Herrin der Stürme
den Schultern und stieß sie mit aller Kraft fort. Er hörte seine eigene Stimme, hart und kalt, als gehörte sie jemand anderem, sagen: »Erwartest du immer noch, daß ich dir glaube, sie hätten dich nicht mit Aphrodisiaka aufgeputscht?«
Cassandras Körper wurde starr, Tränen des Zorns und der Demütigung schossen ihr in die Augen. Wie nie zuvor im Leben wollte er sie wieder an sich ziehen und an sein Herz drücken.
»Vergib mir«, bat er. »Versuch doch zu verstehen. Ich kämpfe darum … einen Weg aus der Falle zu finden, in die man uns geführt hat. Weißt du nicht, was ich gesehen habe? Alle Straßen führen dorthin, scheint es – daß ich tue, was von mir erwartet wird: Daß ich Monster zeugen muß, Kinder, die vom Laran schlimmer gequält werden als ich, die sterben, wie mein jüngerer Bruder, oder, noch schlimmer, leben werden, um uns dafür zu verfluchen, daß sie je geboren wurden. Und weißt du, was ich für dich am Ende einer jeden Straße sehe, mein armes Mädchen? Deinen Tod, Cassandra, deinen Tod bei der Geburt meines Kindes.« Ihr Gesicht war weiß, als sie flüsterte: »Zwei meiner Schwestern sind so gestorben.«
»Doch du fragst dich warum. Ich stoße dich nicht zurück, Cassandra. Ich versuche, das schreckliche Schicksal zu vermeiden, das ich für uns beide gesehen habe. Gott weiß, es wäre leicht genug… An den meisten Linien meiner Zukunft sehe ich ihn, den Weg, der am einfachsten einzuschlagen wäre: Daß ich dich liebe, daß du mich liebst, daß wir Hand in Hand in diese schreckliche Tragödie schreiten, die die Zukunft für uns enthält. Eine Tragödie für dich, Cassandra. Und für mich. Ich …« Allart schluckte, versuchte, seine Stimme zu bändigen. »Ich will nicht die Schuld an deinem Tod auf mich laden.«
Sie begann zu schluchzen. Allart wagte nicht, sie zu berühren; er schaute auf sie hinab, sein Herz zog sich zusammen. »Versuche, nicht zu weinen«, sagte er mit rauher Stimme. »Ich kann es nicht ertragen. Die Versuchung, das Einfachste zu tun und darauf zu vertrauen, daß das Glück uns hindurchführt, ist immer da; oder, wenn alles scheitert, zu sagen: ›Es ist unser Los, und kein Mensch kann gegen das Schicksal ankämpfen.‹ Denn es gibt andere Wahlmöglichkeiten. Du könntest unfruchtbar sein, eine Geburt überleben, unser Kind könnte dem Fluch unseres vereinigten Laran entrinnen. Es gibt so viele Möglichkeiten, so viele Versuchungen! Und ich habe mich entschlossen, daß diese Ehe keine sein soll, bis ich meinen Weg deutlich vor mir sehe. Ich bitte dich, dem zuzustimmen.«
»Es scheint, daß ich keine Wahl habe«, sagte sie und blickte betrübt zu ihm auf. »Aber es gibt in unserer Welt auch kein Glück für eine Frau, die nicht das Wohlgefallen ihres Mannes findet. Meine Tanten und Cousinen werden mir keine Ruhe lassen, bis ich schwanger bin. Auch sie haben Laran, und wenn diese Ehe nicht vollzogen wird, werden sie es früher oder später erfahren, und wir werden die gleichen Sorgen erleben, die wir vorausgesehen haben, hätten wir die Ehe zurückgewiesen. In jedem Fall, mein Gemahl, scheint es, daß wir das Wild sind, das in der Falle stecken bleibt oder in den Kochtopf wandern kann; jeder Weg bedeutet Verderben.«
Beruhigt von der Ernsthaftigkeit, mit der sie über ihre mißliche Lage nachzudenken suchte, sagte Allart: »Ich habe einen Plan, falls du einwilligst, Cassandra. Die meisten unserer Verwandten machen, bevor sie mein Alter erreichen, ihren Dienst in einem Turm, wo sie ihr Laran in einem Matrix-Kreis einsetzen, der unseren Leuten Energie, Macht und ein gutes Leben gibt. Ich bin wegen meiner schwächlichen Gesundheit von dieser Pflicht entbunden worden, aber eigentlich sollte ich sie jetzt nachholen. Zudem ist das Leben am Hof nicht das beste für eine Frau, die …« Er drohte an den Worten zu ersticken. »Die schwanger sein könnte. Ich werde um die Erlaubnis bitten, dich mit zum Turm von Hali. zu nehmen, wo wir unseren Teil an der Arbeit des Matrix-Kreises beitragen werden. Auf diese Weise werden wir deinen Verwandten und meinem Bruder nicht begegnen und können fern von ihnen wohnen, ohne Gerede hervorzurufen. Vielleicht finden wir einen Ausweg aus diesem Dilemma, während wir dort sind.«
Cassandras Stimme klang unterwürfig. »Es soll sein, wie du wünschst. Aber unsere Verwandtschaft wird es merkwürdig finden, daß wir uns dazu während der ersten Tage unserer Ehe entschließen.«
»Mögen sie denken, was sie wollen«, gab Allart zurück. »Ich halte
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