Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrscher der Eisenzeit

Herrscher der Eisenzeit

Titel: Herrscher der Eisenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Hauptmann
Vom Netzwerk:
Forth-Clyde-Linie nach Norden und errichtet nach Hadrians Vorbild ebenfalls einen Wall. Er tut dies ohne Not, denn aus dem Norden droht nicht mehr oder weniger Gefahr als sonst auch. Und doch verfolgt er damit ein Ziel: Er möchte den Titel »Imperator« tragen, und das geht nur, wenn er zumindest einen militärischen Erfolg aufweisen kann. Mit diesem Feldzug hat er sein Ziel erreicht. Antonius Pius unternimmt danach keine weiteren militärischen Aktionen.
    Doch diese neue Grenze ist hochgradig instabil. In den nächsten Jahrzehnten werden Hadrians- und Antonius-Pius-Wall im Wechsel mit Legionären und Hilfstruppen bemannt, ein ewiges Spiel von Vorstoß und Rückzug. Dazu tragen auch innere Unruhen bei. So kommt es um 150 n. Chr. zu einem Aufstand bei den Brigantes, nachdem einigen Aristokraten »im Namen des Kaisers« ihre Ländereien weggenommen werden. Am Ende bleibt der Hadrianswall das Symbol des Endes der römischen Expansion in Britannien. Schottland bleibt »Barbarenland«.
Ein Volk verschwindet
    Die eigentliche »Unterwerfung« eines Volkes durch Rom beginnt erst, wenn die Schwerter wieder in den Scheiden stecken.
    Die beste Methode, jemanden davon zu überzeugen, sich von Altem zu lösen ist, ihm einzureden, dass er das Neue selbst will. Oder ihm zumindest zu der Einsicht in die Notwendigkeit zu verhelfen. In Britannien agiert Rom mit einer genialen Mischung aus beidem.
    Selbst der Militär Agricola erkennt, dass sich ein besiegtes Volk nicht dauerhaft mit militärischen Mitteln unter Kontrolle haltenlässt. Noch während seines Feldzuges im Norden beginnt er daher in den besetzten Gebieten, die »römische Lebensart« einzuführen. Er stellt aus den Reihen seiner Legionen und seines Stabes Spezialisten bereit und lässt Straßen, Tempel, Bäder, öffentliche Plätze und auch Privathäuser errichten, um dadurch die Lebensqualität zu verbessern. Den Kindern der britannischen Adligen lässt er durch Lehrer die Werte Roms beibringen. Das alles tut Agricola nicht, weil er als Wohltäter der Britannier bekannt werden möchte. Seine Rechnung ist eine einfache: Jede Investition in die Lebensqualität der Britannier verringert die Gefahr, dass diese wieder in ihr altes Schema zurückfallen und bei der erstbesten Gelegenheit zu den Waffen greifen. Auch ist das finanzielle Risiko für Agricola überschaubar. Zwar greift er in Ausnahmefällen, wenn es taktisch sinnvoll erscheint, auch in die eigene Tasche, die Hauptlast tragen jedoch die britannischen Adligen selbst. In Rom ist es üblich, dass der, der politisch etwas darstellen oder erreichen möchte, sich finanziell für das Gemeinwesen engagiert. Es gibt keinen Grund, warum dieses Konzept in einer römischen Provinz nicht genauso funktionieren sollte.
    Und das tut es, denn gut verpackt in Diplomatie sät Agricola Angst in das Bewusstsein derjenigen, die unter römischer Herrschaft zu neuem Wohlstand gelangt sind. Sie werden Neider haben, denn natürlich wird Rom nicht diejenigen am Wohlstand teilhaben lassen, die sich gegen Rom stellen. Und wer soll sie, die Glücklichen, die sich richtig entschieden haben, vor den Unbelehrbaren beschützen?
    Rom will jedes neu eroberte Territorium möglichst schnell unter römische Verwaltungsstrukturen bringen. Nicht im Interesse Roms ist es dagegen, jeden einzelnen Verwaltungsposten mit Männern aus Rom zu besetzen. Im Gegenteil. Auf lokaler Ebene existieren bereits Beziehungsgeflechte aus Autorität und Abhängigkeiten. Ein Römer wäre hier ein Fremdkörper, der mit viel Aufwand weniger erreichen würde als der britannische Adlige, dessen Klienten freiwillig tun, was ihr Herr ihnen sagt. Die Posten auf der lokalen Verwaltungsebene sind für Römer unspektakulär, mit einigen Ausnahmen wenig lukrativ und daher wenig begehrt. Rom ist insbesonderebestrebt, die kritischen lokalen Verwaltungsbereiche – Rechtsadministration und Steuereintreibung – möglichst zügig auf einheimische »Beamte« zu übertragen.
    Britannischen Adligen kann man mit relativ einfachen Mitteln die Vorzüge der Loyalität zu Rom nahebringen. Wer an Macht und Wohlstand teilhaben (und somit seinen eigenen Einfluss erhalten oder auch vergrößern) will, muss sich den römischen Institutionen unterordnen, sich mit ihnen arrangieren, im Idealfall sogar Teil von ihnen werden. Und das tun die britannischen Aristokraten mehr als bereitwillig, denn andere Gebiete, auf denen sie Macht gewinnen können, gibt es bald nicht mehr. Das alte »Feld der Ehre« –

Weitere Kostenlose Bücher