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Herz an Herz

Herz an Herz

Titel: Herz an Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer , Sven Ulrich
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habe, dass mein Mann mich mit einer anderen betrogen hat. Natürlich ist das kein außergewöhnliches Schicksal – so etwas ist schon hunderttausenden Frauen passiert, und auch das weibliche Geschlecht ist sicher nicht heiliger als das männliche. Aber um die Tragweite meiner Verletzung zu verstehen, will ich dir nicht länger vorenthalten, was dieser Entwicklung vorausgegangen war: drei Jahre langes Probieren in Bezug auf ein Wunschkind und zwei fehlgeschlagene Schwangerschaften, die beide im dritten Monat traurig endeten.
    Es war genau im Herbst vor einem Jahr, als wir mit der zweiten Fehlgeburt fertigwerden mussten. Leider lag ich deswegen beide Male im Krankenhaus. Ich muss dich nicht mit Details belasten, aber der erste Eingriff verlief leider nicht komplikationslos. Ich musste erneut operiert werden, und es war schrecklich. Ich dachte, ich sei nun (wie so viele meiner Patienten auch) am Tiefpunkt meines Lebens angekommen. Die einzige Hoffnung: Von jetzt an kann es nur bergauf gehen. Gestärkt durch die Krise, wollte ich dem Leben nur noch die positiven Seiten abgewinnen. Aber es kam schlimmer: Mir ging es nach wie vor verdammt dreckig, weil die Ärzte mir sagten, sie fänden keine Ursache für unsere Kinderlosigkeit. Wegen der Komplikationen rieten sie uns jedoch, ein halbes bis ganzes Jahr zu warten, bis wir erneut einen Versuch wagen konnten. Das war irgendwie wie ein Todesurteil.
    Ich weiß nicht, ob du schon mal in einer ähnlichen Situation warst. Aber wenn man in so einer emotional überladenen Phase zwischen Angst und Hoffnung auf eine Schwangerschaft hinfiebert, fühlt sich jeder Monat, der verstreicht, einfach nur unnötig vergeudet, kalt und leer an.
    Ich kam also Ende November aus dem Krankenhaus – mit Schmerzen im Unterleib und noch viel größeren Schmerzen im Herzen. Mein einziger Trost war mir anfangs Johann, mein Mann, der sich liebevoll um mich kümmerte. Doch die dunklen Wochen im Dezember wurden immer schlimmer. Nicht nur die körperliche Nähe fehlte, auch die emotionale schien seltsam unnatürlich. Anfangs waren es nur Kleinigkeiten, die mich misstrauisch werden ließen. Wie etwa die Tatsache, dass er unseren Hochzeitstag vergaß und äußerst gereizt reagierte, als ich ihm deswegen leichte Vorwürfe machte.
    Je schlechter es mir ging, desto mehr entfernte sich Johann von mir. Bis ich ihn eines Tages (es war nicht
eines Tages
 – ich werde mein Leben lang wissen, dass es der 27. Dezember war!) direkt gefragt habe, was los sei und ob er mich noch liebe. Das ganze Drama eben, wie man es aus schlechten Filmen kennt. Nach langem Zögern und Zaudern bestätigte er mir schließlich das, was ich schon seit längerem gespürt hatte, aber einfach nicht wahrhaben wollte: Er gab zu, sich in eine andere verliebt zu haben.
    Das war natürlich ein herber Schlag. Ich hatte mir schon das Schlimmste ausgemalt. Dass er meine mangelnde Lust auf Sex während der Schwangerschaft und vor allem die Zeit nach der zweiten Fehlgeburt mit einem Seitensprung kompensiert hat. Dass er eine Affäre mit seiner Assistentin angefangen hat. Aber nein, Johann hatte sich verliebt!
    Das war für mich unerträglich und viel furchtbarer als jede körperliche Untreue.
    Erst nach und nach habe ich erfahren, dass er diese Frau schon viel länger kannte, als ich ohnehin schon befürchtet hatte, nämlich schon seit dem Sommer – also der Zeit nach meiner ersten Fehlgeburt.
    Naja, nach dem ersten Schock habe ich ihn rausgeschmissen. Über drei Wochen lang vegetierte ich allein zu Hause vor mich hin, bis ich mich getraut habe, es meiner Familie zu erzählen und mich allen drängenden Fragen zu stellen. Es gab von da an unzählige Krisengespräche mit Johann. Von Mensch zu Mensch, und nicht mehr von Frau zu Mann. Und doch empfand ich diesen Austausch als gut (im Sinne von «Mein Mann ist nicht das personifizierte Böse»). Wir haben Erklärungen gefunden, dass jeder seinen Anteil am Sterben unserer Liebe hatte. Wir waren immerhin vier Jahre lang verheiratet. In der Zeit sind wir durch Höhen und Tiefen gegangen, haben gemeinsam um unsere beiden ungeborenen Kinder getrauert. Und ich dachte sogar, nach einer gewissen Zeit sei so etwas wie Freundschaft möglich. Doch dann erfuhr ich etwas, das mir endgültig den Boden unter den Füßen weggerissen hat.
    Denn gerade als ich dachte, ich könne mich mit meinem Schicksal arrangieren, erfuhr ich durch einen kleinen dummen Zufall, dass Johanns Geliebte im vierten Monat schwanger war.

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