Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
flüsterte Spuki und fühlte zum ersten Mal, seit an diesem Abend die Gewalt eingesetzt hatte, eine völlige geistige Klarheit. Er befreite sich aus Sazeds Griff und rannte wieder auf das brennende Gebäude zu.
»Spuki!«, schrien zwei Stimmen gleichzeitig in der Nacht.
Er näherte sich den Flammen. Sein Atem ging immer schwerer, und seine Haut wurde heiß. Das Feuer war hell und verzehrend. Er schoss darauf zu. Und dann, in dem Augenblick, in dem der Schmerz zu groß für ihn wurde, löschte er sein Zinn.
Und wurde empfindungslos.
Es war genauso wie an dem Tag, als er ohne Metalle in dem Gebäude gefangen gewesen war. Das andauernde Verbrennen von Zinn hatte seine Sinne außerordentlich geschärft, aber jetzt, wo er gar nichts mehr verbrannte, wurden all diese Sinne betäubt. Sein ganzer Körper fühlte sich wie tot an; er empfand nichts mehr.
Er durchbrach die Tür und stürmte in das Haus; die Flammen regneten auf ihn herab.
Sein Körper brannte. Aber er spürte die Flammen nicht, und der Schmerz konnte ihn nicht zurücktreiben. Das Feuer war so hell, dass er sogar mit seinen geschwächten Augen etwas erkennen konnte. Er schoss voran, beachtete weder Feuer noch Hitze noch Rauch.
Überlebender der Flammen.
Er wusste, dass ihn das Feuer tötete. Doch er zwang sich weiter vorwärts und bewegte sich noch, als ihn der Schmerz eigentlich schon längst hätte bewusstlos machen sollen. Er erreichte den rückwärtigen Raum und kletterte die zerbrochene Leiter herunter.
In der Höhle war es dunkel. Er stolperte hindurch, bahnte sich einen Weg an den Regalen und Möbelstücken vorbei zur Wand und bewegte sich an ihr mit einer Verzweiflung entlang, die ihn warnte, dass seine Zeit ablief. Sein Körper funktionierte nicht mehr richtig. Er hatte ihn zu weit getrieben, und er besaß nicht mehr die Kraft des Weißblechs.
Er war dankbar für die Dunkelheit. Als er schließlich gegen Sazeds Maschine stieß, wusste er, dass er entsetzt wäre, wenn
er sehen könnte, was die Flammen mit seinen Armen gemacht hatten.
Er ächzte leise auf, tastete nach dem Hebel und fand ihn – oder zumindest etwas, das sich unter seinen beinahe tauben Händen wie ein Hebel anfühlte. Seine Finger gehorchten ihm nicht mehr. Also warf er einfach sein ganzes Gewicht dagegen und setzte den Apparat auf diese Weise in Bewegung.
Dann sackte er zu Boden und empfand nur noch Kälte und Finsternis.
Fünfter Teil
Vertrauen
Ich weiß nicht, was in den Köpfen der Kolosse vorging – welche Erinnerungen sie noch besaßen und welche menschlichen Regungen ihnen geblieben waren. Ich weiß aber, dass unsere Entdeckung der einen Kreatur, die sich »Mensch« nannte, ein ungeheurer Glücksfall gewesen ist. Ohne seine Bemühungen, wieder zum Menschen zu werden, hätten wir niemals die Beziehungen zwischen den Kolossen, der Hämalurgie und den Inquisitoren begriffen.
Doch natürlich hatte er auch noch eine andere Rolle zu spielen. Zugegeben, es war keine sehr große, aber in Anbetracht der Lage eine wichtige.
Kapitel 59
U rteau hatte schon bessere Zeiten gesehen.
Sicherlich hat Vin hier gute Arbeit geleistet, dachte TenSoon, als er durch die Stadt trottete und entsetzt über das Ausmaß der Zerstörungen war. Vor etwa zwei Jahren – bevor ihm aufgetragen worden war, Vin auszuspähen – war er Straff Wagers Kandra gewesen und hatte Urteau oft besucht. Auch wenn es nie Luthadels edler Größe und gleichzeitiger ausufernder Armut gleichgekommen war, war es doch eine beachtliche Stadt gewesen, die es wert war, Sitz eines Großen Hauses zu sein.
Doch nun war ein Drittel der Stadt ein verbrannter Schutthaufen. Die Gebäude, die noch standen, waren entweder verlassen oder übervölkert – nach TenSoons Meinung eine seltsame Mischung. Anscheinend wurden die Adelshäuser gemieden, während die Skaa-Behausungen überfüllt waren.
Doch noch bemerkenswerter waren die Kanäle. Irgendwie waren sie wieder geflutet worden. TenSoon setzte sich auf seine
Hinterbeine und beobachtete die gelegentlich vorbeischwimmenden behelfsmäßigen Boote, die die Asche auf der Wasseroberfläche zerteilten. Hier und da verstopften Abfall und Schutt die Wasserstraßen, aber an den meisten Stellen waren sie passierbar.
Er stand auf, schüttelte den Hundekopf und setzte seinen Weg fort. Den Sack mit Kelsiers Knochen hatte er draußen versteckt, denn er wollte nicht auffallen, weil er Gepäck auf dem Rücken trug.
Wieso waren zuerst die Häuser niedergebrannt und dann die Kanäle wieder
Weitere Kostenlose Bücher