Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
letzte Ruhe«: ein vierrädriger Wagen, vollständig mit wertvollen Eisenbeschlägen versehen, dazugehöriges Pferdegeschirr, ein breiter Halsring aus dünnem Goldblech (das Zeichen der Fürstenwürde), ein Goldarmband mit getriebenen Verzierungen, ein mit Goldblech überzogener Dolch, Schnabelschuhe mit Goldblechbesatz (wobei das Gold auf dem Dolch und auf den Schuhen erst zum Begräbnis appliziert wurde), ein kegelförmiger Hut aus Birkenrinde, ein Köcher mit Pfeilen (ein dazugehöriger Bogen war sicher vorhanden, hat aber die Zeit nicht überdauert), Ess- und Trinkgeschirr für eine Tafelrunde von neun Personen sowie ein im damals griechischen Unteritalien hergestellter Bronzekessel mit goldenem Schöpfgefäß. Der mit 1,87 Meter selbst für keltische Verhältnisse recht stattliche Tote ruhte auf einem Bronzesofa und, um dem Ganzen ein wenig Gemütlichkeit zu verleihen, waren die Wände der gesamten Grabkammer mit Stoff bespannt. Bemerkenswert ist auch seine wertvolleKleidung, die auf den ersten Blick wie ein Import aus dem Mittelmeerraum erscheint; sie wurde mit großer Meisterschaft in seinen eigenen keltischen Werkstätten gefertigt. Weiteres Zeichen für den hohen Stand keltischer Handwerkskunst: Ein Grab, das in Bezug auf den Drang zur Selbstdarstellung seinesgleichen sucht (s. Farbbildteil Abb. 4). In Hochdorf wird die erste Feinwaage nördlich der Alpen gefunden.
Und durchaus auch findet. Eine DNS-Analyse belegt, dass der Fürst mit vier weiteren in Baden-Württemberg gefundenen, ebenfalls aufwändig bestatteten Personen verwandt war. Eine Dynastie? Gab es tatsächlich so etwas wie eine »Führungskaste«, ein »Adelsgeschlecht«, die ein Gebiet beherrschen, deren nördlichster, aus dem 7. vorchristlichen Jahrhundert stammender Posten am Main bei Frankfurt identifiziert wurde? Kann es sein, dass das hallstattzeitliche Europa gar nicht so primitiv war, wie uns das die klassischen Berichterstatter glauben machen wollen? Was die Fürstengräber der Hallstattzeit zeichnen, ist lediglich ein Bild von unglaublicher Geltungs- und Prunksucht.
Wirklich? Ist das Leben eines Hallstattfürsten tatsächlich nur darauf ausgelegt, Luxus anzuhäufen und sich über den Tod hinaus in Szene zu setzen? Oder muss man die Frage vielleicht ganz anders stellen, nämlich: Wie definiert sich Erfolg in einer Gesellschaft wie der der Hallstattkultur?
CSI Hallstatt: Warum die ersten Kelten keine Krieger waren
In Kriegergesellschaften war das Prinzip des Machtgewinns und –Erhalts – ein einfaches: Viel Feind – viel Ehr’. Allerdings ist im Gegensatz zu dem weitverbreiteten Bild von sich ständig bekriegenden Stämmen die nordalpine Hallstattzeit eine vergleichsweise friedliche Epoche. Wichtigstes Anzeichen hierfür ist: Der Fernhandel vom Baltikum und den Britischen Inseln bis Italien und Griechenland funktioniert reibungslos. Mit Ausnahme gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten über die Familienzugehörigkeit von Frauen oder über Vieh, das der eine gefunden hatte, ohne dass es dem anderen weggelaufen war, sprechen jedoch auch noch andere Faktoren gegen größere kriegerische Auseinandersetzungen. So weisen nur etwa ein Viertel aller bislang entdeckten Gräber der Hallstattzeit einen Bezug zu berittenen Kriegsherren auf. Zwar lassen sich einige der Fürsten des mittleren und späten 6. Jahrhunderts v. Chr. im Tode als Schwertkrieger darstellen, doch ist das vermutlich eine Modeerscheinung und sollte nicht überbewertet werden. Das Schwert ist lediglich Accessoire. Der Beweis: Die gefundenen Schwerter aus Eisen oder Bronze sind völlig unbenutzt – reine Prunkwaffen, deren Klingen nachweislich nie Bekanntschaft mit anderen Schwertern gemacht haben. Außerdem hätten sie ihrem Besitzer – hätte er denn kämpfen wollen – erhebliche Schmerzen zugefügt. Die aufgefundenen Schwerter dieser Zeit verfügten sämtlichst über einen Knauf in der Form eines Pilzes, der zwar nett anzusehen war, jedoch bei jedem Schlag heftig in das Handgelenk eingeschnitten hätte. Nicht zuletzt sprechen auch die wertvollen und empfindlichen Verzierungen aus Gold, Elfenbein und Bernstein eher für die Prunkwaffentheorie. In der späten Hallstattzeit wird das Schwert als Grabbeigabe seltener und macht Platz für die bekannten, weniger martialischen Objekte. Ähnlich verhält es sich mit Pfeil und Bogen. Man kann nicht auf kriegerische Ambitionen schließen, auch wenn es zunächst den Anschein haben mag. Es handelt sich bei den gefundenen Waffen
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