Herrscher der Eisenzeit
den beiden folgenden Jahren mehrfach durchbrochen. Die bis dahin als sicher geltenden Gebiete dahinter werden geplündert. Diese Vorstöße enden auch nicht, als 369 die Allianz zwischen Römern und den südlich desWalls lebenden Votadini wieder belebt wird und diese quasi als Puffer gegen die Angreifer aus dem Norden fungieren. Interessant ist, wer im Jahr 367 diese Angreifer sind: Es handelt sich vorrangig um Pikten, die jedoch nicht allein kommen. Sie kämpfen in kriegerischer Allianz mit den Skoten.
Schottland zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert n. Chr. Schottland jenseits der römischen Wälle ist nie unter römischer Besetzung gewesen. Ab dem 3. Jahrhundert kommen »Seeräuber« – Scotii – von Dál Riada (im heutigen Ulster) aus über den North Channel und siedeln sich vorrangig auf den vorgelagerten Inseln und Halbinseln an. Diese losen Kriegergemeinschaften der Skoten formieren sich ab 500 n. Chr. zu einem Staatswesen.
Ein gemeinsamer Feind und die Aussicht auf Ehre und Beute, mehr bedurfte es nicht, die Pikten vergessen zu lassen, dass die Skoten ja ursprünglich auch als Feinde gekommen waren.
Bis ins frühe 5. Jahrhundert dauern die Angriffe auf die römische Provinzgrenze an. Doch dann ist plötzlich alles anders.
Zum einen gibt es auf einmal keinen gemeinsamen Feind mehr, als 410 die Römer Britannien endgültig verlassen. Zum anderen sind in den letzten Jahren von Irland her mehr und mehr Menschen herübergekommen. Die Siedlungen der Skoten im heutigen Argyll sind zu dieser Zeit längst keine provisorischen Kriegerlager mehr, sondern weisen im steigenden Maße komplexe soziale und politische Strukturen auf.
Aus den Kriegern sind Siedler geworden.
Familienbetrieb
Er steht am Bug seines Schiffes und spürt, wie ihm der heftige Wind die kalte Feuchtigkeit des Morgens in die Kleidung und in die Haare bläst. Er schaut nach rechts und links und versucht, die beiden anderen Schiffe auszumachen, die mit ihm aufgebrochen sind, doch der Wind hat es noch nicht geschafft, die morgendlichen Nebelschwaden wegzuschieben. Wahrscheinlich haben die Schiffe seiner beiden Brüder, Oengus und Loarn, ohnehin schon nach Norden abgedreht.
Fergus wendet sich um und sieht seine Krieger, frierend, in Decken gehüllt, mit müden Augen vor sich hinstarrend. Auch er verspürt ein leichtes Ziehen hinter den Schläfen. Ein großes Fest ist es gewesen, das ihr Bruder, König Murtagh mac Erc, Herrscher über das Königreich Dál Riada , gestern zu ihren Ehren gegeben hat. Und kaum einer hat es geschafft, den weinschweren Körper auf die heimische Lagerstatt zu schleppen. Fergus hat mitgehalten, so wie es sich für einen Königssohn gehört, und doch erinnert er sich noch an die Ehrung, die ihm gestern zuteil geworden ist. Anlässlich der Mission, zu der sie heute früh aufgebrochen sind, darf er, als der Zweitälteste der vier Söhne des Erc, sich ab heute Fergus Mór, Fergus der Große nennen.
Als Helden haben sie dann vorhin die Schiffe bestiegen, die Königssöhne mit ihrer Schar von jeweils etwa 50 Kriegern, die ihnen persönlich ihr Schwert und ihr Leben zugeschworen haben. Man hätte meinen können, sie brächen in ein fernes, unbekanntes Land auf, um dort große Heerscharen an feindlichen Kriegern zu besiegen. In Wahrheit liegt ihr Ziel so nahe, dass sie es wahrscheinlich schon sehen können, wenn sich die Nebel gehoben haben. Auch werden sie sich nicht gegen Pfeil- und Speerhagel an Land kämpfen müssen, denn am Ufer erwarten sie keine wilden Horden blutrünstiger Feinde, sondern Krieger ihre eigenen Volkes, die zum Teil schon seit vielen Jahren und mehreren Generationen hier leben. Nein, die Aufgabe von Fergus, Oengus und Loarn ist es nicht, neues Land zu erstreiten sondern zunächst einmal das, was bereits in den Händen von Leuten aus Dál Riada ist, zu einem echten Teil des Königreichs des Erc zu formen.
Und sie sind einem großen Ruf verpflichtet. Ihr Vater hat Dinge vollbracht, von denen bereits zu seinen Lebzeiten an den Feuern gesungen wurde, wie man sonst nur von den Helden singt, deren Geschichte über viele Generationen überliefert wurde, und denen etwas Göttliches anhaftet. Erc war derjenige, der in der Schlacht von Slieve Fuad den »Grauen von Macha« getötet hat, eines der angeblich unverwundbaren Pferde des angeblich unbesiegbaren Helden der nördlichen Krieger, den sie »Hund des Chulainn« nannten.
Doch mag ihr Vater auch bereits vor seinem Tod zu den Legenden seines Volkes gehört haben,
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