochenstücke nach oben befördert. Keine Ahnung, ob von einem Menschen oder nicht. Tatsache ist, dass uns das wieder eine Menge Zeit und Geld kosten könnte.«
    »Na, das fehlte ja noch«, sagte Gregor entrüstet. Er sah in das Bohrloch, das nicht viel größer als ein Fußabdruck war.
    Evelyn seufzte und ging ein paar Schritte. »Genau, ich weiß nicht, wovor ich mehr Angst haben soll: vor einer Leiche, die da erst seit letzter Woche drin liegt, oder einer, die die Archäologen auf den Plan ruft.«
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Jeanette in die Runde.
    »Jedenfalls rufen wir nicht die Polizei. Wenn da einer Küchenreste oder seine Dogge eingegraben hat, dann haben wir unnütz Alarm gemacht. Wir holen zwei Spaten und gucken nach. Jeanette, du besetzt in der Zwischenzeit am besten

Weitere Kostenlose Bücher