Herrin des Blutes - Thriller
gesehen oder gehört.
Die meisten Komplizen des Meisters kamen nach unseren Recherchen bei den Vorgängen in dem alten Landsitz ums Leben. Zwei von ihnen gelten jedoch als vermisst, ihr momentaner Aufenthaltsort ist unbekannt: Giselle Burkhardt und eine Frau, die allgemein als Miss Wickman bezeichnet wird. Obwohl beide als äußerst gefährlich gelten – sie stehen seit Monaten auf der Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher des FBI – konnte der Herald in Erfahrung bringen, dass sich die Fahndung der Behörden auf Miss Wickman konzentrierte. Ihre Rolle im Haus des Blutes wird laut interner Informanten häufig mit der eines SS-Kommandanten in einem Konzentrationslager verglichen …
TEIL I:
DAS BLUT KOCHT
Kapitel 1
Fünf Monate später.
Das Blut war überall.
Die klebrige Flüssigkeit bedeckte Gesicht und Haare. Kleine warme Rinnsale tropften aus der klaffenden Wunde hinter seinem Ohr und der größeren auf seiner Schädeldecke. Der salzige Geschmack brannte im Mund. Dean wischte sich mit zitternder Hand zum wiederholten Male das Blut aus den Augen und starrte mit Unbehagen auf die leuchtend roten Flecken auf dem schmutzigen Holzboden des alten Gutshauses. Er hob seinen Kopf und entdeckte weitere Spuren auf der Wand neben sich: großflächig verschmierte, tiefrote Kleckse. Es sah aus, als hätte sich ein durchgeknallter Maler mit mehreren Dosen Farbe ausgetobt. Hier, draußen in der Eingangshalle und überall sonst. Selbst an der Eingangstür. Auch das Treppengeländer war mit einem rot schimmernden Film überzogen.
… überall Blut …
Sein Blut. Teilweise. Noch mehr davon in seinem Mund. Eine riesige Menge. Lisas Blut. Eine verdammte Scheißriesenmenge von Lisas Blut. Johns Blut. Debbie nicht zu vergessen. Ein paar der größten Fontänen waren aus dem Halsstummel der armen Dumpfbacke geschossen, als die wahnsinnige Alte ihr mit der Axt den Schädel abgeschlagen hatte.
Ein beißender Gestank aus vergossenem Blut und frischem, gewaltsamem Tod schwängerte die Luft, begleitet von einem unterschwelligen Aroma aus Urin und Kot. Der durchdringendste der Gerüche ging vermutlich von seinem eigenen Hosenboden aus.
So viel Blut.
So verdammt viel Blut.
Hier.
Um ihn herum.
Blut … überall.
Und dann, um dem Ganzen die absurde Krone aufzusetzen, hörte er plötzlich, wie das Gitarrenriff von AC/DCs If You Want Blood, You’ve Got It in seinem Kopf dröhnte. Er schloss die Augen, biss die Zähne zusammen und versuchte mit aller Macht, den Song aus seinen Gedanken zu verdrängen, aber er quälte ihn in einer Endlosschleife – immer wieder dasselbe erbarmungslose Riff, das ihn beinahe in den Wahnsinn trieb, genau wie die Stimme des toten Sängers im Refrain.
Noch einmal und noch einmal. Heilige Scheiße, wie verdammt abgefuckt war das denn bitte?
Blinzelnd öffnete er seine Augen und sah sich erneut mit dem Blutbad konfrontiert.
Er hörte Stimmen. Gedämpft. Er spitzte die Ohren. Sie schienen von draußen zu kommen. Dann war da unvermittelt ein wahnsinniges Lachen. Das Geräusch brachte ihn vor lauter Angst und Wut zum Zittern. Wie konnte jemand tun, was sie getan hatten, und sich sogar noch darüber amüsieren?
Die Antwort auf diese Frage war offensichtlich. Es handelte sich nicht um Menschen wie du und ich. Sie waren Monster.
Und sie würden jeden Moment zurückkommen. Zurückkommen, um das grausame Werk dieser Nacht zu vollenden. Denn er war der Einzige, der noch unter den Lebenden weilte. Er schniefte, als ihn die harte Realität erneut wie ein Schlag ins Gesicht traf. Seine Freunde waren alle tot, auf grauenvolle Weise gestorben. Nach stundenlanger Folter und unaussprechlichen Misshandlungen.
Nach unermesslichem Leid.
Die Erinnerung an die entsetzlichen Erlebnisse der letzten Stunden verhöhnte ihn – ein dunkles Versprechen an seine eigene unmittelbare Zukunft. Aus irgendeinem Grund, den er nicht begreifen konnte, hatten sie sich ihn bis zum Schluss aufgehoben. Er war verprügelt worden. Gefoltert. Verstümmelt. An seiner linken Hand fehlten zwei Finger. Sie hatten die Wunden mit einem Schweißbrenner ausgebrannt und von den Stummeln war nur noch eine verkohlte Masse aus schwarzem Fleisch übrig. Aber das Schlimmste von allem war ihm erspart geblieben. Als hätten sie den Schmerz und die Wunden sorgfältig abgewogen, um ihn am Leben zu halten. Ihn zu zwingen, hilflos zuzusehen, wie sie seine Freundin bei lebendigem Leib auspeitschten, bis ihr förmlich die Haut von den Knochen fiel.
Er
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