Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Jahrhundert. Sie beschreiben keine graue Vorzeit, sondern die Zeit unmittelbar nach dem Abzug der Römer bis zu ihrer eigenen Gegenwart. Die Kämpfe gegen die vordringenden Angelsachsen, Pikten und »Seeräuber« bilden hier eher den Hintergrund für die dichterische Zelebrierung der Kriegergesellschaft. Es ist eine Dichtung, deren Helden wie Urien, Cynwal und Bran zwar den traditionellen Tod im Kampf sterben, aber als Mythen, ja, sogar Vorbilder für das Rittertum bis ins späte Mittelalter überleben. Eine stolze Identifizierung mit einer alten Welt, die allmählich zusammenbricht, aber deren Ideale man dichterisch »einfriert«.
Knappe 200 Jahre dauert die Abgeschlossenheit hinter dem Wall des Offa und später jenseits der normannischen Grenze an. 200 Jahre, in denen die Waliser sich selbst regieren, während nebenan das moderne England heranwächst, sich das englische Königtum und sein Staat weiterentwickeln. Von walisischer Seite ist die Isolation allerdings durchlässig. Denn der über lange Jahre hinweg mehr schlecht als recht bewachte Grenzstreifen, ein zumeist sumpfiges Gebiet, ist inzwischen eine durchorganisierte Grenzzone mit eigenen Herren und eigener Jurisdiktion. Diese Herren, die »Lord Marchers«, verwalten, bewirtschaften und verteidigen die einzelnen Grenzabschnitte. Für die Kelten ist das eine kriegerische Herausforderung. Dabei geht es nicht darum, das Königreich der Normannen anzugreifen. Vielmehr sehen sie in den Gütern der Lord Marchers attraktive Ziele für kleine oder größere Raubzüge und leben hier ihre kriegerischen Traditionen aus. Und dass die Lord Marchers sich diese Überfälle nicht einfach so gefallen lassen und ihrerseits mit Strafexpeditionen dagegenhalten, steigert den Reiz noch mehr. Kann es eine größere Ehre für einen keltischen Krieger geben, als gegen einen Feind zu ziehen, der sich zu wehren weiß?
Doch als im Jahre 1272 Edward der I. den englischen Thron besteigt, ist endgültig Schluss mit der keltischen Beschaulichkeit. Dabei sind für ihn die Rangeleien an der Grenze eher nebensächlich. Als viel größere Gefahr sieht Edward die Tendenz der Waliser, sich mit jedem zu verbünden, der gegen die englische königliche Dynastie ist. Ein weiteres Ärgernis ist eigentlich eine Formalie. Die englischen Könige betrachten die walisischen Kelten schon seit geraumer Zeit wie selbstverständlich als ihre Vasallen und sind dauerhaft pikiert ob der Weigerung der walisischen Adligen, sich ihnen formell zu unterwerfen. Dem setzt Edward I. ein Ende. Er marschiert mit seinen Rittern gegen zwei besonders renitente adlige Brüder, tötet den einen im Kampf und jagt den anderen mehr als eineinhalb Jahre lang durch das walisische Gebirge. Dessen Exekution beendet die Unabhängigkeit der walisischen Kriegergemeinschaften.
Doch Edward I. weiß, dass er allein mit militärischer Präsenz die Waliser nicht dauerhaft unter seiner Herrschaft halten kann. Um seine Macht sichtbar zu machen, beginnt er unmittelbar nach seinem Einmarsch mit der Errichtung mächtiger Burgen in Carnarvon und Conway. Doch sind die Mittel, mit denen er sich die Kelten letztlich gefügig macht, weitaus subtiler. Er entwickelt eine eigene Verfassung für Wales, in der er den Aristokraten das Besitzrecht an ihrem Land und ihren Gütern bestätigt, und die Errichtung einer aus einheimischen Beamten bestehenden Verwaltung der Region festschreibt. Das alles, um ihnen den Unterwerfungseid zu versüßen. Ende des 13. Jahrhunderts endet in Wales die keltische Gesellschaftsordnung.
Aber Edward tut noch mehr. Er begründet – ohne es zu wissen – ein ganz besonderes Symbol der englischen Präsenz in Wales.
Ein tiefes Stöhnen entringt sich der Kehle der Frau, als die Wehe durch ihren Unterleib jagt. Die Hebammen blicken ungerührt auf die Gebärende. Es ist noch Zeit, die Abstände zwischen den Wehen sind noch zu groß, als dass bereits Eile angezeigt wäre.
Die Fackeln an den Wänden werfen ein unruhiges Licht in den düsteren Raum. Die Flammen tanzen in der Zugluft, und in den Rauch mischt sich der Geruch von Schweiß und frischem Mörtel, der durch die ganze, noch unfertige Burg zieht. Und es ist feucht hier, so wie das ganze Land nur aus Nebel und Regen zu bestehen scheint.
Die nächste Wehe. Es ist noch immer nicht so weit, aber das Kind wird auf jeden Fall noch vor dem Morgengrauen erwartet. Die Hebammen sind unbesorgt und beruhigen die Frau im Wehenschmerz.Sie sind sich sicher: Es wird eine leichte Geburt
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