Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
in Betrieb genommen worden? Vermutlich würde es eine Weile dauern, bis er eine Antwort auf diese Frage fand. Er hatte keine Armee vor den Toren lagern sehen. Wenn Vin hier gewesen war, dann war sie bereits weitergezogen. Seine Aufgabe war es nun herauszufinden, wer in den Überresten der Stadt das Sagen hatte, und dann wieder der Heldin aller Zeiten nachzujagen.
Während er umherging, hörte er die Leute reden – darüber, wie es ihnen gelungen war, das Feuer zu überleben, das so große Teile der Stadt verzehrt hatte. Sie schienen tatsächlich fröhlich zu sein. Es gab auch Verzweiflung, aber vorherrschend war übermäßige Freude. Das war keine Stadt, deren Bewohner einem Eroberer unterlegen waren.
Sie sind der Meinung, dass sie das Feuer besiegt haben, dachte TenSoon, während er eine geschäftige Straße entlangging. Sie sehen den Verlust eines Drittels ihrer Stadt nicht als Katastrophe an, sondern sind vielmehr der Meinung, dass die Rettung von zwei Dritteln ein Wunder ist.
Er folgte dem Verkehrsfluss in Richtung Innenstadt, wo er schließlich auf die Soldaten traf, die er erwartet hatte. Sie gehörten eindeutig zu Elant, denn sie trugen den Speer und die Schriftrolle auf den Armen ihrer Uniformen. Doch sie schützten einen seltsamen Ort: das Gebäude des Ministeriums.
TenSoon setzte sich auf die Hinterbeine und hielt den Kopf schräg. Dieses Haus war offenbar zu einem wichtigen Ort geworden. Viele Menschen liefen unter den wachsamen Augen der Soldaten hinein und hinaus. Wenn er Antworten haben wollte, dann musste er das Gebäude betreten. Kurz überlegte er, ob er Kelsiers Knochen aus ihrem Versteck draußen vor der Stadt holen sollte, doch er verwarf diesen Gedanken. Er war sich nicht sicher, ob er noch einmal all die Unwägbarkeiten auf sich nehmen wollte, die ein Erscheinen des Überlebenden mit sich brachte. Es gab noch einen anderen Weg hinein – gleichermaßen schockierend, aber in theologischer Hinsicht weniger beunruhigend.
Er trottete zum Eingang des Gebäudes, lief die Treppe hoch und zog dabei einige verblüffte Blicke auf sich. Als er sich der Tür näherte, sprach ihn einer der Wächter barsch an und schwenkte dabei das untere Ende seines Speers in TenSoons Richtung.
»He, du«, rief der Mann, »das hier ist kein Ort für Hunde. Wem gehört der?«
TenSoon setzte sich wieder einmal auf seine Hinterbeine. »Ich gehöre niemandem«, sagte er.
Der Wächter fuhr entsetzt zusammen, was TenSoon eine diebische Freude bereitete. Doch sofort tadelte er sich dafür. Die Welt stand vor dem Untergang, und er erschreckte unbedeutende Soldaten. Aber das war ein Vorteil des Hundekörpers, über den er noch nie nachgedacht hatte …
»Was …«, begann der Soldat und schaute sich um, ob er das Opfer eines Scherzes geworden war.
»Ich sagte, dass ich niemandem gehöre«, wiederholte TenSoon. »Ich bin mein eigener Herr.«
Das war ein seltsamer Gedanke, den der Wächter vermutlich nie verstehen würde. Der Kandra TenSoon befand sich ohne einen Vertrag außerhalb seines Heimatlandes. Soweit er wusste, war er in siebenhundert Jahren der Erste seines Volkes, der so etwas tat. Es war ein merkwürdig befriedigendes Gefühl.
Nun starrten ihn einige Leute an. Andere Wächter waren herbeigekommen und warfen ihren Gefährten fragende Blicke zu.
TenSoon wagte einen Schuss ins Blaue. »Ich komme von Herrscher Wager«, sagte er. »Ich habe eine Botschaft für euren Anführer. «
Zu TenSoons Zufriedenheit zuckten nun auch einige der Neuankömmlinge zusammen. Der Erste aber, der es inzwischen gewohnt war, mit einem Hund zu sprechen, hob zögernd den Finger und deutete auf das Gebäude. »Da drin.«
»Danke«, sagte TenSoon, stand auf und ging durch die verstummte Menge in das Gebäude des Ministeriums. Er hörte Kommentare über »Tricks« und »gute Ausbildung« hinter sich und bemerkte, dass einige Wachen mit bestürzter Miene an ihm vorbeirannten. Er bahnte sich einen Weg durch die Gruppen und Reihen von Menschen, die allesamt nichts von den seltsamen Ereignissen am Eingang mitbekommen hatten. Am Ende der Reihen stieß TenSoon auf …
Weher. Der Besänftiger saß auf einem thronartigen Stuhl, hielt einen Becher mit Wein in der Hand und wirkte sehr selbstzufrieden, während er Verlautbarungen kundtat und Streitereien schlichtete. Er wirkte noch genauso wie damals, als TenSoon Vins Diener gewesen war. Einer der Wächter stand flüsternd neben Weher. Beide beäugten TenSoon, während dieser zum vorderen Teil
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