Herrscher der Eisenzeit
nicht herstellen konnte. Jetzt hält ein neuer Begriff Einzug in das Denken der Händler: Profit. Man produziert so viel man kann und versucht, »seinen Schnitt« zu machen.
Und man muss gut sein, denn noch etwas Neues hält Einzug: internationale Konkurrenz. Quasi vom ersten Tag an, da Britannien zum Römischen Reich gehört, wird es als dankbarer Absatzmarkt für Produkte aus anderen Provinzen betrachtet. Olivenöl kommt aus Spanien, Steingut aus Rom und Gallien, Wein nicht mehr nur aus Griechenland, sondern auch aus Südgermanien und Gallien. Der einfache Mann trinkt jedoch weiterhin cuirm , selbst gebrautes Bier. Einige der britannischen Produzenten werden unter römischem Einfluss groß und spielen am »globalen« Markt mit. Andere, wie die Hersteller von Mosaiken, werden Spezialisten, die in Britannien zu Wohlstand gelangen; dies auf Kosten derer, die zu lokalen Anbietern mit einer maximalen Produktreichweite von fünf bis acht Kilometern reduziert werden.
Am meisten profitieren die Zulieferer, die am stärksten der Romanisierung ausgesetzt werden. Da sind zum einen diejenigen, die für die Legionen produzieren, die Schmiede, Gerber, die Lieferanten von Getreide und Vieh. Zur zweiten Gruppe zählen die Produzenten von Baumaterialien sowie die Bauhandwerker selbst. Auch die Rohstoffindustrie boomt unter römischer Führung. Ein Beispiel sind die Bleiminen in Wales, die schon vor 60 n. Chr. Objekt großer Begierde verschiedener Prokuratoren waren.
Fast unmittelbar nach der militärischen Besetzung eines Gebietes durch römische Streitkräfte werden Straßen gebaut, um weitere Truppenbewegungen über Land zu erleichtern. Natürlich werden diese auch schnell zu Handels- und Reisewegen. Völlig neue Institutionen entstehen in Britannien. Der offizielle Kurier- und Reisedienst des Römischen Reiches, der cursus publicus , nimmt auch hier seine Arbeit auf. Dabei ist streng reglementiert, wer wie reisen darf, wie viele Pferde zum Wechseln ihm zustehen, wo er übernachten darf etc. Je belebter die Straßen werden, desto mehr kleine Herbergen (»Inns«) entstehen. Der bessergestellte Reisende – Römer oder Britannier – würde jedoch nicht in einem Inn absteigen. Hier greift das bereits in keltischer Zeit gepflegte System der gegenseitigen Gastfreundschaft auf höherer Ebene. Hochrangige Adlige haben sich ständig gegenseitig besucht, wobei es als Ehre und Verpflichtung empfunden wurde, seinem Gast das Beste anzubieten, was das prunkvolle Haus hergab. Die Stämme unterhielten zum Teil sogar »Gästehäuser« mit einem eigenen »Manager«, der sich um die hohen Besucher anderer Stämme zu kümmern hatte. Aus den prächtigen, mit allen römischen Annehmlichkeiten (wie Hypokaustum – Fußbodenheizung, eigenem Badehaus und teuren Mosaiken) versehenen Villen wird jetzt ein festes System »angemessener Unterkünfte« für den anspruchsvollen Reisenden – mansiones . Die römischen Inns gehen größtenteils unter – und tauchen später als von Klöstern unterhaltene Herbergen für Missionare und Pilgerer wieder auf. Die »besseren«, auf Gastfreundschaft basierenden Unterkünfte dagegen überleben den Zusammenbruch Roms und existieren als Mansions noch heute.
Nach dem Niedergang des Druidentums erhält ein zentrales Element der keltischen Gesellschaft ernsthafte Konkurrenz. Mit der Angliederung Britanniens an das Römische Reich öffnet man sich für religiöse Kulte anderer Gemeinschaften. So wird speziell unter römischen Offizieren und Händlern der ursprünglich persischeMithraskult gepflegt, der Geradlinigkeit und Ehrgeiz beim Erreichen der persönlichen Ziele zum Inhalt hat und dem sich auch britannische Händler schnell öffnen.
Für die einheimische Bevölkerung eher unbedeutend bleibt der in Rom weitverbreitete ägyptische Isis-Kult. Deutlich größere Akzeptanz genießen dagegen die Götter und Riten, die die germanischen Hilfstruppen der römischen Streitkräfte mitbringen und die an das germanische Element bei den belgischen Stämmen Südostbritanniens appellieren.
Doch wer es in Britannien wirklich zu etwas bringen will, der pflegt, unabhängig seiner sonstigen religiösen Gesinnung, den Kult, der das Zugehörigkeitsgefühl zu Rom befördern soll: den Kaiserkult.
Es ist schwierig, den Kaiserkult genau zu identifizieren, denn er ist eine geniale Kombination aus Ideologie, Personenkult und Religion. Im ersten christlichen Jahrhundert gelten in Rom die Angehörigen der imperialen Familie bereits zu
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