Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
des Weins als Gelage, als Trinkritual, bei dem die Auserwählten das Privileg direkt aus den Händen des Fürsten empfangen, in teurem importiertem Geschirr, im Kreise einer begrenzten Anzahl von Gästen.
Um diese Trinkrituale richtig zu feiern, übernimmt man vieles aus der Heimat des Weines. Jedoch nicht alles. Das griechische Trinkgelage, das symposion , ist ein feststehender, elaborierter Ablauf, bestehend aus dem Bereitstellen des Weines und des Wassers, dem Vorgang des Mischens beider miteinander, dem Schöpfen, dem Seien (denn der Wein der Antike ist mit Gewürzen versetzt, die sich unschön an den Zähnen und im Mundraum festsetzen) und schließlich dem Ausschenken als Höhepunkt. Zumindest die Geschichte mit dem Zusammenmischen scheint bei den Kelten irgendwie verloren gegangen zu sein, da sich Griechen wie auch Römer wiederholt darüber exaltieren, dass diese Barbaren den Wein unverdünnt trinken.
Die Vermutung, dass die Kelten diesen Vorläufer unseres heutigen Brauches, mal einen auszugeben, aus Griechenland übernommen haben, wird auch bestätigt, wenn man sich noch einmal die Liste der Grabbeigaben des Fürsten von Hochdorf ansieht: Die Essgeschirre und Trinkhörner waren für eine Runde von neun Gästen ausgelegt, entsprechend der griechischen Sitte die ideale Anzahl von Teilnehmern an einem symposion . Der Fürst von Hochdorf war also bestens auf seine Rolle in der Anderen Welt 1 vorbereitet. Allerdings zeigen die Rückstände in den Gefäßen, dass er den einheimischen Met dem importierten Rotwein vorzog.
Macht und Wohlstand zu haben ist also das eine; mindestens genauso wichtig – wenn nicht noch wichtiger – ist es, diese Macht und Wohlstand zu zeigen. Und dieses Bestreben, sich von anderen Handelsfürsten, den »Wettbewerbern«, abzuheben, nimmt gelegentlich Formen an, die heute fast unbegreiflich erscheinen.
Ein zentrales Merkmal der Macht in der Hallstattzeit ist die befestigte Hügelsiedlung. Sie ist zentraler Handelsplatz der Umgebung sowie sicherer Lagerplatz für die Rohstoffe Kupfer, Zinn, Silber, später auch Roheisen. Hier arbeiten die Handwerker der Region undstellen die Dinge her, die die meist autarken Gehöfte nicht selbst herstellen können, zum Beispiel Metallwerkzeuge und Waffen. Über diese fließt auch ein Großteil der Lebensmittel in die Vorratshäuser der Handelsherren. Für den fremdländischen Handelsherrn aus dem Mittelmeerraum erscheinen diese Städte zu dieser Zeit in dieser unbekannten Region wie ein Symbol der Zivilisation, ein Ort, an dem er sich sicher fühlen kann.
Eine hallstattzeitliche Hügelfestung folgte üblicherweise nachstehendem Schema: Innerhalb eines abgegrenzten erhöhten Areals standen einzelne große, in der Regel aus mehreren rechteckigen Häusern bestehende Gehöfte, die ihrerseits mit Zäunen umgeben waren. Das Areal selbst war dann auch noch einmal komplett befestigt, mit Gräben, Erdwällen, hölzernen Palisaden und groben Steinmauern (s. ein Gehöft im Farbbildteil Abb. 6).
In der Region um Herbertingen-Hundersingen, 60 Kilometer nördlich des Bodensees, stießen Archäologen, die die alte keltische Hügelfestung mit der Bezeichnung Heuneburg ausgegraben haben, auf Seltsames wie Sensationelles. In der Besiedlungsgeschichte dieser Festung scheint es um 600 v. Chr. eine Phase gegeben zu haben, in der die Hügelfestung von einer 750 Meter langen, kalkweiß verputzten Mauer aus luftgetrockneten Lehmziegeln umbaut war. Und zwar nicht einfach nur irgendeiner Mauer, sondern einer ausgereiften Verteidigungsanlage mit hölzernem Wehrgang, Türmen, Bastionen und Schießscharten. Der betriebene Aufwand war gigantisch. Die Kalksteinblöcke, die das feuchtigkeitshemmende Fundament der Mauer bilden, stammen aus der mehr als fünf Kilometer entfernten Schwäbischen Alb. Die Mauer selbst bestand aus fast 500
000 Ziegeln, jeder einzelne 40 x 40 x 10 Zentimeter groß, geformt aus Donauschlamm, Häcksel und Steinstaub. Zudem entsprach in dieser Phase der gesamte Grundriss eher dem einer regelmäßig angelegten griechischen Siedlung mit einem rechtwinkligen Straßengitter, als dem einer typisch hallstättischen. Definitiv war hier ein vom Fürsten angeheuerter griechischer Baumeister am Werk gewesen. Auch die Größe der Siedlung war beachtlich. Zeitweise dürftenauf der Heuneburg und in ihrer Umgebung mehr als 5000 Menschen gewohnt haben. Muss der Anblick einer solchen Stadt einem griechischen oder etruskischen Handelsreisenden nicht wie das
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