Herrin der Stürme
möchtest, nehme ich dich jetzt, dann muß dein Vater erlauben, daß die Hochzeitszeremonie sofort stattfindet.«
Jetzt begann Dorilys vorsichtig zu werden. Sie entzog ihm den Mund, trat einen Schritt zurück und begann sich, wie durch einen geistigen Nebel, zu fragen, warum sie überhaupt allein mit ihm hinausgegangen war. Sie war immer noch unschuldig genug, um nicht ganz sicher zu sein, was er von ihr wollte, aber sie wußte, daß es das war, was sie nicht tun durfte, und – was noch schwerer wog – er wirklich nicht verlangen sollte. Während sie mit zitternden Händen versuchte, ihr Mieder zuzuschnüren, sagte sie: »Mein Vater – Margali sagt, ich sei noch nicht alt genug, um zu heiraten.«
»Ach, die Leronis. Was weiß eine alte Jungfer von Liebe und Ehe?« wandte Darren ein. »Komm und küß mich, meine kleine Geliebte. Nein, bleib ruhig in meinen Armen. Laß mich dich noch einmal küssen …« Sie spürte die Bestimmtheit, die in seinem Kuß lag, jetzt auf erschrekkende Weise. Sein Gesicht war das Gesicht eines Fremden, aufgedunsen, dunkel vor Entschlossenheit, und seine Hände nicht mehr sanft, sondern stark und fordernd.
»Darren, laß mich los«, bat sie. »Wirklich, wirklich, das darfst du nicht!« Ihre Stimme zitterte vor Angst. »Mein Vater wird es nicht mögen. Ich bitte dich, Cousin!« Sie stieß ihn fort, aber sie war ein Kind und noch halb betrunken, und Darren ein erwachsener Mann, nüchtern und eiskalt. Ihr trübes Laran erfaßte seine Entschlossenheit, seine Absicht und den dahinterliegenden Anflug von Grausamkeit.
»Nein, wehr dich nicht gegen mich«, murmelte er. »Wenn es vorbei ist, wird dein Vater nur zu froh sein, dich mir sofort zu geben. Es wird dir nicht mißfallen; nicht wahr, meine Kleine, meine Schöne? Hier, ich halte dich fest.«
Dorilys begann sich in plötzlichem Schrecken zu wehren. »Laß mich los, Darren! Laß mich los! Mein Vater wird sehr wütend sein; Donal wird wütend auf dich sein. Laß mich los, Darren, oder ich schreie um Hilfe!«
Sie sah in seinen Augen plötzlich Furcht und öffnete den Mund, um ihre Drohung wahrzumachen. Darren erkannte ihre Absicht sofort, und seine Hand legte sich fest und entschlossen über ihren Mund und dämpfte den Schrei, indem er sie enger an sich zog. Die Angst machte in Dorilys plötzlicher Wut Platz. Wie kann er es wagen! In zunehmender Erregung streckte sie ihre Kräfte aus, (so wie sie es als Kleinkind schon getan hatte, wenn jemand sie gegen ihren Willen berührte) und schlug zu …
Darrens Hände ließen sie los. Er stieß einen gedämpften Schmerzensschrei aus. »Oh, du kleiner Teufel, wie kannst du es wagen!« Er holte aus und schlug ihr so heftig auf die Wange, daß sie fast ohnmächtig wurde. »Das macht keine Frau der Welt mit mir! Du bist nicht unwillig; du willst nur umworben und umschmeichelt werden! Das ist jetzt vorbei. Dafür ist es zu spät!«
Als sie zu Boden fiel, kniete er sofort neben ihr nieder und zerrte an ihren Kleidern. Dorilys, in wildem Zorn und voll Entsetzen, schlug erneut zu, hörte das Krachen des Donners durch ihren eigenen Aufschrei und sah das gleißende Licht, das Darren traf. Mit verzerrtem Gesicht rollte er zurück und fiel schwerfällig über sie. Erschreckt stieß sie ihn fort und rappelte sich auf, keuchend, erschöpft. Darren lag bewußtlos am Boden, ohne eine Bewegung. Nie, noch nie hatte sie so fest zugeschlagen, … Oh, was habe ich getan!
»Darren«, flehte sie, während sie neben der bewegungslosen Gestalt kauerte, »Darren, steh auf! Ich wollte dich nicht verletzen, du darfst nur nicht so grob mit mir umgehen! Das mag ich nicht. Darren! Darren! Habe ich dich wirklich verletzt? Cousin, sprich mit mir!« Aber er war stumm, und in plötzlichem Entsetzen und ohne einen Gedanken an ihr zerzaustes Haar und das zerrissene Kleid zu verschwenden, rannte sie auf die Tür zum Ballsaal zu.
Donal! war ihr einziger Gedanke. Donal wird wissen, was zu tun ist! Ich muß ihn finden!
Donal war durch den Angstschrei seiner Schwester aufgeschreckt worden. Er hatte in seinem Kopf widergehallt, obwohl er im Ballsaal nicht zu hören gewesen war. Mit einer hastigen Entschuldigung an die Freunde seines Großvaters, die mit ihm sprechen wollten, hatte er sich von ihnen gelöst und befand sich nun, geführt von Dorilys’ lautlosem Schrei, auf der Suche.
Dieser Bastard Darren! Er öffnete die Balkontür, und Dorilys fiel mit aufgelöstem Haar und dem am Hals geöffneten Kleid in seine Arme. »Dorilys! Chiya, was
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