Herrin der Stürme
Cassandra geht es nicht gut. Sie hütet das Bett. Ich werde ihr deine Empfehlungen übermitteln.«
»Tu das auf jeden Fall«, sagte Damon-Rafael, »obwohl, wie ich annehme, es keinen Grund gibt, Glückwünsche auszusprechen, seit du dich entschieden hast, mit ihr im Turm zu wohnen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie schon dein Kind trägt.«
Jetzt noch nicht, und vielleicht auch nie … Erneut spürte Allart den Ansturm der Hoffnungslosigkeit. Laut sagte er: »Nein, wir hatten bisher dieses Glück noch nicht.« Damon-Rafael konnte weder vom wirklichen Zustand ihrer Beziehungen noch von ihrem gemeinsamen Gelöbnis und den Umständen, unter denen es gebrochen worden war, etwas wissen. Er hatte nur auf den Busch geklopft. Zwar war es unsinnig, Zorn auf die Boshaftigkeit seines Bruders zu verschwenden, aber Allart war dennoch wütend.
Und er war immer noch gebunden, ihm als dem Großfürsten von Elhalyn zu gehorchen. Wenn die Nordmänner aus den Hellers in diesen Krieg eingriffen, würde es Zerstörung und Verderben geben. Ich sollte dankbar sein, dachte er, daß die Götter mir einen so ehrenwerten Weg gewiesen haben, in diesem Krieg zu dienen. Wenn ich die Aldarans zur Neutralität überreden kann, werde ich in der Tat zum Wohl aller Vasallen von Hastur beitragen.
Als Damon-Rafael sich zum Abschied erhob, sagte Allart: »Ich danke dir aufrichtig, Bruder, daß du mir diese Mission anvertraut hast.« Seine Worte kamen aus einem so vollen Herzen, daß Damon-Rafael ihn überrascht anblickte.
Als er Allart zum Abschied umarmte, lag ein Hauch von Wärme in seiner Geste. Obwohl sie nie Freunde sein würden, waren sie sich in diesem Augenblick näher als seit Jahren, das gestand Allart sich betrübt ein – und näher, als sie es je wieder sein würden.
Am Abend wurde er wieder in die Fremdenhalle gerufen; diesmal, wie er annahm, um Damon-Rafaels Boten zu treffen, der die Sicherheitsvorschriften und Depeschen mitbrachte.
Coryn sprach ihn vor der Tür an.
»Allart, sprichst du die Sprache der Hellers?«
Allart nickte. Er fragte sich, ob Damon-Rafael Coryn ins Vertrauen gezogen hatte.
»Mikhail von Aldaran hat uns einen Boten gesandt«, sagte Coryn, »aber es ist ungewiß, ob er unsere Sprache beherrscht. Kommst du und sprichst mit ihm in seiner eigenen?«
»Mit Freuden«, sagte Allart und dachte: Also nicht Damon-Rafaels Agent, sondern Aldarans Kurier. Damon-Rafael sagte, seine Gedanken seien untersucht worden. Ich halte das für Unrecht, aber schließlich ist Krieg.
Als er zusammen mit Coryn die Fremdenhalle betrat, erkannte er das Gesicht des Kuriers. Sein Laran hatte es ihm immer wieder gezeigt, obwohl er nie gewußt hatte, warum. Es war ein jugendliches Gesicht mit dunklem Haar und ebensolchen Brauen, das ihn mit unbefangener Freundlichkeit anblickte. Allart begrüßte den Mann in der formellen Redeweise der Hellers. »Du erweist uns Ehre, Siarbinn«, sagte er, die besondere Betonung benutzend, die dem archaischen Wort die Bedeutung noch-unbekannter-Freund verlieh. »Wie kann ich dir dienen?« Der junge Mann stand auf und verbeugte sich. »Ich bin Donal Delleray, Pflegesohn und Friedensmann von Mikhail, Lord Aldaran. Ich überbringe seine Worte, nicht die meinen, den Vai Leroni des Hali-Turms.«
»Ich bin Allart Hastur von Elhalyn. Dies hier ist mein Cousin Coryn, Tenerézu von Hali. Sprich offen.«
Er dachte: Es ist sicher mehr als ein zufälliges Zusammentreffen, daß Aldaran im gleichen Moment, in dem mein Bruder seinen Plan ausarbeitet, einen Boten schickt. Oder hat er den Plan extra deswegen entwickelt, um die Ankunft des Boten auszunutzen? Die Götter mögen mir Kraft geben – ich sehe überall Komplotte und Intrigen!
Donal sagte: »Als erstes, Vai Domyn, bitte ich Euch, Lord Aldaran Verzeihung dafür zu gewähren, daß er mich an seiner Stelle schickte. Er hätte nicht gezögert, selbst als Bittsteller zu kommen, aber er ist alt und kaum in der Lage, die lange Reise zu bewältigen. Zudem kann ich schneller reiten als er. Eigentlich hatte ich vorgehabt, in einem AchtTage-Ritt hier anzukommen, aber ich scheine auf dem Weg einen Tag verloren zu haben.«
Damon-Rafael und seine verdammte Gedanken-Untersuchung. Allart schwieg. Er wartete darauf, daß Donal sein Anliegen vortrug. Coryn sagte: »Es ist uns eine Freude, Lord Aldaran gefällig zu sein. Was ist seine Bitte?«
»Lord Aldaran hat mir aufgetragen, zu berichten, daß seine Tochter, sein einzig lebendes Kind und Erbe, an einem Laran leidet, das bisher
Weitere Kostenlose Bücher