Herz aus Feuer
all diese aufgeblasenen jungen Typen, die nicht vertragen konnten, daß wir ihnen Konkurrenz machten.«
»Aber, Liebes, hältst du das wirklich für fair? Nur weil
Leander dich an andere erinnert, muß er doch nicht genauso sein wie sie!«
»Ich habe ein paarmal versucht, mit ihm über Medizin zu sprechen; und statt den Mund aufzumachen, starrte er mich nur an. Was passiert, wenn Houston nicht nur seine Strümpfe stopfen, sondern auch noch etwas aus ihrem Leben machen möchte? Er wird noch grausamer über sie herfallen, als Gates das jemals mit mir gemacht hat, und das nicht nur ein, zwei Wochen lang. Und Houston wird sich seiner Tyrannei nicht entziehen können.«
Opal setzte nun ebenfalls ein ernstes Gesicht auf. »Hast du mit Houston darüber geredet? Ich bin sicher, sie kann dir erklären, warum sie Leander liebt. Vielleicht sind sie ganz anders, wenn sie unter sich sind. Ich glaube nämlich, daß sie ihn liebt. Und egal was du sagst — Leander ist ein guter Mann.«
»Das gilt auch für Duncan Gates«, sagte Blair zu sich selbst. Doch inzwischen hatte sie gelernt, daß »gute« Männer die Seele einer Frau abtöten können.
Kapitel 2
Blair bemühte sich sehr, mit Houston zu reden und sie zur Einsicht zu bringen; doch Houston hörte ihr nur mit verschlossener Miene zu und erklärte ihr dann, daß sie Leander liebe. Blair hätte am liebsten losgeheult, so enttäuscht war sie; aber als sie ihrer Schwester wieder ins Erdgeschoß hinunter folgte, begann sich ein Plan in ihrem Kopf zu formen. Sie wollten heute in die Stadt fahren — Blair, um eine medizinische Zeitung abzuholen, die Alan an die Redaktion der >Chandler Chronicle< geschickt hatte mit dem Vermerk, sie dort für sie aufzubewahren; und Houston, um in der Stadt einzukaufen. Und Lee wollte sie beide mit der Kutsche in die Stadt bringen.
Bisher war sie immer höflich zu Leander gewesen — aber was passierte, wenn sie ihn zwang, sein wahres Gesicht zu zeigen? Was passierte, wenn er sich als der unbewegliche, starrköpfige Tyrann entpuppte, der er ihrer Meinung nach war?
Wenn sie beweisen konnte, daß Lee genauso engstirnig und unduldsam war wie Duncan Gates, mochte Houston vielleicht noch einmal ihren Entschluß überdenken, ihr Leben mit diesem Mann zu teilen.
Natürlich konnte sie sich auch in Lee getäuscht haben. Und wenn das der Fall war — wenn Lee ein so aufgeschlossener und rücksichtsvoller Mann war wie Alan —, dann würde sie bei Houstons Hochzeit am lautesten singen.
Als sie ins Erdgeschoß kamen, wurden sie dort bereits von Leander erwartet.
Stumm folgte sie den beiden, die sich weder ansahen noch bei den Händen faßten, zur Kutsche. Houston ging langsam, weil ihr Korsett vermutlich so eng geschnürt war, daß. sie kaum Luft bekam. Sie erlaubte Lee, ihr in seine alte, schwarze Kalesche zu helfen.
»Glaubst du, daß eine Frau noch mehr sein kann als Gattin und Mutter?« fragte Blair, als Lee sie in seine Kutsche heben wollte. Sie beobachtete dabei ihre Schwester aus den Augenwinkeln, damit ihr nicht entgehen sollte, wie sie auf Leanders Antwort reagierte.
»Magst du keine Kinder?« fragte er überrascht.
»Ich mag Kinder sehr«, gab sie rasch zur Antwort.
»Dann magst du vermutlich keine Männer.«
»Natürlich mag ich Männer — einige jedenfalls. Das ist aber keine Antwort auf meine Frage. Glaubst du, daß eine Frau mehr sein kann als nur Gattin und Mutter?«
»Das hängt meiner Ansicht nach von der Frau ab. Meine Schwester kann zum Beispiel ein Damaszenerpflaumen Dessert zubereiten, daß dir noch hinterher das Wasser im Mund zusammenläuft«, sagte er augenzwinkernd, faßte sie um die Taille und hob sie mit so viel Schwung auf die Sitzbank hinauf, daß man das schon eher ein Werfen nennen konnte.
Blair mußte erst ihren Ärger hinunterschlucken, ehe sie ihre Sprache wiederfand. Seine Antwort war ein Beweis, daß er sie nicht ernst nehmen wollte. Wenngleich, wie sie widerstrebend einräumte, er nicht ganz so humorlos war, wie sie zunächst geglaubt hatte.
Sie fuhren durch die Innenstadt von Chandler, und Blair versuchte, sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Die Türen des alten, aus Feldsteinen errichteten Opernhauses waren frisch gestrichen, und sie kamen an mindestens drei Hotels vorbei, die bei ihrem letzten Besuch bestimmt noch nicht dagewesen waren.
Auf den Straßen wimmelte es von Menschen und Fuhrwerken: Cowboys, die eben erst mit ihren Rinderherden in der Stadt eingetroffen sein mußten; gut gekleidete
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