Herrin des Blutes - Thriller
Hände zitterten, während sich die Fingernägel seiner rechten Hand in die verrotteten Holzdielen gruben. Er biss sich fest auf die Unterlippe und unterdrückte einen Aufschrei. Es gelang ihm mit äußerster Willenskraft, seine Hand ruhig zu halten und sich erneut ein paar Zentimeter nach vorne zu kämpfen. Er streckte seine linke Hand aus und machte noch etwas Strecke gut. Diesmal fiel es ihm jedoch deutlich schwerer.
Die Wunde an seiner Hand pochte entsetzlich. Er biss sich noch fester auf die Lippe, um ein Keuchen zu unterdrücken. Seine Zähne durchbohrten das dünne Häutchen und Blut trat hervor. In seiner Brust brannte ein Feuer, das mit aller Gewalt nach draußen drängte. Er streckte erneut die rechte Hand aus. Gefolgt von seiner verstümmelten linken. Er wiederholte den Bewegungsablauf mehrere Male und zog sich mit wilder Entschlossenheit, aber scheinbar unendlich langsam über den Boden. Es machte ihn beinahe wahnsinnig. Er war kurz davor, frustriert aufzugeben. Dann hörte er erneut das gedämpfte Lachen, und unbändige Wut kochte in ihm hoch.
Dean ignorierte den Schmerz, so gut er konnte, und kroch auf blutigen Ellenbogen und leicht aufgestützten Knien vorwärts, so schnell er konnte. Endlich schleppte er sich durch den Türbogen, der die Diele vom Wohnzimmer trennte. Er hielt so zielstrebig auf die Axt zu, dass er nichts anderes mehr wahrnahm.
Er begann zu grinsen, als er der Klinge ganz nahe kam. Nun war er höchstens noch einen Meter von ihr entfernt. Als er sie erreichte und seine Hand um den Griff legte, schoss ein elektrisierendes Gefühl des Triumphs durch seinen Körper. Er hielt die heißersehnte Waffe in den Händen und musste nur noch einen letzten Rest an Kraft aufbringen, um aufzustehen und sich für das letzte Gefecht zu rüsten. Er würde es schaffen. Bei Gott, das würde er. Ganz sicher hatte er sich nicht derart verausgabt, um jetzt alles hinzuschmeißen.
Er holte tief Luft, um sich für die bevorstehende Aufgabe zu wappnen.
Er schloss seine Hand noch fester um den Griff der Axt.
Im nächsten Moment huschte ein Schatten durch sein Blickfeld. Etwas Dunkles, Verschwommenes. Er spürte den Druck, bevor seine Augen das Bild des schwarzen Stöckelschuhs, der seine Hand auf dem Boden festnagelte, überhaupt verarbeiten konnten. Dann wurde die optische Wahrnehmung jedoch deutlicher und brannte sich mit glühender Intensität in sein Hirn ein. Der auf Hochglanz polierte Stiletto besaß dieselbe Eleganz wie die zarten Fußfesseln der Frau, der er gehörte. Überhaupt zog sich das Thema Schwarz durch ihre gesamte Erscheinung: schwarze Schuhe, schwarze Strümpfe und ein schwarzes Kleid – die Garderobe spiegelte das finstere Wesen dieser Frau perfekt wider, die andere entweder als »Meisterin« oder »Miss Wickman« ansprachen.
Sie verstärkte den Druck auf Deans Handgelenk und aus seiner Kehle entwich ein Schluchzen.
Ihr leises Lachen klang spöttisch. »So ein böser Junge. Ich nehme an, du hast dir schon in allen Einzelheiten ausgemalt, wie du die hier gegen mich einsetzt.« Sie entriss Dean die Axt und schleuderte sie quer durchs Zimmer. Die Waffe donnerte gegen die Wand und fiel scheppernd zu Boden. »Wir haben sie bewusst liegen gelassen, damit du sie siehst, wenn du wieder zu Bewusstsein kommst. Das ist dir doch klar?«
Dean hätte am liebsten laut gebrüllt, aber er hatte nicht mehr die Kraft dazu. Seine Zuversicht war auf einem Tiefpunkt angekommen. Die Chance auf Rache? Nur eine Illusion. Die Hoffnung, die er noch vor wenigen Augenblicken in sich verspürt hatte? Nichts als Selbsttäuschung. Die ganze Geschichte war nichts als ein weiteres sadistisches Spielchen, das mit ihm getrieben wurde.
Wut flammte in ihm auf. Er schlang die verbliebenen drei Finger seiner linken Hand um das Fußgelenk der Frau und versuchte, ihren Fuß von seinem Handgelenk herunterzuschieben. In ihm brannte das dringende Verlangen, sie zu Fall zu bringen, sie zu überwältigen, ihre Haut mit seinen Fingern zu zerfetzen und ihr die hämisch grinsenden Augen auszureißen. Aber ihre Position veränderte sich nicht um einen einzigen Millimeter – ihr Bein war so unnachgiebig wie ein Stahlträger.
Ihre Kraft kam ihm unnatürlich vor. Miss Wickman war eine schlanke Frau um die 40, durchschnittlich schwer und groß. Nicht unattraktiv. Hohe Wangenknochen, dazu ein hageres, beinahe gespenstisch bleiches Gesicht. Ihr langes schwarzes Haar war zu einem Knoten zusammengebunden, wodurch sie eine unterschwellige,
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