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Herrscher der Eisenzeit

Herrscher der Eisenzeit

Titel: Herrscher der Eisenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Hauptmann
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der Boudicca direkt oder indirekt unterstützt haben.
    Kaum ist dieser Feldzug beendet, greifen die Britannier ihrerseits wieder zu den Waffen. Allerdings ist ihr Beweggrund inzwischen ein anderer: Hunger. Als Boudicca zum Kampf gegen die Römer rief, haben alle, die eine Waffe tragen konnten, Feldarbeit Feldarbeit sein gelassen und haben sich dem Heer der Kriegerkönigin angeschlossen. Ihre eigene zahlenmäßige Überlegenheit vor Augen haben sie darauf gebaut, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis sie an die gefüllten Vorratshäuser der Römer gelangen würden. Diese eklatante Fehleinschätzung rächt sich jetzt bitter. Viele Tausende sterben im Kampf um Nahrung.
    Eine Versöhnung von Römern und Britanniern scheint in weiter Ferne, ebenso der planmäßige Aufbau der römischen Provinzialstrukturen. Geschlagene Menschen irren auf der Suche nach Essen ziellos über die leeren Felder und durch die Straßen der zerstörten Städte. Römische Legionäre sehen in jedem Britannier einen potenziellen Feind. Man existiert nur von einem Tag auf den nächsten.
    Die öffentliche Ordnung ist völlig zum Erliegen gekommen.

Das Verschwinden der britannischen Kelten
Beruhigung
    Dass das römische Britannien nicht in völligem Chaos versinkt, verdankt es dem Nachfolger des Decianus Catus, einem Mann namens Julius Classicianus. Er hat gegenüber seinem Vorgänger zwei entscheidende Vorteile.
    Erstens. Er stammt selbst aus einer römischen Provinz, aus Gallien, was ihm einen entscheidenden Vorsprung im Verständnis provinzieller Angelegenheiten verschafft. Zweitens. Er ist ein weitaus besserer Diplomat als der amtierende Statthalter Gaius Suetonius Paulinus, der mit Verhandlungsgeschick nicht gerade gesegnet war.
    Julius Classicianus erfasst die desolate Lage sehr schnell. Ihm ist jedoch bewusst, dass er selbst nichts wird bewirken können. Also tut er das einzig Richtige in dieser Situation: Er übersendet einen ausführlichen Bericht an Kaiser Nero.
    Dass Nero extrem schnell reagiert ist verständlich. Kernstück des Berichts des Classicianus ist die Vision von wegbrechenden Steuereinnahmen aus Britannien. Und das, wo Nero so dringend Geld braucht!
    Also entsendet er seine Antwort in der Gestalt einer Untersuchungskommission, die von dem freigelassenen Sklaven Polycitus angeführt wird. Dieser ist innerhalb der schnell wachsenden römischen Verwaltung zu großer Macht und Wohlstand gelangt. Anders als Julius Classicianus, der Paulinus zwar nicht mag, ihn aber fürchtet, scheut sich Polycitus aufgrund seiner Machtposition nicht, den Statthalter Paulinus offen als das Grundübel zu identifizieren. Das resultiert in dessen sofortiger Ablösung. Unter seinem Nachfolger, dem als umsichtig geltenden Publius Petronius Turpilianus, kehrt zumindest in Südostbritannien Ruhe ein.
    Doch das Land ist verwüstet, ausgeblutet. Dem Aufbau der römischen Provinz Britannia ist der Schwung genommen, alles geht in diesen ersten Jahren nach dem Aufstand langsamer. Im Westen, in Wales und im Norden, jenseits des Königreichs der römerfreundlichen Brigantes, sind die Stämme noch unruhig. Die einheimischen Adligen, von denen die Finanzierung der Einführung römischer Strukturen erwartet wird, sind entweder tot oder verarmt, neue Darlehen aus Rom werden wohlweislich weder angeboten noch angefragt. Das Leben scheint zum Stillstand gekommen zu sein, die Zukunft der jungen römischen Provinz Britannia und ihrer Bewohner ungewiss.
    Doch der Schein trügt.
Mit der genagelten Sandale
    Petronius Turpilianus leistet gute Arbeit. Der beste Beweis für seinen nachhaltigen Erfolg ist das Jahr 68 n. Chr., das sogenannte »Vierkaiserjahr«. Kaiser Nero begeht Selbstmord und Rom versinkt in einem blutigen Bürgerkrieg. Die römischen Legionen in Britannien sind zeitweise komplett auf sich gestellt, scheinen gelähmt. Noch acht Jahre zuvor hätten sich die Britannier diese Gelegenheit nicht entgehen lassen und wären über die Römer hergefallen. Jetzt passiert nichts.
    Doch etwas weiter nördlich bahnt sich der nächste Konflikt an.
    Die Brigantes stehen nach wie vor unter der Herrschaft der römerfreundlichen Cartimandua. Diese hat bei aller Freundschaft zu Rom eine so gar nicht typisch römische Eigenschaft: In ihrem übersteigerten Selbstbewusstsein ist ihr die öffentliche Meinung völlig egal. So lässt sie sich irgendwann um 70 n. Chr. von ihrem Gemahl Venutius scheiden und ehelicht ihren Waffenträger Vellocat – für keltische Verhältnisse ein

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