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Herrentier

Herrentier

Titel: Herrentier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Joseph
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geführt wegen angeblicher Vorteilsnahme. Jetzt rate mal, um welche Firma es damals ging.«
    » ImmoEvent? «
    »Richtig. Gertrud Landgräfe hatte eine Villa samt Grundstück in Warnemünde gekauft. Mit Meerblick. Angeblich zum Preis eines ganz normalen Einfamilienhauses, also sozusagen hinterhergeworfen für eine Lage fast am Strand. Aber es konnte nichts bewiesen werden, auch wenn eigentlich alles eindeutig war.«
    »Und das Verfahren wurde eingestellt?«
    »Genau. Ich habe mal auf der Homepage der Firma nachgesehen, aber ich kenne keinen Einzigen von denen, die da arbeiten. Na gut, einen kenne ich.«
    »Wen denn?«
    »Bernd Fühmann. Mein Ex-Kollege. Der kreuzte heute Vormittag bei uns auf.«
    »Die lassen einen Journalisten für sich arbeiten?«
    »Bernd bekommt hier als Journalist keinen Fuß mehr auf den Boden. Die haben ihn als Verkäufer oder Vermittler oder Mädchen für alles angestellt. Das hat er zumindest erzählt.«
    »Ich habe noch etwas herausgefunden«, sagte Jeanette. »Hast du schon mal etwas von der  Wayback Machine  gehört?«
    »Nein. Klingt nach Zeitreise.«
    »Richtig. Allerdings nur im Internet«, sagte Jeanette. »Es heißt immer, im Netz ist alles furchtbar schnelllebig und flüchtig. Stimmt ja auch, aber Spuren hinterlässt man eben doch. Egal wie gründlich gelöscht wird, der einmal eingeprägte Fingerabdruck bleibt immer da, sozusagen.«
    »Und wessen Fingerabdruck bist du auf deiner Zeitreise begegnet?«
    »Ich habe die fünf Jahre alten Internetseiten von  ImmoEvent  aufgerufen. Rate mal, wer damals Prokurist war: Henning Schwarck.«
    »Daher wusste er auch ziemlich genau, wie viel Geld im Zoo zu holen war«, sagte Gregor. »Und er konnte fest damit rechnen, dass ihr die Erpressung geheim halten musstet.«
    »Also mir war das nicht klar«, sagte Jeanette. Sie rieb sich das Kinn und blickte übers dunkle Wasser. »Aber Evelyn war es offenbar bewusst.«
    Gregor drehte Jeanette sanft an den Schu›tern zu sich.‹»Von wegen: ‚Nichts Großes’. Das ist sehr wichtig, was du da herausgefunden hast«, sagte er. »Ich bin beeindruckt. Warum arbeitest du eigentlich nicht für die Zeitung?«
    »Oder für die Polizei«, sagte Jeanette und rückte etwas näher an Gregor heran. »Mir ist kalt.«
    Es begann zu regnen, der Besucherstrom war abgeebbt, Jeanette und Gregor waren mit einem Mal so gut wie allein. Jeanette sah Gregor an. Dessen Herz schlug, und da war auch wieder dieses wohlige Ziehen im Unterleib. Zu Hause erwartete ihn eine leere Wohnung.
    »Wir könnten …«, begann Gregor.
    Jeanette zuckte die Schultern. »Sag du es. Ich sage ja.«
    Gregor legte unentschlossen den Arm um Jeanettes Schulter. Seine Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Bisher war er immer stolz drauf gewesen, allen Versuchungen widerstanden zu haben. Wobei es, bei Lichte besehen, selten Versuchungen gegeben hatte. Gregor beschloss, sich an Madeleine zu rächen.
    »Wo wohnst du eigentlich?«
    »Komm mit, ich zeig es dir«, hauchte Jeanette.

Goldkern

    Dr. Urs Hölzenbein war mit seiner roten Outdoorjacke schon aus gut hundert Metern zu erkennen. Den Kopf gesenkt, schritt er ein Stück Waldboden ab. Hier und da schob der promovierte Geologe mit seinen Gummistiefeln Laub zur Seite, während sein Kollege sich an Gerätschaften zu schaffen machte, die auf der Ladefläche des dunkelgrünen Ford-Pickups angebracht waren.
    »Bin ich zu empfindlich oder ist 7.00 Uhr zu früh für den ersten Termin?« Evelyns warmer Atem stieß kleine Wölkchen in die kühle Morgenluft.
    »So kurzfristig war kein anderer Termin zu bekommen, tut mir leid«, entgegnete Jeanette, die sich ihre Kapuze übergezogen hatte.
    »Das war kein Vorwurf, ich bin nur echt noch müde. Gestern ist es lang geworden mit Kramer.«
    »Bei mir auch.« Jeanette reckte sich. »Guten Morgen Dr. Hölzenbein!« rief sie fröhlich und raunte Evelyn zu: »Es gibt aber auch Namen, die möchte man nicht geschenkt haben.«
    Sie kicherten. Doch als sie die beiden Bodensachverständigen erreichten, strahlten sie die Herren an, als wären sie der leibhaftige Sonnenaufgang. Hölzenbein nippte von einem verchromten Thermosbecher, ehe er ohne Augenkontakt den Gruß erwiderte. Sein jüngerer Kollege hob aus einiger Entfernung kurz einen Zeigefinger.
    Sie hielten sich nicht lange mit Smalltalk auf. »Wir haben hier eine gute Stelle gefunden, wo wir jetzt eine Rammkernsondierung vornehmen werden. Schätze so acht bis zehn Meter. Mal sehen, wie weit wir kommen.« Evelyn

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