Indoor-Klettern
Einführung in das Indoor-Klettern
Mal ehrlich: Du hast eine Extremsportart erwartet, als du zum ersten Mal in eine Kletterhalle gingst – oder? Hast gedacht, dass sich an den Kletterwänden ausschließlich durchtrainierte Vorzeigeathleten tummeln, mindestens aber Leute, die sich scharf auf dem Weg dorthin befinden. Und dass sich im Minutentakt haarsträubende Szenen abspielen, in denen Helden ihre Stahlnerven beweisen.
Und dann findest du dich in einer irgendwie ganz anderen Welt wieder: Zwölfjährige Mädchen mit Spargelarmen klettern doppelt so alten Jungs mit Ballonbizepsen um die Ohren, Rentner drängeln sich ehrgeizig an hochmotivierten Jungs in Richtung Einstieg vorbei, und Eltern-Kind-Klettergruppen verheddern sich in Knotenübungen. Dazwischen: Ehepaare, Singles, Versicherungsangestellte, Hausfrauen und Schüler. Und dann dämmert dir vielleicht, dass Indoor-Klettern ein ganz normaler Breitensport ist.
Gut gesichert klettern
Der bunten Welt der Indoor-Kletterer entspricht die bunte Welt der künstlichen Kletteranlagen. Es gibt große und kleine Anlagen, Hallen mit und Hallen ohne Außenbereich, helle Klettertempel und dunkle Kellerlöcher, ganz moderne Anlagen und solche, denen man ihre Jahre schon deutlich ansieht. Zwei Dinge sind allerdings in allen Hallen gleich: Erstens besteht überall (außer in Boulderhallen) Absturzgefahr. Und zweitens gibt es einheitliche Sicherungstechniken, mit denen man sich und seinen Seilpartner wirkungsvoll vor Unfällen schützen kann. Diese Sicherungstechniken sind ein wesentlicher Teil des vorliegenden Buches.
Die DAV-Kletterscheine
Seit der Deutsche Alpenverein im Rahmen der Aktion »Sicher Klettern« die »DAV-Kletterscheine« eingeführt hat, wurden davon deutschlandweit 70 000 Exemplare verteilt. Er boomt, der DAV-Kletterschein. Das Gute daran? Nach wie vor ist qualifizierte Ausbildung, und daran ist die Scheinvergabe gekoppelt, der beste Garant für ein freudvolles, unfallfreies Kletterleben.
Der Kletterschein – ein Kletterführerschein? Nein! Mit dem DAV-Kletterschein verbindet sich eine Aktion zur Steigerung der Sicherheit in den künstlichen Kletteranlagen. Er hat keinerlei rechtliche Konsequenzen und keinen Lizenzcharakter, sondern ist vergleichbar mit Leistungsabzeichen anderer Verbände, z. B. dem bekannten Schwimmabzeichen »Fahrtenschwimmer«.
Kein Lehrbuch der Welt wird einen guten Kletterkurs ersetzen. Die Dinge müssen erspürt und im wahrsten Sinne begriffen werden. Hier sind Übung und Wiederholung gefragt: Erfahrungen kann man nur selbst sammeln. Das vorliegende Buch unterstützt diesen Lernprozess. Vielleicht eröffnet es weitere zu klärende Fragen oder gibt Antworten auf bisher unbeantwortete. Wie auch immer, es löst eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema »Sichern und Sicherheit« beim Klettern an Kunstwänden aus. Nur wer weiß,was er tut, und die Konsequenzen überschaut, kann Risiken bewusst reduzieren.
Kletterhalle verstehen
Als Klettereinsteiger betrittst du Neuland, wenn du in eine Kletterhalle gehst. Aber auch »alte Hasen« wissen oft nur, was in ihrer gewohnten Halle vor sich geht. Auch für sie könnten Teile der folgenden Ausführungen interessant sein.
Der Routenbau ist eine anstrengende und kreative Aufgabe.
Routenbau
Kletteranlagen stehen nicht still. Da nur eine begrenzte Kletterfläche zur Verfügung steht, werden immer wieder alte Routen entfernt und neue in die Wände geschraubt. Die Betreiber legen selbstständig und nach eigenen Kriterien fest, wie oft das geschieht. Vielfalt und Abwechslung entsteht also durch den ständigen Bau neuer Routen (und Boulder) beim sogenannten Umschrauben.
In der Regel besteht eine Route aus einer Abfolge gleichfarbiger Griffe und Tritte. Da es Griffe in allen erdenklichen Farben gibt, lassen sich an einer einzigen Sicherungslinie durchaus drei bis vier Routen übereinander schrauben.
Dabei unterscheiden sich die Routen nicht nur hinsichtlich ihrer Schwierigkeitsgrade, sondern insbesondere auch in ihren Architekturen: So kann die eine Route technisch anspruchsvoll und raffiniert sein, während die andere kräftig, aber leicht zu durchschauen ist. Wie die Routen letztendlich gestaltet sind, hängt vom jeweiligen Routenbauer ab. Leicht einzusehen, dass die Arbeit der Routenbauer den »Spirit« einer Halle maßgeblich beeinflusst. Unabhängig davon, wie kreativ die Routenbauer in deiner Halle sind: Je mehr aktive Routenbauer es gibt, umso mehr neue Routen entstehen, umso
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