Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
das möglicherweise katastrophal. Dann würden sie genauere Studien treiben, Fragen stellen und das aufzeichnen wollen, was sie herausgefunden hatten.
TenSoon öffnete die Schnauze und wollte schon »Nichts« sagen. Doch er hielt inne. Wollte er etwa nicht mit jemandem reden, der der Kandra-Kultur helfen konnte? Mit jemandem, der sich auf Religionen spezialisiert hatte und – möglicherweise – eine Menge über Theologie wusste? Mit jemandem, der alle Legenden über den Helden oder die Heldin aller Zeiten kannte? Von allen Mitgliedern der Mannschaft schätzte TenSoon Sazed am meisten – natürlich abgesehen von Vin.
»Es hat mit dem Helden aller Zeiten zu tun«, sagte TenSoon vorsichtig. »Und mit dem bevorstehenden Ende der Welt.«
»Aha«, sagte Sazed und erhob sich. »Also gut. Ich werde dich mit allem versorgen, was du benötigst. Willst du sofort aufbrechen? Oder willst du eine Weile hierbleiben und dich ausruhen? «
Wie bitte?, dachte TenSoon. Bei der Erwähnung religiöser Angelegenheiten hatte Sazed nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Das sah ihm gar nicht ähnlich.
Sazed hatte einfach weitergeredet, als ob TenSoon keineswegs gerade auf eines der größten religiösen Geheimnisse der Gegenwart hingedeutet hätte.
Ich werde die Menschen nie verstehen, dachte er und schüttelte den Kopf.
Das Gefängnis, das Bewahr für Ruin erschuf, war nicht aus Bewahrs Kraft gebildet, obwohl es aus seiner Substanz stammte. Bewahr hatte sein Bewusstsein geopfert – man könnte auch sagen: seinen Geist –, um das Gefängnis zu errichten. Dadurch wurde er zum Schatten seiner selbst, und sobald Ruin entkommen war, isolierte und erstickte er diesen winzigen Rest seines Gegners. Ich frage mich, ob sich Ruin jemals darüber gewundert hat, dass Bewahr sich von seinen eigenen Kräften abgeschnitten und diese in der Welt zurückgelassen hatte, damit die Menschen sie sammelten und benutzten.
In Bewahrs Spiel erkenne ich edle Gesinnung, Klugheit und Verzweiflung. Er wusste, dass er Ruin nicht besiegen konnte. Er hatte zu viel von sich selbst hingegeben und war überdies die Verkörperung von Stillstand und Stabilität. Er konnte nicht vernichten, nicht einmal beschützen. Es war gegen seine Natur. Daher das Gefängnis.
Doch die Menschheit war sowohl von Ruin als auch von Bewahr geschaffen worden – mit einer Spur von Bewahrs Seele, die ihr Bewusstsein und Ehrgefühl verlieh. Damit die Welt überleben konnte, musste sich Bewahr auf seine Schöpfung verlassen. Er musste ihr sein Vertrauen schenken.
Ich frage mich, was er gedacht hat, als ihn diese Schöpfung immer wieder enttäuschte.
Kapitel 60
V ins Meinung zufolge war es am leichtesten, jemanden zu hintergehen, indem man ihm das gab, was er haben wollte. Oder wenigstens das, was er erwartete. Solange der Gegner annahm, er sei einen Schritt voraus, blickte er nicht zurück und erkannte nicht, dass er das eine oder andere übersehen hatte.
Yomen hatte ihre Zelle klug gestaltet. Jedes Metall, das zur Konstruktion ihres Bettes nötig gewesen war, war allomantisch nutzlos. Am liebsten schien er Silber zu benutzen, obwohl es teuer war. Doch auch davon hatte er nur sehr wenig verwendet. Einige Schrauben, die Vin mit den Fingernägeln hatte herausdrehen können, bestanden daraus.
Ihr Essen – ein öliger, geschmackloser Haferbrei – wurde in Holzschüsseln serviert, und dazu gab es einen hölzernen Löffel. Die Wachen waren Dunsttöter – Männer mit Lanzen und ohne jedes Metall am Körper, die zum Kampf gegen Allomanten ausgebildet waren. Der Raum war eine einfache Steinkonstruktion mit einer Holztür, deren Angeln und Bolzen aus Silber bestanden.
Aus dem Verhalten ihrer Wächter schloss sie, dass diese von ihr Böses erwarteten. Yomen hatte die Männer gut auf ihre Aufgabe vorbereitet. Sie schoben das Essen durch den Schlitz, und ihre angespannten Körper sowie die Schnelligkeit, mit der sie sich jedes Mal zurückzogen, wirkten so, als würden sie eine Viper füttern.
Als sie kamen, um Vin zu Yomen zu bringen, griff sie die Männer an.
Sie setzte sich in Bewegung, sobald die Tür geöffnet wurde, und schwang ein hölzernes Bein, das sie vom Bett abgerissen hatte. Den ersten Wächter schickte sie mit einem Schlag gegen den Arm zu Boden, und den zweiten traf sie am Hinterkopf. Ihre Schläge wirkten schwach, da sie kein Weißblech zur Verfügung hatte, doch ihr blieb keine andere Wahl. Sie schoss an dem zweiten Wächter vorbei und rammte dem dritten ihre Schulter in
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